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RISIKO MANAGER 10.2016

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26 firm Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung bei McKinsey CreditPortfolioView erstellt hatte, ein. Wir wissen nun, dass KMV und CreditMetrics auf der Gauß‘schen Copula-Funktion gründen, auch wenn sie in den Ansätzen nicht explizit verwendet wird. Als ich Anfang 1999 zur RiskMetrics Group stieß, sprach ich mit Chris Finger über die Ähnlichkeit des CreditMetrics-Ansatzes und der Gauß‘schen Copula-Funktion. Zwei Nachmittage verbrachten wir vor einer Tafel, um uns durch die Materie zu arbeiten. Chris Finger empfahl mir nachdrücklich, darüber einen Artikel zu verfassen. Ich verfasste den Artikel als eines der Forschungspapiere der RiskMetrics Group. Chris leitete das Arbeitspapier an Micky Bahtia weiter, der mir eine baldmögliche Veröffentlichung empfahl. Ich beschäftige mich intensiv mit all den oben genannten Ansätzen. Mein wichtigstes Anliegen war aber damals, wie sich die praktischen Probleme lösen ließen, die beim Vertrieb und dem Handel mit Kreditderivaten entstanden. Die genannten Ansätze gingen zwar Kreditprobleme jeweils aus einem Blickwinkel an, waren aber nicht alle für den Praxiseinsatz bereit. Beispielsweise stellen CreditMetrics, KMV und CreditPortfolioView weitgehend ein Einperioden-Modell dar, mit dem sich im Kreditrisikomanagement oder dem ökonomischen Kapitalmodell die Verlustverteilung über einen bestimmten Zeitraum ermitteln lässt. Das Modell ist eine recht einfache Methode, ein kompliziertes Phänomen bzw. Problem in der realen Welt zu beschreiben. Beim Modellieren von Kreditportfolios ist dies eines der kompliziertesten, aber auch wichtigsten Probleme. Die erste Herausforderung stellte sich durch den Ein-Jahres-Horizont, der von Ratingagenturen und vielen anderen Akteuren, die mit der Modellierung von Kreditportfolios zu tun haben, verwendet wird. Wenn man aber im Handel mit Kreditderivaten die Laufzeitstruktur von Ausfällen abdecken will, muss man sich von diesem festen Zeitraum lösen. In der Praxis ist die Laufzeitstruktur deshalb so wichtig, da ein Institut in der Regel nicht gleich ausfällt, sofern die Schuld nicht gerade fällig wird. Vor der Asienkrise wurde die Korean Development Bank (KDB) häufig gehandelt. Zu Beginn der Asienkrise zeigten die Zinsaufschläge der KDB dann einen ziemlich buckligen Verlauf: Die ersten zwei, drei Jahre stiegen sie an, dann gaben sie nach. Dies war das erste Mal, dass ich eine so eindeutig bucklige Laufzeitstruktur bei Zinsaufschlägen erlebte. Auf den Märkten herrschte damals folgende Einstellung: Die Asienkrise hatte gerade erst begonnen, und niemand wusste, wann der Tiefpunkt erreicht sein würde. Deshalb weiteten sich die Spreads in den ersten zwei, drei Jahren. Dann aber kamen die Märkte zu der Überzeugung, dass Südkorea auch in Zukunft ein guter Ort für Unternehmensanleihen sein dürfte, wenn es in den nächsten zwei bis drei Jahren seine Probleme überwinden sollte. Nun liegt das alles ja schon geraume Zeit zurück: Zu erkennen ist, das bei KDB-Krediten fast genau die Entwicklung zu verfolgen war, die die Händler zu Beginn der Krise erwartet hatten. Deshalb widmete ich mich der Frage, wie man die Laufzeitstruktur der Spreads einbinden könnte. Wir brauchten nicht allzu lange, bis wir eine „Kreditkurve“ entwickelt hatten, die als Laufzeitstruktur von Hazard Rates ausgedrückt wird. Die zugrunde liegende Variable ist die Überlebensdauer der einzelnen Kredite. Diese beschreiben wir ganz ähnlich wie diejenige eines Menschen, die in Sterbetafeln ausgedrückt wird. Sobald wir den Ausfall mit der