32 RISIKO MANAGER 09|2019 Die unbekannte Größe Strukturbeitrag wird damit als Restgröße aus den beiden bekannten Größen Zinsüberschuss Zinsbuch (bekannt aus dem Rechnungswesen) und Summe der Konditionsbeiträge – alternativ als Margen p. a. bezeichnet – (bekannt aus dem Controlling) durch einfache Differenzbildung errechnet. Bei genauer Betrachtung enthält diese Restgröße zahlreiche Komponenten, die separat berechnet werden müssen, da ansonsten der Strukturbeitrag, der der Bankenaufsicht als Indikator für das übernommene Zinsänderungsrisiko hätte dienen sollen, viel zu hoch ausfallen würde. Insbesondere sind deshalb zu eliminieren: » die Eigenkapitalverzinsung, » der Creditspread der Eigenanlagen (Depot A), » die Liquiditätsfristentransformation. Ungeachtet dieser Korrekturen kam es in der Vergangenheit immer wieder vor, dass die Restgröße Strukturbeitrag im Sinne der Zinsfristentransformation negativ ausfiel, obwohl die Bank unstrittig eine positive Zinsfristentransformation aufwies. Eine Erklärung bestand häufig darin, dass im variablen Geschäft unzutreffend hohe Konditionsbeiträge ausgewiesen worden waren. Dieser Effekt war von der Niedrigzinssituation mit verursacht worden: Während und im Nachgang zur Finanzkrise 2008/2009 wuchsen bei vielen Sparkassen und Banken die variabel verzinslichen Einlagen stark an. Da diese Positionen in der Bankpraxis durchgängig mit dem Gleitzinsmodell kalkuliert und gesteuert werden, hätte der Volumenserhöhung durch die Verrechnung von Ausgleichszahlungen Rechnung getragen werden müssen. Andernfalls wären die Konditionsbeiträge infolge der historischen Gleitzinsen zu hoch ausgefallen. Dies lässt sich unmittelbar nachvollziehen: Werden zusätzliche Volumina zu historischen Gleitzinsen, die damals deutlich höher als die Ist-Zinsen der gleichen Fristigkeit lagen, im Treasury angelegt, so müssen dort entsprechend hohe Kursaufschläge gezahlt werden. Will demnach der Vertrieb Margen auf Basis der historischen Gleitzinsen erzielen, so muss er dafür fairerweise den Kursaufschlag tragen. Sparkassen und Banken, die diese Korrekturen des Vertriebserfolgs nicht vorgenommen hatten, hatten c.p. zu hohe Konditionsbeiträge ausgewiesen mit der Folge, dass sich trotz positiver Zinsfristentransformation eine negative Größe Strukturbeitrag ergeben hätte. Die Ausgleichszahlungen sollten zwar in der Banksteuerung als wertorientierte Größe ausgewiesen werden, da Kurswerteffekte im Treasury immer barwertig anfallen. Jedoch wirken sie sich dann in der GuV-Sicht „sprungartig“ aus, weswegen die Bankpraxis dort meist eine Glättung durch eine Verrentung der Ausgleichszahlungen vornimmt. Fazit und Ausblick Zusammenfassend zeigt sich, dass die Niedrigzinsphase zumal in Verbindung mit negativen Zinsen zu zahlreichen neuen Fragestellungen in der Banksteuerung führt. Darüber hinaus bedroht sie erkennbar die lang vertrauten Geschäftsmodelle vieler inländischer Institute, die stark vom zinsabhängigen Geschäft abhängen. Quellenverzeichnis sowie weiterführende Literaturhinweise BaFin (2019): Konsultation 06/2019 - Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Konsultation/2019/kon_06_19_Rundschreiben_ZAER.html. Bundesfinanzministerium (2018): Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Vorfälligkeitsentschädigung“ des BMJV, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/ Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/2018-11-06-Vorfaelligkeit.html. Bill, S. (2014): Periodenorientierte Ergebnisgrößen im Kontext einer zeitgemäßen Gesamtbanksteuerung, in: Riekeberg, M./Utz, E. R. (Hrsg): Strategische Gesamtbanksteuerung, 3. Auflage, Band 1, Stuttgart 2014, S.15-39. Bill, S. (2010): Implizite Optionen im Retailbanking und empirisches Kundenverhalten, in: Wimmer, K. 