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RISIKO MANAGER 09.2016

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16 RISIKO MANAGER 09|2016 den Artikel mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse abschließen. Zinsbuchsteuerung im Fokus des Regulators – die wesentlichen Änderungen Mit BCBS 368 hat der Basler Ausschuss am 21. April 2016 [vgl. Basel, 2016] neue Standards für die Messung und das Management von Zinsrisiken im Anlagebuch – wir verwenden die Begriffe Anlagebuch und Bankbuch synonym – veröffentlicht. Das Basler Papier löst die alten IRRBB-Standards aus 2004 [vgl. Basel, 2016] ab. Insbesondere »» ersetzt bzw. erweitert es den bisherigen Basler-Standard-Zinsschock, »» enthält es qualitative Anforderungen an das Risikomanagement, »» stellt es Anforderungen an die Offenlegung und »» formuliert es einen standardisierten Messansatz für Zinsrisiken im Anlagebuch. Die erste Offenlegung nach den neuen Anforderungen soll zum Stichtag 31. Dezember 2017 erfolgen. Für weite Teile der europäischen Banken, nicht aber für die Schweizer Banken, relevant und bereits gültig ist die aktualisierte EBA-Leitlinie zum Management des Zinsrisikos im Anlagebuch [vgl. EBA, 2015] vom 22. Mai 2015. Wie BCBS 368 enthält die EBA-Leitlinie ebenfalls qualitative Anforderungen an das Management von Zinsrisiken im Anlagebuch, wobei die Abb. 02 inhaltlichen Anforderungen relativ zur CEBS-Guideline [vgl. CEBS, 2006] wesentlich präzisiert bzw. erweitert wurden. Für deutsche Institute wichtig ist die Ankündigung der BaFin, das Rundschreiben 11/2011 zum Zinsrisiko im Anlagebuch [vgl. BaFin, 2011] zu aktualisieren. Wahrscheinlich werden dann auch Hinweise aufgenommen, wie die BaFin die neuen Standards des Basler Ausschusses und die Leitlinie der EBA interpretiert. Für die Schweiz wird diesbezüglich von der FIN- MA ein analoges Vorgehen für das Rundschreiben 2008/6 erwartet. Die EBA und der Basler Ausschuss folgen mit ihren Vorgaben im Wesentlichen der gleichen Stoßrichtung, es gibt in der Ausgestaltung jedoch einige Unterschiede. Daher ist zur Umsetzung des Basler Standards mit einer weiteren Aktualisierung der EBA-Leitlinie zu rechnen. Barwert- und Ertragssicht In beiden Papieren wird verlangt, künftig Zinsrisiken im Bankbuch sowohl aus barwertiger Perspektive als auch aus Ertragssicht zu betrachten. Das heißt, bei Identifikation, Messung, Berichterstattung, Validierung und Steuerung sind die Risiken aus Zinsänderungen sowohl für den Barwert des Bankbuchs („economic value of equity“, kurz EVE) als auch für den Nettozinsertrag („net interest income“, kurz NII) zu berücksichtigen. Die Betrachtung der Ertragssicht zusätzlich zur barwertigen Perspektive findet sich als Empfehlung bereits in den frühen 90er Jahren in einer Überraschend hoher Zuspruch zu den regulatorischen Neuerungen. Was halten Sie von den Neuerungen für das Zinsrisiko im Bankbuch (IRRBB)? 53 % 0 % 9 % 37 % Gute Idee Neutral Schlechte Idee Eigentlich hätte IRRBB in Säule 1 gehört Konsultation und den ersten Grundsätzen zu IRRBB [vgl. Basel, 1993 und 1997]. Neu ist die nachdrückliche, explizite Forderung beider Steuerungssichten. Die Motivation ist das Spannungsfeld zwischen der primär vom ökonomischen Barwert abgeleiteten Kapitaladäquanz und der Steuerung der Ergebnisvolatilität. Da sich Zinsertrag direkt in den bilanziellen Ergebnissen niederschlägt, während Barwertschwankungen in vielen Bankbuchpositionen nur in Sonderfällen (wie bei Impairments) sichtbar werden, ist dieses Spannungsfeld nicht auflösbar. Entsprechend werden nun beide Steuerungssichten in einem höheren Detailgrad gefordert. Wie wir unten ausführen, hat dies explizite wie implizite Konsequenzen für die Ertragsmodellierung. Bewertung