Überlebensdauer ausdrücken, ist es einfach, die Preise für Einzelnamen-CDS zu bestimmen. Bei der Frage nach dem Zeitpunkt des Ausfalls innerhalb des Prämienzahlungszeitraums griffen wir auf eine kontinuierliche Annäherung zurück statt auf den sogenannten JP-Morgan- oder Hull-White-Ansatz, bei denen davon ausgegangen wird, dass der Ausfall am Ende oder in der Mitte des Prämienzahlungszeitraums geschieht. Natürlich gab es auch Fragen zu Verwertungsquoten und den diesbezüglichen Annahmen. Von der Modellbildung her gesehen bevorzugte ich den Duffie-Singleton-Ansatz zur Wiederverwertung, da er einheitlichere Ergebnisse lieferte; insbesondere wenn es um Forward-Transaktionen wie Forward-CDS geht. 1998 veröffentlichte ich mit „Constructing a credit curve“ im Risk Magazine einen Artikel bezüglich des Aufbaus einer Kreditkurve, in dem ich die Konzepte „Zeit bis zum Ausfall“ bzw. Überlebensdauer einführte, um den Ausfall von Einzeltiteln zu modellieren, und darlegte, wie man anhand von Marktbeobachtungen wie Anleihekursen oder Asset Swap Spreads eine Kreditkurve erstellt. Dies war möglicherweise einer der ersten Artikel zum Aufbau einer Kreditkurve. Wenn man für jeden Titel in einem Kreditportfolio eine Kreditkurve erstellen muss, wünscht man sich eine gemeinsame Verteilung der Überlebenszeiten, um die gemeinsamen Ausfalleigenschaften des Kreditportfolios zu beschreiben. Hier kommen nun Copulas ins Spiel. Sobald für jeden zugrunde liegenden Faktor in einem Kreditportfolio sämtliche Grenzwertverteilungen der Überlebenszeiten, ausgedrückt als Kreditkurven, bekannt sind, können wir mithilfe einer Copula und der Grenzwertverteilungen eine gemeinsame Verteilung der Überlebenszeiten erstellen. Dann stellt sich sofort die Frage, welche Copula man verwendet und wie man mit den Parametern der Copula umgeht. Damals wurde das CreditMetrics Technical Document veröffentlicht; zudem las ich 1995 oder 1996 Vasiceks handschriftliche Anmerkungen zur Modellierung von Kreditportfolios. Nun war der Zusammenhang zwischen der Gauß‘schen Copula und dem Merton-Modell klar; sofort ergab sich eine Bedeutung für die Korrelationsparameter in der Gauß‘schen Copula-Funktion: Korrelation der Kapitalrendite. Wir verwendeten KMV bzw. eine vereinfachte Version, den CreditMetrics-Ansatz für die Korrelation der Kapitalrendite basierend auf Modellen für den Faktor des Eigenkapitalrisikos und den empirischen Zusammenhang zwischen Anlagengröße und idiosynkratischem Risiko eines Unternehmens. Die erste Anwendung ergab sich mit unserem CDS-Buch mit Einzeltiteln, allerdings unter Berücksichtigung des Gegenparteirisikos. Mit einer Copula-Funktion wird die Preisbildung für First-To-Default bzw. Second-To-Default von CBOs ganz einfach. Somit entschieden wir uns für die Gauß‘sche Copula-Funktion vor allem deshalb, weil wir die Kapitalrendite eines Unternehmens als Normalverteilung modellieren. In der Originalversion konnten wir, wie bei der Modellierung von Kreditportfolios, in der Korrelationsmatrix unterschiedliche paarweise Korrelationsparameter verwenden anstelle eines Gauß‘schen „Einfaktor-“ oder „Einparameter“-Copula-Modells, einer vereinfachten Korrelationsstruktur für den Handel. Wir untersuchten mit viel Zeitaufwand, wie sich die Dimensionalitäten in der Korrelation mithilfe diverser Korrelationsstrukturen oder Analysemethoden wie der Hauptachsenanalyse reduzieren ließen. In der Gruppe für den Handel und die quantitative Analyse von Kreditderivaten diskutierten wir immer wieder über die am besten geeignete Copula-Funktion. Schließlich waren da ja einige Talente vereint: Philippe Hatsdadt, Tarek Himmo, Josh Danziger, Gerson Riddy und Stanley Myint. Ich selbst widmete mich immer wieder der

