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RISIKO MANAGER 15-16.2015

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6 Ausgabe

6 Ausgabe 15-16/2015 Bankenabwicklung kommt voran Die hochkomplexe Neujustierung des nationalen Räderwerks bei der Abwicklung maroder Banken nach den aktuellen EU-Vorgaben ist der Bundesregierung offenbar weitgehend gelungen. Jedenfalls bekam der entsprechende Gesetzentwurf zum Abwicklungsmechanismusgesetz bei einigen kritischen Anmerkungen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags überwiegend gute Noten. Dies berichtet der Infodienst „hib – Heute im Bundestag“. Der AbwMechG-Entwurf wurde auch von der Deutschen Bundesbank sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begrüßt, die in den Regelungen eine Möglichkeit sehen, den Bankensektor weiter zu stärken und die Finanzmarktstabilität zu sichern. Bei der Umsetzung in deutsches Recht sind das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Restrukturierungsfondsgesetz, das Pfandbriefgesetz und das Kreditwesengesetz betroffen. Die sogenannte SRM-Verordnung (Single Resolution Mechanism – SRM) der EU vom 15. Juli 2014 legt einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Banken und bestimmten Wertpapierfirmen fest. Sie schafft einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus, in dem die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) als nationale Abwicklungsbehörde einbezogen ist. Auf europäischer Ebene ist der einheitliche Ausschuss zur Abwicklung (Single Resolution Board – SRB) in Brüssel das zentrale Entscheidungsgremium. Der Ausschuss unter der Leitung von Elke König wird auch für die Verwaltung des einheitlichen Abwicklungsfonds zuständig sein. Bis zum 1. Januar 2024 sollen dazu von Geldinstituten in den 18 Staaten der Euro-Zone 55 Mrd. ¤ eingesammelt werden. Noch ist die europaweite Harmonisierung der Bankenabwicklung allerdings nicht am Ziel. In den Mitgliedstaaten weisen Elemente des Rechtsrahmens, wie das Insolvenzrecht, große Unterschiede auf, die eine einheitliche europäische Lösung erschweren oder zu Abwicklungshindernissen führen können. Keine einheitlichen Regelungen existieren darüber hinaus im Hinblick auf die Beteiligung von Gläubigern, wenn ihre Bank in Schieflage gerät (Bail-in). Dabei handelt es sich allerdings um eine zentrale Frage, wenn es darum geht, dass nicht länger der Steuerzahler die Abwicklung einer Bank finanzieren soll. Die Europäische Zentralbank empfiehlt deshalb, dass nationale Gesetze möglichst nicht in das Ermessen der Aufsichtsbehörden eingreifen sollten, die das Unionsrecht diesen vorbehält – auch wenn dies in der Vergangenheit in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der nationalen Aufsichtsbehörden fiel. Fachkräftemangel wird zur Chefsache Der Fachkräftemangel wird in den Chefetagen der Unternehmen zu einem immer drängenderen Problem: Fast drei Viertel der Führungskräfte (73 Prozent) machen sich Sorgen, wo sie in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter finden können. Noch im Vorjahr lag dieser Anteil bei nur 63 Prozent, 2012 beschäftigte das Thema nur gut die Hälfte der Verantwortlichen. Das zeigt der 18. Annual Global CEO Survey „People strategy for the digital age – A new take on talent“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Für die Studie wurden weltweit 1.322 Manager und Führungskräfte in 77 Ländern befragt, 33 CEOs standen für ausführliche Gespräche zur Verfügung. „Löste der drohende Fachkräftemangel lange Zeit nur dumpfes Unbehagen aus, bereitet das Thema den Verantwortlichen inzwischen großes Kopfzerbrechen“, sagt Till Lohmann, Partner und Experte für Personalthemen bei PwC. „Viele Unternehmen überdenken ihre Konzepte für die Suche nach Mitarbeitern neu. Fehlende Fachkräfte sind auch ein Treiber für M&A-Aktivitäten. Für mehr als ein Viertel der Unternehmen ist der Bedarf an hochqualifizierten Topleuten ein Hauptgrund, mit anderen zusammenzuarbeiten.