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Liebe FIRM-Leser, alles auf digital. Echt jetzt? Die Antwort darauf fällt geteilt aus – zumindest in der Finanzbranche. Während FinTechs seit Jahren den neuen Ton angeben, versuchen sich traditionelle Geldhäuser in neuen „Kunden-Kompositionen“, sprich einer stärkeren digitalen Ausrichtung. Das Resultat: Die Töne werden meist noch nicht so richtig getroffen. Das sorgt im übertragenen Sinne mitunter für Disharmonie in den Ohren. Und nicht nur dort, wie das „Payments Survey 2019“ von Accenture zeigt. Nach Aussagen der Berater könnten Geldhäuser bis 2025 weltweit rund 280 Milliarden US-Dollar verlieren. Die Gründe liegen unter anderem im starken Wachstum neuer digitaler Bezahlmöglichkeiten. In diesem Zuge ist es gut, wenn die Qualifizierung im Bankenumfeld voranschreitet. Sprich neue Weiterbildungsmöglichkeiten entstehen, so wie beim Bankenverband. Der bündelt seine Fortbildungsangebote in der Bankenakademie in Frankfurt am Main, unter anderem um einer sich verändernden Finanzbranche mit Blick auf die Digitalisierung, aber auch Regulierung, Rechnung zu tragen. Und auch an anderer Stelle braucht es Wissen. So zählen die Bewertung von Unternehmen und Beteiligungen zu den komplexesten Aufgaben der Betriebswirtschaftslehre. Der Grund ist, dass eine Vielzahl von wertbestimmenden Einflussfaktoren möglichst genau berücksichtigt werden muss. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich überwiegend um zukünftige und damit unsichere Daten handelt, die der Bewertende (allenfalls) nur zum Teil direkt beeinflussen und gestalten kann. Wie es trotzdem funktionieren kann, das erklärt Sascha H. Mölls, Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Rechnungslegung am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg, in unserem Topinterview zur kapitalmarktorientierten Unternehmensbewertung. Zu dieser unsicheren Datenlage zählt auch die Betrachtung der Nachhaltigkeit. Und zwar unter Risikoaspekten und mit Blick auf die Versicherungsaufsicht. Darüber sprach jüngst Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Seiner Meinung nach seien nicht nur „braune Anlagen“ ganz schön riskant, sondern auch „Grüne“. Aber da war doch was. Stimmt, der angebliche Klimawandel. Für den US-Präsidenten existiert dieser ja nicht, wie so vieles. Oder doch? Wer weiß das schon in diesen Zeiten, gekennzeichnet durch Erosionsprozesse der geopolitischen Welt, wie es Professor Günter Schmid, Experte für internationale Sicherheitspolitik und Sprecher im Rahmen des kommenden RiskNET Summit im November in Hohenkammer bei München, formuliert. Und diese Verwerfungen betreffen auch das Exportland Deutschland unmittelbar. Vielleicht aber auch nur mittelbar oder überhaupt nicht. Vielleicht ist das ja alles nur „Fake“. Donald Trump wird uns daran teilhaben lassen, via Twitter. Im letzten Jahr setzte er über 3.500 Tweets ab. Fortsetzung folgt, tonangebend versteht sich. Und bei der Gelegenheit wünschen wir Ihnen nun viel Spaß mit der neuen FIRM-Ausgabe. Es grüßt INHALT 33 EDITORIAL 34 INTERVIEW 38 WISSENSCHAFT 39 REGULIERUNGSTRENDS 40 FIRM-NEWS UND TERMINE HERAUSGEBER Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e.V. Schwarzwaldstraße 42 D 60528 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 87 40 20 00 Telefax: +49 69 87 40 20 09 Internet: www.firm.fm E-Mail: info@firm.fm Redaktion: Frank Romeike (V.i.S.d.P.), Andreas Eicher E-Mail: redaktion@firm.fm Erscheinungsweise: 10 x im Jahr als Einhefter in der Zeitschrift RISIKO MANAGER Frank Romeike, verantwortlicher Chefredakteur und Mitglied des FIRM-Vorstands
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