14 Ausgabe 08/2015 2011 eingeführt und führten zu einer Erhöhung des Marktrisikokapitals von 54 Prozent. Seither haben die europäischen G-SIBs etwa zwei Drittel des Anstiegs kompensiert. Dies vor allem dadurch, dass eine Reihe von diesen Banken ihre Marktaktivitäten zurückschrauben. Eine Beruhigung der Marktvolatilität hat auch zu einer Reduzierung der VaR-Werte beigetragen, aus denen sich die Anforderungen bezüglich dem aufsichtsrechtlichen Eigenkapital für das handelsbezogene Marktrisiko ergeben. Höhere Kapitalkosten für das Handelsbuch werden jedoch erwartet, auch wenn hierfür bisher noch kein Datum festgelegt wurde. Im Rahmen der Basel-Reformen wird das Handelsbuchkapital überprüft, und es findet ein Wechsel vom VaR zum Expected Shortfall statt, um das sogenannte Tail-Risiko besser zu erfassen und das Risiko der Marktilliquidität aufzunehmen. Die europäischen G-SIBs werden ihre Exposures möglicherweise vor der Einführung der neuen Standards weiter reduzieren, um die hiermit verbundenen Auswirkungen aufzufangen. Schlussfolgerung und Ausblick Die nach der Krise geschaffenen Bankenregelungen zur Stärkung der Bankenbilanzen haben die Kapitalisierung und Finanzierung auf jeden Fall verbessert. Viele europäische Banken haben als Reaktion auf die erhöhten Kapitalanforderungen und die Mindest-Leverage-Ratio neues Kapital beschafft. Diese neuen Standards und die Einführung von Liquiditätsquoten haben sich jedoch auch auf die Auswahl bei der Kreditgewährung ausgewirkt und verstärken das Deleveraging und die Risikoumverteilung der Banken. Die Standards bieten für Banken einen Anreiz dafür, unter anderem durch die Kosten für langfristige Finanzierungen und höhere Kapitalkosten angemessene Preise für Kredite an Firmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen anzuwenden. Dies ruft Veränderungen in der Kreditumgebung hervor und beschränkt die Kreditverfügbarkeit. Hierin besteht ein Faktor, der zu einem kraftlosen Wachstum und langsamen Strukturanpassungen in Europa führt. Die Analyse zeigt, dass sich das Deleveraging der Banken möglicherweise verlangsamt. Das Gesamt-EAD fiel im Jahr 2013 um 255 Mrd. ¤ (1,9 Prozent), wobei dieser Wert hinter dem Rückgang um 535 Mrd. ¤ (3,8 Prozent) im Jahr 2012 zurückblieb. Die 16 G-SIBs haben die Kapitalanforderungen nach Basel III weitgehend früher als geplant erfüllt. Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs/TLTROs) der EZB, die im September 2014 eingeführt wurden, könnten weiteren stabilisierenden Einfluss auf Unternehmenskredite haben, weil sie auf die Ankurbelung langfristiger Finanzierungen für kleine und mittelständische Unternehmen abzielen. Der Erfolg dieser Geschäfte ergibt sich weitgehend aus der Aufnahme seitens der Banken, die bei der ersten Zuteilung relativ niedrig war, und der Nachfrage seitens der Unternehmen. Es besteht weiter eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf zusätzliche Regelungen wie die Gesamtverlusttragfähigkeit (TLAC). Das Financial Stability Board hat vorgeschlagen, dass G-SIBs ein Mindestmaß an Gesamtverlusttragfähigkeit aufweisen müssen. Dies ist Teil des Vorhabens, Gefahren durch systemrelevante Banken zu beseitigen. Die Banken werden ihr EAD-Wachstum möglicherweise nur vorsichtig vorantreiben, bis die Puffer verbindlich eingeführt wurden, weil sich die TLAC-Anforderungen auf risikogewichtete Aktiva und die Summe der Aktiva stützen werden. Trotzdem können sich die Trends beim Deleveraging stabilisieren oder sogar umkehren, wenn Regulierungsdetails geklärt werden und die europäische Wirtschaft stärker wird. q Autoren: Cynthia Chan, Senior Director, Fitch Ratings, London; Credit Market Commentary. Robert Grossman, Managing Director, Fitch Ratings, New York; Macro Credit Research. Gordon Scott, Managing Director, Fitch Ratings, London; Financial Institutions Group. Hinweis: Der Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Jahrbuchs 2015 des Frankfurter Instituts für Risikomanagement und Regulierung erschienen. Weitere Informationen unter www.firm.fm Anzeige Fachbücher für Risikomanagement-Profis: Brennpunkt Risikomanagement und Regulierung Niehoff | Hirschmann (Hrsg.) Brennpunkt Risikomanagement und Regulierung Handbuch ICAAP Heuter | Igl (Hrsg.) Handbuch ICAAP ISBN 978-3-86556-428-3 Art.