verhaltensabhängiger Cashflows und automatischer Zinsoptionen Ein weiterer Schwerpunkt der Basler Standards und der EBA-Leitlinie ist eine verbesserte Modellierung anlagebuchspezifischer Produkte. Dabei konzentrieren sie sich auf Produkte mit verhaltensabhängigen Cashflows, zum Beispiel Sondertilgungsrechte und vorzeitige Rückzahlung fester Einlagen ohne angemessene Entschädigung seitens des Kunden für den wirtschaftlichen Schaden (sogenannten Prepayments auf Aktiva und Redemptions auf Passiva). Diese Produkte verbindet neben einer ungewissen Zins-, Margen- oder Liquiditätsbindung, dass eine angemessene Modellierung der Cashflows von Produkt und Kontrahent abhängen kann. Zu unterscheiden sind zwei Kategorien von Kontrahenten: auf Kapitalmärkten aktive Geschäftspartner, wie Banken oder große Unternehmen sowie Retail- und kleine Geschäftskunden. Erstere gestalten ihr Verhalten in der Regel finanzmathematisch rational, so dass ihre Cashflows als arbitragefrei angenommen werden sollten. Ein Kündigungsrecht entspricht in diesem Fall näherungsweise einer Swaption (genauer wäre die Abbildung durch eine Bondoption, da das Underlying eines Kündigungsrechts eines Kredits kein risikoloser Swap-Zins ist, sondern ein Zins mit Credit Spread), und gehört im neuen standardisierten Messansatz gesondert bewer-

Marktrisiko 17 tet. Der Basler Ausschuss nennt diese Optionalitäten „automatic options“. Retailund kleine Geschäftskunden üben Kündigungs- oder Prolongationsrechte sowie andere Optionalitäten hingegen häufig nicht nach finanzmathematischen Kriterien aus. In diesem Fall ist es nicht angemessen, diese Produkte mit klassischen finanzmathematischen Bewertungsmodellen zu bewerten. Stattdessen werden Verhaltensmodellierungen auf statistischer Basis verwendet. Dabei ist insbesondere die Zinsabhängigkeit des Verhaltens zu berücksichtigen: So üben beispielsweise auch Privatkunden im Allgemeinen Kündigungsrechte in Krediten eher aus, wenn sie sich preisgünstiger refinanzieren können. Ist diese Zinsabhängigkeit für die Bank materiell, so muss sie in Verhaltensmodellierungen abgebildet werden. Dann sind vom Zinsszenario abhängige Cashflows zu bestimmen. Wird eine Zinsabhängigkeit nicht modelliert, so ist zu belegen, dass die Cashflows nicht wesentlich vom Zinsniveau abhängen. Beides hat auf Basis beobachteter Daten zu erfolgen und ist regelmäßig zu validieren. Wahl und Parametrisierung der Modellierung – inklusive der Frage, ob eine klassisch-finanzmathematische Bewertung oder eine Verhaltensmodellierung angemessen ist – sind ebenso regelmäßig und so weit wie möglich an Hand beobachteter Daten zu validieren. Die Validierung erfordert ein Backtesting, was eine Historisierung des Ausübungsverhaltens, segmentiert nach Kunden- und Produktgruppen, erfordert. Die Swaptions aus den Kündigungsrechten der auf Kapitalmärkten aktiven Geschäftspartner sowie andere automatische Zinsoptionen in Bankbuchprodukten (beispielsweise auch Caps und Floors) sind innerhalb des standardisierten Messansatzes gesondert zu bewerten. Eine solche Abspaltung ist in internen Risikomodellen zumeist wünschenswert, heute in der Regel allerdings nicht umgesetzt. Dies bedingt eine Abspaltung dieser Optionen auf Einzelgeschäftsebene von ihrem Ursprungskontrakt. Die Bank hat dabei die Wahl, den verkauften automatischen Zinsoptionen entweder alle oder nur die zu Absicherungszwecken gekauften automatischen Zinsoptionen im Bankbuch zur Bestimmung des Risikos aus „automatic options“ gegenüberzustellen. Hiervon unabhängig gilt die Anforderung der EBA-Leitlinie an große Institute, bei der Modellierung der Zinsertragsrisiken auch die Veränderung der Bilanz und somit insbesondere Risiken aus Volumenänderungen zu