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RISIKO MANAGER 10.2018

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36 RISIKO MANAGER 10|2018 nach politischer Destabilisierung zugrunde. „Das hat eine andere Dimension als kriminelle oder wirtschaftlich motivierte Cyberattacken“, sagte Lord Evans, ohne die Auswirkungen letzterer verharmlosen zu wollen. Jedoch seien weder Staaten noch Wirtschaftsunternehmen der Cyber-Kriminalität gänzlich schutzlos ausgeliefert. Denn überall auf der Welt werde mit hohem Aufwand an Sicherheitssystemen geforscht, die dann zur Marktreife geführt würden. Die gute Botschaft für Investoren: „Hier entstehen für Anleger durchaus interessante Chancen.“ Neue Spielregeln für die Weltwirtschaft Weiterhin Chancen für Investoren sieht auch Jens Wilhelm, im Vorstand von Union Investment zuständig für Portfoliomanagement, Immobilien und Infrastruktur. Allerdings erinnerte er die Gäste in Mainz daran, dass sich die Weltwirtschaft in einer Übergangsphase von ausgeprägter Zuversicht hin zu einer realistischen Betrachtung von Chancen und Risiken befinde. „Die Märkte erfordern ein höheres Maß an Selektivität von den Anlegern“, so die Schlussfolgerung von Wilhelm. Erschwerend komme hinzu, dass sich einige der zentralen Spielregeln der globalen Ökonomie gerade veränderten. Dies gelte insbesondere für das bisherige Regime des Welthandels. „Der von der America-First-Politik des US-Präsidenten ausgehende Protektionismus stellt das Prinzip der globalen Arbeitsteilung in Frage“, sagte Wilhelm. Dies berge natürlich Gefahren für die Weltkonjunktur. „Allein der Handelsstreit mit China kostet zehn bis zwölf Basispunkte an globalem Wachstum.“ Insbesondere die Schwellenländer sind für Wilhelm die Verlierer des Protektionismus. Freilich dürfe man hier nicht alle Emerging Markets über einen Kamm scheren. Die Anfälligkeit einzelner Schwellenländer sei durchaus unterschiedlich. „Also heißt es, auch hier genau hinzuschauen“, empfahl das Vorstandsmitglied. Aus Sicht Wilhelms flacht das Wirtschaftswachstum mit Ausnahme der USA rund um den Globus ab. In China dürften die Wachstumsraten auf 6,3 Prozent im kommenden Jahr sinken. Für Europa erwartet er ein Plus von 1,7 Prozent für 2019. Noch sei der Konsum im Euroraum stabil. Allerdings könne man nicht darüber hinwegsehen, dass sich die Frühindikatoren einzutrüben beginnen. Und in Deutschland, der stärksten Wirtschaft in Europa, sei das Wachstum im dritten Quartal vor allem wegen der Probleme der Autoindustrie seit langer Zeit wieder zum Stillstand gekommen. Viel hänge nun davon ab, wie sich der Austritt der Briten aus der Europäischen Union konkret gestalte, und wie sich die Lage in Italien entwickeln werde. Die USA sollten einstweilen weiterhin das Zugpferd der globalen Wirtschaft bleiben. Für das kommende Jahr erwartet Wilhelm ein Wachstumsplus von 2,5 Prozent. Vor diesem Hintergrund riet er, amerikanische Aktien gegenüber solchen aus Europa überzugewichten. Insgesamt sieht er in den Industriestaaten bessere Chancen als in den Schwellenländern. Die Politik von US-Präsident Trump bezeichnete Wilhelm als „das größte fiskalpolitische Experiment der Nachkriegsgeschichte“. Damit gemeint waren die mit neuen Schulden finanzierten Steuersenkungen sowie die Zunahme der öffentlichen Ausgaben. „Das führt natürlich zu einer erheblichen Unterstützung der US-Wirtschaft“, räumte Wilhelm ein. Dennoch sei Jens Wilhelm, im Vorstand von Union Investment zuständig für Portfoliomanagement, Immobilien und Infrastruktur. der eingeschlagene Weg nicht ohne Risiken. Wilhelm verwies darauf, dass die getroffenen Maßnahmen nach herrschender ökonomischer Lehre nur dann gerechtfertigt seien, wenn der Wirtschaft die Puste ausgeht. Das sei gegenwärtig aber nicht erkennbar. In einer solchen Situation unter Inkaufnahme neuer Schulden Anreize für die Wirtschaft zu setzen, sei nicht effektiv. Der Effekt auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen sei bisher eher gering. Stattdessen würden die Zinsausgaben des amerikanischen Staats im kommenden Jahr voraussichtlich auf rund 600 Milliarden US-Dollar steigen. Und das US-Haushaltsdefizit werde bis zum Jahr 2020 auf sechs Prozent der Wirtschaftsleistung anwachsen. Der amerikanischen Notenbank wies Wilhelm eine zentrale Rolle in den kommenden Monaten zu. Die Fed habe einen „Drahtseilakt“ zu bewältigen. Einerseits müssten sie auf den robusten US-amerikanischen Arbeitsmarkt und den steigenden Inflationsdruck reagieren. Andererseits hätte sie gleichzeitig darauf zu achten, dass der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer nicht zu stark an Wert hinzugewinne. Ihre vielfältigen Herausforderungen in der Anlagepraxis schilderten im Anschluss vier institutionelle Investoren den Besuchern der Risikomanagement-Konferenz: Stefan Seewald, Geschäftsführer der Oberfrankenstiftung, Harald Müller, Leiter Strategie und Risiko der österreichischen Nationalbank, Allan Polack, CEO der dänischen Pensionskasse PFA Pension, und Andreas Poestges, Vorstandsvorsitzender der Pensionskasse für die Angestellten der Barmer Ersatzkasse, präsentierten ihre Lösungen in der Asset Allocation und gaben Einblick ins Portfolio. Aktives versus passives Management von Unternehmensanleihen Investoren stellt das aktuelle Marktumfeld in Hinblick auf ihre Anlagestrategie vor erhebliche Herausforderungen. Zu beobachten ist, dass passive Investmentansätze seit Jahren auf dem Vormarsch sind. Doch da sich die Forschung bisher vor allem auf den Bereich der Aktienmärkte konzentriert hat, gibt es beim Vergleich aktiver und passiver