“ Als Ursache für zunehmend fehlende Fachkräfte macht die Studie die Digitalisierung von Unternehmen und Produktion und die damit verbundenen steigenden Anforderungen an die Fähigkeiten der Arbeitnehmer aus. Dieser Prozess ist weder abgeschlossen noch sind die weiteren Entwicklungen absehbar. Nach Einschätzung der befragten CEOs müssen Beschäftigte deswegen ebenso spezialisiert wie vielseitig sein, um sich auf die Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt einzustellen. Das lässt die Personalplanung für Unternehmen immer komplexer werden. Viele Unternehmen haben bereits Strategien entwickelt, um dem Problem zu begegnen: Demnach suchen 81 Prozent heute bewusst nach Mitarbeitern, die ein breiteres Spektrum an verschiedenen Fähigkeiten und Kenntnissen aufweisen. 71 Prozent werben in anderen Ländern oder Branchen oder versuchen ältere Arbeitnehmer zu integrieren. Nach Einschätzung von 90 Prozent der CEOs, die Konzepte zur Diversität und Inklusion vorantreiben, trägt Vielfalt entscheidend dazu bei, sich als Arbeitgeber für Toptalente attraktiv zu machen. Angesichts eines sich voraussichtlich weiter verschärfenden Fachkräftemangels sehen sechs von zehn der befragten CEOs auch Regierungen in der Pflicht. Sie fordern von den politisch Verantwortlichen, das Thema ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen und gute Bedingungen für die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte zu schaffen. Nur 22 Prozent der Führungskräfte sind der Meinung, dass ihre Regierung in diesem Punkt einen guten Job macht. Weitere Informationen sind auf der PwC Website (www.pwc.de) in der Rubrik /Presse /Pressemitteilungen verfügbar. Foto: © motorradcbr - Fotolia.com

7 Fortsetzung von Seite 1 und eine detaillierte Anleitung zur Methodik im Risikomanagement vor, die in vielen Staaten maßgebliche Vorlage der Gesetzgebung sind. Die Basel-III-Standards bestehen aus drei Säulen: Den Eigenkapitalanforderungen, dem aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess und der Kontrolle durch den Markt. Aus Sicht des quantitativen Risikomanagements sind vor allem die Eigenmittelanforderungen relevant. Vereinfacht geht es immer darum, eine angemessene Kapitalreserve für ein gewisses Risiko zu hinterlegen, vergleichbar etwa mit Rückstellungen für einen Rechtsstreit. Konkrete Berechnungsvorschriften für die Höhe dieser Kapitalreserven werden für die folgenden Risikoklassen definiert: • Marktrisiko (engl. „Market Risk”), • Kreditrisiko (engl. „Credit Risk”), • Betriebsrisiko (engl. „Operational Risk”), • Ausfallrisiko des Kontrahenten (engl. Counterparty Default Risk). Diese Risikoklasse versteckt sich im Anhang 4 von Basel III. Streng genommen ist Counterparty Default Risk keine eigene Risikoklasse, sondern lediglich ein Teilbereich des Kreditrisikos. Das aus Credit Valuation Adjustments (CVA) resultierende Risiko hingegen ist Teil des Marktrisikos und nutzt (teilweise) dessen Methodik zur Bestimmung der Kapitalreserve. Counterparty Default Risk Im herkömmlichen, über eine Börse abgewickelten Aktien- oder Derivatehandel spielt der Ausfall eines Kontrahenten nur eine untergeordnete Rolle, da der Margin Account das Verlustrisiko maßgeblich verkleinert. Im außerbörslichen Handel (engl. Over-the-Counter (OTC), im Deutschen manchmal auch noch als Telefon- Handel bezeichnet) hingegen, bei dem bilaterale Verträge zwischen zwei Parteien (ohne vermittelnde Börse) geschlossen werden, ist ein solcher Ausfall höchst relevant. Der OTC-Markt ist immens groß. Die BIS bezifferte im Jahr 2013 in ihrem Triennial Central Bank Survey [vgl. BIS 2013] die Nominale aller ausstehenden OTC-Derivate mit 693 Bio. US-$. Als Vergleich: Die Nominale aller an der Börse gehandelten Derivate betrugen 2013 der BIS zufolge nur 70 Bio. US-$. Der OTC- Markt für Derivate ist damit etwa zehnmal so groß wie der herkömmliche Börsenhandel. Kann in einem OTC-Geschäft eine Partei ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, so bleibt der andere Vertragspartner unter Umständen mit leeren Händen zurück und verzeichnet einen entsprechenden Verlust. Ein Beispiel ist etwa ein Kreditausfall- Swap (engl. CDS), bei dem sich ein Kontrahent verpflichtet, im Fall der Insolvenz eines im Vertrag benannten