berücksichtigen. Hier schließt sich auch der Kreis zu den entschädigten Verhaltensoptionen, die in diesem Rahmen natürlich als Volumenänderung aus Ertragsperspektive ebenfalls zu berücksichtigen sind. Credit-Spread-Risiken im Anlagebuch Zusätzlich zum IRRBB betonen beide Papiere die Wichtigkeit des Credit Spread Risikos im Anlagebuch (CSRBB). Das CSRBB ist entsprechend beider Papiere als eigenes, von IRRBB abzugrenzendes, Risiko zu betrachten, ohne dass jedoch genaue Vorgaben gemacht würden. Das Basler Papier enthält im Anhang 1 eine detaillierte Zerlegung von Diskontkurven, mit deren Hilfe die Abgrenzung von IRRBB und CSRBB genauer definiert wird. Für Amortised-Cost-Positionen wird das Risiko aus Veränderungen der Credit Spreads keinem der beiden Risiken zugeordnet. Für Fair-Value-Positionen wird nur das Risiko aus Veränderungen des allgemeinen Credit-Spread-Risikos dem CSRBB zugeordnet, während Risiken aus spezifischen Credit Spreads weder IRRBB noch CSRBB zugeordnet werden. Eine ähnliche Sichtweise findet sich in der EBA SREP-Leitlinie [vgl. EBA, 2014], in der das Credit-Spread- Risiko explizit nur für Fair-Value-Positionen angesprochen und als Teil des Marktrisikos eingeordnet wird. Die Basler Autoren lassen damit aus unserer Sicht offen, ob für Amortised- Cost-Positionen Credit-Spread-Risiken und für Fair-Value-Positionen Risiken aus spezifischen Credit Spreads überhaupt gemessen werden müssen. Zumindest in Deutschland bleiben die Anforderungen von EBA und Basler Ausschuss hinter den weitergehenden Erwartungen der nationalen Aufsichtsbehörden zur Abbildung von Credit-Spread-Risiken [vgl. Bafin, 2011b] zurück. Zu begrüßen wäre eine Aktualisierung und Harmonisierung dieser nationalen Erwartungen mit den Anforderungen von EBA und Basler Ausschuss, auch hinsichtlich des Verhältnisses der Going-Concern- und Gone-Concern-Sichtweisen zum EBA SREP. Zinsschocks Die Basler Standards enthalten zusätzlich eine neue Definition der sogenannten Basler Zinsschocks. Bisher handelt es sich dabei um zwei Szenarien, in denen sämtliche Zinsen 200 bp nach oben bzw. unten verschoben werden. Künftig sind insgesamt sechs Szenarien zu betrachten: parallele Erhöhung der Zinskurven, parallele Absenkung der Zinskurven, Erhöhung der Steilheit der Zinskurven, Verringerung der Steilheit der Zinskurven, Erhöhung kurzfristiger Zinsen und Verringerung kurzfristiger Zinsen. Die Höhe der Auslenkung der Zinsen in den jeweiligen Szenarien ist künftig währungsabhängig. Für Euro-Positionen bleibt es bei Parallelverschiebungen um 200 bp, während die Parallelverschiebungen von Zinsen im Schweizer Franken künftig 100 bp betragen. Führt mindestens eines dieser sechs Szenarien zu einem Barwertverlust von mehr als 15 Prozent des Kernkapitals, so ist die Bank seitens der Aufsicht als „outlier bank“ zu betrachten, speziell zu prüfen und ggf. aufsichtlichen Maßnahmen zu unterziehen. Beim Vergleich mit den nach EBA-Leitlinie [vgl. EBA, 2015] oder den Anforderungen der BaFin [vgl. BaFin, 2011 und 2011c] bestimmten Auswirkungen der Zinsschocks ist allerdings ein methodischer Unterschied zu berücksichtigen: EBA und BaFin fordern die Berechnung der Zinsschocks auf Außenzinsen und Diskontierung mit risikolosen Zinskurven, während der Basler Standard diesbezüglich die zwei nachfolgend diskutierten Varianten vorsieht. Innensicht und Außensicht Der neue Basler Standard (vgl. Tz. 70 (i)(c) i.V.m. Tz. 88 [vgl. Basel, 2016]) erlaubt bei der Berechnung der Auswirkungen der Zinsschocks, Innenzinscashflows mit risikofreier Kurve zu diskontieren. Alternativ können auch Außenzinscashflows mit einer Zinskurve diskontiert werden, die die Kreditmargen und andere Spread-Bestand-

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