27 Ausgabe 10/2016 Rangkorrelation und alternativen Copula-Funktionen. Wir mussten die Rangkorrelation kontrollieren und dann die einzelnen Copulas miteinander vergleichen. Ein weiteres Augenmerk galt der Dimension: Schließlich bringt es ja nicht viel, wenn eine Copula nur für niedrige Dimensionen geeignet ist, nicht aber für hohe. FIRM-Redaktion: Wann erhielt die Finanzindustrie erste Warnsignale zum Gauß‘schen Modell, entweder aus der Wissenschaft [z. B. Tailunabhängigkeit, statische Abhängigkeitsstruktur usw.] oder den Kreditmärkten [z. B: Korrelationskrise 2005, falsche Absicherungsquoten usw.], und wie reagierte sie? David Li: 2005 fiel es schwer, das Gauß‘sche Copula-Modell an den Markt zu kalibrieren, da es Marktunruhen um Ausfälle von Automobilherstellern gab. Der Zinsaufschlag für die Eigenkapitaltranche wurde sehr hoch, und es wurde schwierig, eine Basiskorrelation für bestimmte Mezzanine-Tranchen zu kalibrieren. In einer solchen Situation muss man überlegen, wo die Grundursache liegen könnte. War dies ein Problem des Modells, oder bewertete der Markt bestimmte Tranchen nicht rational? Beispielsweise gab es beim ITRAXX auf europäischer Seite nicht das Problem mit einzelnen Titeln, aber eben auch Schwierigkeiten bei der Kalibrierung der Mezzanine-Tranchen an eine ähnliche Basiskorrelationskurve. Ich sprach mit einem Trader in London und schlug ihm vor, eine Absicherung der Eigenkapitaltranche zu verkaufen und wiederum eine Absicherung der Mezzanine-Tranchen zu kaufen. In wenigen Tagen verdiente er mehr als 10 Mio. US-$ und schlug mir vor, ich solle doch einen internen Hedgefonds auflegen! Bei einem neuen Markt müssen wir die Gültigkeit von Markt und Modell genau beobachten. Bei einem Fundamentalmarkt mit einfachen Instrumenten dürften die Trader als Ganzes die Preise der gehandelten Instrumente rational einschätzen können. Bei einem brandneuen Markt hingegen fällt es den Tradern wahrscheinlich schwer, gleich am Anfang rationale Bewertungen abzugeben. So stellten bei der Einführung des ITRAXX-Tradings anfangs nur wenige große Investmentbanken in beide Richtungen Kurse für ITRAXX-Tranchen bereit. Jeden Morgen sendeten diese wenigen Banken ihren Kunden Kurse mit Geld/ Brief-Spannen. Eines Tages dann wollte ein Trader den Kurs mit einem größeren Spread in eine bestimmte Richtung bewegen. Zu seiner Überraschung folgten viele andere Institute seinen Kursen und einer Bewegung in die gleiche Richtung. Wir verwendeten bereits eine geraume Zeit lang die Gauß‘sche Einfaktor-Copula und -Basiskorrelation, bevor wir 2005 (kurzzeitig) in Schwierigkeiten gerieten, eine Kalibrierung am Markt vorzunehmen. Zahlreiche Akteure haben sich mit Alternativmodellen beschäftigt. Aber bis heute ist mir kein allgemein akzeptiertes Alternativmodell bekannt, mit dem sich Kreditportfolios zu Handelszwecken modellieren ließen. Das gängigste Modell basiert nach wie vor auf der Gauß‘schen Copula und Basiskorrelation, wobei es allerdings gewisse Anpassungen wie zufällige Verwertungsquoten gegeben hat. Auf jeden Fall muss das Gauß‘sche Copula-Modell genauer unter die Lupe genommen werden. Die allgemeinen Kritikpunkte sind Tailunabhängigkeit, statische Abhängigkeitsstruktur und schlechte Ergebnisse beim Hedging. Ich möchte gerne an dieser Stelle auf jeden dieser Kritikpunkte eingehen. Tailunabhängigkeit: Wie bereits erläutert, entschieden wir uns für die Gauß‘sche Copula-Funktion vor allem deshalb, weil wir die Vermögensrendite mithilfe einer Brown‘schen Bewegung modellieren. Fast die gesamte Finanztheorie basiert auf der Normalverteilung. Der Einsatz einer