37 Rentenstrategien bislang nur wenige Erkenntnisse. Vor diesem Hintergrund hat Union Investment eine Studie erstellt, in deren Fokus die Anlageklasse der europäischen Unternehmensanleihen steht. Vorgestellt wurden die Ergebnisse von Christian Kopf, dem Leiter des Rentenfondsmanagements bei Union Investment. In seinem Vortrag verwies Kopf auf die wachsende Marktstellung passiver Produkte bei europäischen Unternehmensanleihen. Inzwischen mache die Marktkapitalisierung entsprechender ETFs fast 40 Milliarden Euro aus, Tendenz steigend. Um die Anlageergebnisse passiv und aktiv gemanagter Fonds zu bewerten, wurden laut Kopf 26 der größten ETFs mit einem Mindestvolumen von 200 Millionen Euro sowie 178 aktive Fonds analysiert. Betrachtet wurden die Performanceergebnisse vor Kosten. „Da die Gebühren stark durch Marktgegebenheiten oder Verhandlungen geprägt sind, lässt sich die reine Managementleistung nur auf diese Weise beurteilen“, sagte Kopf. Das Ergebnis: Im Betrachtungszeitraum von 2011 bis 2018 blieben die passiven Strategien im volumengewichteten Durchschnitt hinter ihren zu replizierenden Benchmarks zurück. Pro Jahr belief sich die Underperformance auf 46 Basispunkte. Die aktiv gemanagten Fonds hingegen erzielten in der Mehrheit eine Outperformance. „Auch wenn die Streuung der aktiven Ergebnisse hoch ist, schlug bereits der Median der betrachteten aktiven Fonds in allen Kalenderjahren die Benchmark und erwirtschaftete über den Gesamtzeitraum eine Überrendite von 32 Basispunkten pro Jahr“, erläuterte Kopf. Die besten zwanzig der aktiven Fonds hätten sogar eine Mehrrendite von 89 Basispunkten und die besten zehn einen Outperformance von 125 Basispunkten erreicht. Für Christian Kopf ergeben sich entscheidende Nachteile für ETFs vor allem aus drei Herausforderungen bei der Replikation von Benchmarks im Bereich der Unternehmensanleihen. „Die typischen Benchmarks sind grundsätzlich durch eine große Anzahl an Titeln sowie eine hohe Fluktuation geprägt“, sagte der Rentenexperte in Mainz. Aufgrund von zahlreichen Neuemissionen, Fälligkeiten und Rückkaufangeboten komme es zu häufigen Wechseln in der Zusammensetzung eines Index. Diese aber seien stets mit hohen Umschlagkosten verbunden, die zulasten der Performance gingen. Kopf verwies in diesem Zusammenhang auch auf die geringe Liquidität an den Märkten für Un- ternehmensanleihen. Damit verbunden seien hohe Geld-Brief-Spannen, soweit Angebote überhaupt gestellt würden. „Im Bereich der europäischen Unternehmensanleihen liegen die Bid-Ask-Spreads bei bis zu 22 Basispunkten. Das erhöht natürlich die Transaktionskosten“, erklärte Kopf. Der Anleihespezialist von Union Investment kam zudem auf einen weiteren Punkt zu sprechen: ETFs würden im Gegensatz zu aktiven Fonds von Großanlegern häufiger für kurzfristige taktische Anlagen genutzt. Die Mittelbewegungen taktischer Investoren erforderten dann regelmäßig Portfolioanpassungen, die mit Kosten verbunden seien. „Die durch kurzfristige Investoren generierten Handelskosten werden hierbei sozialisiert und auf alle Anleger abgewälzt“, sagte Kopf. So müsse im Fall eines Abverkaufs, bei denen Investoren hohe Volumina in kurzer Zeit abziehen, unter Umständen zu sehr unvorteilhaften Preisen verkauft werden. Grundsätzlich, so räumte Kopf ein, seien hiervon sowohl aktive als auch passive Manager betroffen – allerdings nicht im gleichen Maße. „Denn aktive Fondsmanager können in entsprechenden Situationen von höheren Freiheitsgraden profitieren und ihre Portfolios besser steuern“, erklärte Kopf. Stefan Seewald, Geschäftsführer der Oberfrankenstiftung, Harald Müller, Leiter Strategie und Risiko der österreichischen Nationalbank, Allan Polack, CEO der dänischen Pensionskasse PFA Pension, und Andreas Poestges, Vorstandsvorsitzender der Pensionskasse für die Angestellten der Barmer Ersatzkasse.

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