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RISIKO MANAGER 08.2017

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40 RISIKO MANAGER 08|2017 Bankenabwicklungsrichtlinie Theorie und Praxis der europäischen Bankenabwicklung Die Bankenabwicklungsrichtlinie bildet den Rechtsrahmen für den Umgang mit insolvenzgefährdeten Kreditinstituten in der Europäischen Union (EU). Sie soll die Liquidation oder Abwicklung systemisch wichtiger Banken ermöglichen und dabei die negativen Auswirkungen für Volkswirtschaft und Steuerzahler so gering wie möglich halten. Letzteres soll dadurch erreicht werden, dass – ähnlich wie in anderen Branchen – Verluste ohne staatliche Hilfe zunächst von den Eigentümern und danach von den Gläubigern zu tragen sind. Die jüngsten Beispiele im Umgang mit notleidenden Banken im Euroraum zeigen jedoch, dass Regierungen und Behörden noch nicht gewillt sind, die neuen Regeln strikt anzuwenden.

Regulierung 41 Bankenabwicklungsrichtlinie und Bankenunion Mit der Bankenabwicklungsrichtlinie (EU-Richtlinie 2014/59, BRRD) wurde infolge der schlechten Erfahrungen der Finanzmarkt- und Bankenkrise ein Rechtsrahmen geschaffen, der die Liquidation gescheiterter Banken als Normalfall und die Abwicklung systemisch wichtiger Kreditinstitute als Ausnahmefall vorsieht. Die BRRD bildet neben dem CRD IV-Paket zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors gegenüber Krisen und der Einlagensicherungsrichtlinie ein harmonisiertes Regelwerk in der EU. Dieses ist wiederum die Grundlage für die Bankenunion der Eurozone mit ihrem einheitlichen Aufsichts- und Abwicklungsmechanismus sowie dem umstrittenen Plan eines gemeinsamen Einlagensicherungssystems. Staatliche Rettung der Bankengläubiger als Normalfall in der Finanzmarktkrise Zu den zahlreichen Schwächen, die die letzte Finanzmarktkrise offengelegt hat, zählen neben ungenügenden aufsichtlichen Mindestanforderungen und Überwachungsmaßnahmen die unzureichende Abwicklungsfähigkeit systemisch wichtiger Banken im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens. Zur Abwendung eines noch größeren volkswirtschaftlichen Schadens sahen sich daher EU-Regierungen zwischen 2008 und 2015 veranlasst, Banken etwa 1,4 Bill. EUR an Eigenkapitalhilfen und Garantien für wertgeminderte Aktiva zu gewähren. Daher sollten mit der BRRD die Handlungsoptionen erweitert werden, damit im Fall einer Bankenschieflage nicht erneut Eigentümer und Gläubiger zulasten der Steuerzahler geschont werden. In der Theorie Bankenabwicklung grundsätzlich ohne staatliche Unterstützung Zu den Grundprinzipien der Bankenabwicklungsrichtlinie gehören: »» Banken sind grundsätzlich nach dem regulären Insolvenzverfahren abzuwickeln. »» Wenn das öffentliche Interesse es erfordert, können anstelle des Insolvenzverfahrens ausnahmsweise auch Abwicklungsinstrumente eingesetzt werden. »» Bei einer Abwicklung sollten Eigentümer und Gläubiger Verluste in Höhe von mindestens 8 Prozent der um Derivatenetting adjustierten Passiva tragen bevor Mittel eines Abwicklungsfonds ergänzend herangezogen werden dürfen (8-Prozent-Bail-In-Regel). »» Eigentümer und Gläubiger sollten keinen höheren Verlust erleiden als bei einer regulären Insolvenz (No-Creditor-Worse-Off-Prinzip). Entsprechend restriktiv sind die Voraussetzungen für Staatshilfen im Rahmen einer Abwicklung in der EU-Richtlinie formuliert. So ist es EU-Mitgliedstaaten laut Artikel 56 BRRD bei einer als ausgesprochen seltenen Sondersituation bezeichneten Systemkrise erlaubt, Beihilfen zu gewähren, aber die 8-Prozent-Bail-In-Regel ist zu beachten. Ausnahme zu den neuen Regeln der Bankenabwicklung Die einzige Ausnahme zu den Grundprinzipien der Bankenabwicklung findet sich in Artikel 32 BRRD. Demnach darf ein EU-Mitgliedstaat einem Institut, das aktuell und in naher Zukunft auch ohne staatliche Unterstützung die aufsichtlichen Anforderungen erfüllt, Eigenmittel zuführen, sofern die Maßnahme »» der Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft und Wahrung der Finanzstabilität dient, »» vorbeugend und vorübergehend Kapitallücken, die im Rahmen eines aufsichtlichen Stresstests ermittelt wurden, schließt, »» nicht zum Ausgleich bestehender oder zu erwartender Verluste gewährt wird, »» das Institut bezüglich des Preises und der Bedingungen der Eigenmittelzuführung nicht begünstigt, »» nach den Regeln für staatliche Beihilfen genehmigt wird, was im Regelfall voraussetzt, dass sämtliche Eigenmittel zur Verlustabsorption herangezogen werden müssen, bevor Beihilfe geleistet werden darf [vgl. European Commission 2013, Randnummern 44 und 65ff]. Gleichzeitig dürfen die Voraussetzungen für die Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten nach Artikel 59 BRRD nicht gegeben sein. Supranationale Behörden im Euroraum Im Euroraum hat man mit der Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) und der einheitlichen Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board, SRB) gemeinsame Institutionen geschaffen, die insbesondere für die systemisch wichtigen

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