Basiskorrelation ist eine Methode, um bei vorrangigen Tranchen eine „nicht ausreichende Korrelation“ anzugehen. Dies ähnelt dem Konzept der impliziten Volatilität. Natürlich könnten wir das gemischte Gauß‘sche Copula-Modell verwenden, das bei der Preisbildung von Optionen einem stochastischen Volatilitätsmodell ähnelt. Statische Abhängigkeitsstruktur: Dies ist ein recht vages Argument. In einem auf der Verteilung der Überlebenszeiten beruhenden Copula-Modell beschreiben wir die einzelnen Kredite lediglich nach dem Kriterium Ausfall / kein Ausfall. Dies ist eine vereinfachte Methode, um die Entwicklung der Kreditqualität zu beschreiben, etwa so, als würde man die Menschheit einfach in „Gute“ und „Schlechte“ aufteilen. Das Modell hat seine Dynamik, die allerdings vielleicht auch zu stark ausgeprägt ist. Wenn man beispielsweise die Korrelation aus konditionaler Perspektive betrachtet, kann man beobachten, dass die Abhängigkeit unter Umständen zu groß ist: Angenommen, ein Titel weist eine konditionale Abhängigkeit vom Ausfall eines anderen Titels in einem Jahr auf, so würde bei dem erstgenannten Titel und seiner positiven Korrelation die konditionale Hazard Rate sehr schnell ansteigen, aber sehr lange brauchen, bis sie zu ihrem ursprünglichen unkonditionalen Niveau unter dem Gauß‘schen Copula-Modell zurückkehrt. Viele Entwickler von Modellen denken, dass es einer stochastischen Diffusionsgleichung bedarf, damit ein dynamisches Modell vorliegt. Man könnte die Hazard Rate für jeden Kredit mithilfe eines stochastischen Prozesses beschreiben und die Korrelation dann auf Ebene des Hazard-Rate-Prozesses einführen. Dies war der erste Ansatz, den ich verfolgte. Leider ließ sich der Markt damit nur unzureichend erfassen; hinzu kam die enorme Rechenlast. Es dauerte, bis ich das Problem intuitiv verstanden hatte. Hazard Rates kann man sich wie die „Volatilität“ eines Ausfallereignisses vorstellen. Wie stark auch immer die auf „Volatilitätsebene“ eingeführte Korrelationsstruktur ist: Die Korrelation zu den Ausfallereignissen bleibt sehr niedrig. Duffie und seine Doktoranten forschten intensiv in diesem Bereich, um das stochastische Hazard-Rate-Modell zu verbessern, etwa mithilfe eines gemeinsamen treibenden Faktors in sämtlichen individuellen Hazard-Rate-Prozessen oder durch die Aufnahme eines Sprungs. Dadurch lässt sich die Dynamik in der Realität weitaus besser verstehen. Das Modell ist aber alles andere als einfach: Schließlich benötigt man eine Reihe von Parametern, zudem sind diese Modelle in der Praxis schwierig umzusetzen und zu verwenden. Wie könnten wir mithilfe eines solchen Modells täglich Hunderte Portfoliogeschäfte handhaben? Zwischen 2005 und 2008 gab es zahlreiche Portfoliomodelle „der zweiten Generation“, von denen viele aus dem Bereich der Zinsmodellierung stammten. In diesen Modellen liegt das Augenmerk auf der Entwicklung der Verlustverteilung des Gesamtkreditportfolios; jeder Kreditbeitrag bildet lediglich die Anfangslaufzeitstruktur der erwarteten Verlustverteilung. Die Verlustverteilung über einen bestimmten Zeitraum wird lediglich durch den stochastischen Prozess aus der Gesamtverlustverteilung erfasst. Die Form der Verlustverteilung, die diesen Modellen zugrunde liegt, wurde bislang wenig erforscht. Die Dynamik des individuellen Kreditbeitrags geht grundsätzlich komplett verloren; es besteht lediglich eine Verbindung zur erwarteten Verlustverteilung des Portfolios. Die Absicherung von Kreditrisiken muss zukünftig besser erforscht werden. Sichern wir das Spreadrisiko oder das Ausfallrisiko ab? Es gibt nur wenige empirische

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