Unternehmens (Referenz-Entität) dem Versicherungsnehmer eine gewisse Summe zu erstatten. Fällt die benannte Firma tatsächlich aus, ist der Kontrahent aber unter Umständen selbst insolvent (und damit nicht mehr in der Lage, alle CDS-Verpflichtungen zu bedienen) und kann im nun eingetretenen Versicherungsfall keine Leistung mehr erbringen. Die gezahlten Prämien bleiben für den Versicherungsnehmer ohne Gegenwert, und die fehlende Absicherung stellt einen Verlust für ihn dar. Eben dieses Verlustrisiko durch den Ausfall des Kontrahenten beschreibt Counterparty Default Risk. Credit Valuation Adjustments (CVA) und CVA-Risiko In diesem Abschnitt werden wir uns mit Credit Valuation Adjustments befassen – einer der vielen Begriffe und Abkürzungen, die den Einstieg in diese Materie etwas mühsam gestalten. Der Preis eines Derivats wird klassischerweise mithilfe der risikoneutralen Bewertungstechnik ermittelt. Man berechnet also die abdiskontierte erwartete Auszahlung unter einem geeigneten Martingalmaß. Hierbei spielt der Kontrahent zunächst keine Rolle. Man geht also implizit davon aus, die vertraglich festgeschriebenen Leistungen vollumfänglich zu erhalten. Mathematisch bedeutet dies, dass lediglich ein Modell des Basiswerts des Derivats (sowie ggf. des Zinssatzes zur Abdiskontierung) benötigt wird. Unter CVA versteht man nun eine Anpassung des Preises eines Derivats, welche der Kreditwürdigkeit des Kontrahenten geschuldet ist. Ist der Kontrahent sehr solide (beispielsweise der deutsche Staat), so wird der Preis kaum angepasst, und CVA ist dementsprechend fast Null. Ist der Kontrahent aber stärker gefährdet auszufallen (etwa eine hoch verschuldete Firma), so wird der Preis stark angepasst (nämlich reduziert). Dies spiegelt den für den Investor geringeren Wert des Kontrakts aufgrund der höheren Ausfallwahrscheinlichkeit des Kontrahenten wider. Mathematisch modelliert werden muss somit zusätzlich der mögliche Ausfall des Vertragspartners. Auf diesem Weg hilft CVA eine Präferenz des Kontrahenten über den Preis eines Derivats auszudrücken. Angenommen, derselbe Kontrakt kann zum gleichen Preis mit zwei unterschiedlichen Kontrahenten abgeschlossen werden: Ohne CVA wäre ein Investor komplett indifferent zwischen den beiden Möglichkeiten. Mit Berücksichtigung von CVA sollte aber der solidere Kontrahent bevorzugt werden, da sein CVA, das heißt die Abwertung seines Kontrakts durch seine Ausfallwahrscheinlichkeit, geringer ist. Der stärker ausfallgefährdete Kontrahent würde ein größeres CVA, das heißt eine stärkere Abwertung, bekommen. Somit wäre er (bei gleichem Preis) die schlechtere Wahl. Der ausfallgefährdete Kontrahent müsste also seinen Preis reduzieren, um mit dem soliden Kontrahenten konkurrieren zu können – obwohl beide den komplett gleichen Kontrakt anbieten. Die Höhe der Preisreduktion, im Vergleich zum risikoneutralen Preis, wird als CVA bezeichnet. Credit Valuation Adjustments sind streng genommen nicht Teil des Risikomanagements. Stattdessen gehört CVA zum Bewertungsprozess, das heißt zur Bestimmung eines fairen Preises. CVA wird aber nicht nur einmalig bei Vertragsabschluss berechnet, sondern kann auch für laufende Verträge (wieder-) ermittelt werden. Es schwankt sowohl aufgrund von Änderungen der Kreditwürdigkeit des Kontrahenten als auch wegen Änderungen des Basiswerts des Derivats. Ähnlich wie ein im Zeitverlauf schwankender Preis aber zu einem Marktrisiko führt, so führt auch ein schwankendes CVA zu einem entsprechenden CVA-Risiko. Dieses CVA-Risiko wiederum ist Bestandteil des Risikomanagements (nämlich als eine Unterform des Marktrisikos). Leider werden diese Begriffe nicht immer konsequent getrennt, und CVA wird als Synonym zum verursachten CVA-Risiko benutzt, beziehungsweise steht pars pro toto für die gesamte damit verbundene Thematik. CVA ist also keine Vollkasko-Versicherung gegen starke Marktschwankungen, schwere Verluste etc. Im Gegenteil, CVA birgt unter Umständen selbst ein neues Gefahrenpotenzial. Das für Basel III verantwortliche Basel Comittee der BIS

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