-Nr. 22.511-1500 256 Seiten, gebunden Wilhelm Niehoff | Stefan Hirschmann (Hrsg.) ISBN 978-3-86556-438-2 Art.-Nr. 22.515-1500 360 Seiten, gebunden Henning Heuter | Andreas Igl (Hrsg.) 59,00 Euro 69,00 Euro Weitere Fachbücher in unserem Shop: www.bank-verlag-shop.de
15 [ buchbesprechung ] Andreas Haaker IFRS – Irrtümer, Widersprüche und unerwünschte Konsequenzen NWB Verlag, Herne 2014, 320 Seiten, 39,90 Euro, ISBN: 3-482-65261-5. r Mit den Reformen des Aktienrechts 1998 hielt die Shareholder-Value-Doktrin Einzug in die nationale Rechnungslegung. Begründet wurden die Gesetzesänderungen damit, dass die steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften dem internationalen Standard entsprechen müssen. Globale Kapitalgeber waren nur eingeschränkt bereit, den Unternehmen Investitionskapital zur Verfügung zu stellen. Aus ihrer Sicht waren die gesetzlichen Vorschriften zu kompliziert und entsprachen auch nicht ihren Vorstellungen. Mit der gesetzlichen Neuausrichtung sollte die Attraktivität des Standorts Deutschland für externe Kapitalgeber gesteigert werden. Unternehmensbeteiligungen in Form von Private Equity wurden so gefördert. Damit einhergehend ist das Ziel, den Unternehmenswert zu erhöhen, um so höhere Dividenden an die Shareholder auszuschütten. Die voranschreitende Globalisierung führte in den Folgejahren zu einer weiteren internationalen Angleichung und Ergänzung der Rechnungslegungsvorschriften. Das dem angloamerikanischen Modell entsprechende International Financial Reporting Standards (IFRS) setzt sich vermehrt gegenüber den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) durch. Alle kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen innerhalb der EU haben ihren Konzernabschluss nach den Regeln des IFRS zu erstellen. Mit der vorliegenden Schrift will der Autor einen Beitrag dazu leisten, kritisches Denken „im Hinblick auf Alternativen, Irrtümer, Widersprüche und unerwünschte Konsequenzen der IFRS“ zu leisten. Inhaltlich fokussiert sich der Autor auf die folgenden Aspekte: • Institutioneller Rahmen und Anwendung der IFRS, • konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung, • wesentliche Rechnungslegungssachverhalte nach IFRS, insbesondere die Widersprüchlichkeiten des Fair-Market-Value- Ansatzes, • Komplexität der IFRS Regelungen. Der aus 14 Mitgliedern bestehende IASB (International Accounting Standard Board) ist institutionell in die IFRS-Foundation eingebettet. Die Normen und Regeln werden vom IASB herausgegeben. Geopolitisch dominieren die Mitglieder aus den angelsächsischen Ländern und sind den „Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ und der Versicherungsbranche zuzuordnen. Haaker bemängelt, dass es sich bei diesem Gremium um private Standardsetzer handelt, diese eher der Shareholder- Value-Doktrin anhängen, und setzt sich kritisch mit der Vorgehensweise dieser Institution auseinander. Insbesondere bemängelt er, dass eine demokratische Kontrolle nicht gegeben ist und dass das IASB sich der demokratischen Legitimation entzieht. Die konzeptionellen Grundlagen des IFRS und des HGB sind Erörterungs gegen des zweiten Themenabschnitts. Während das HGB dem Code-Law-System folgt, bei dem auf Basis eines „hohen Ab straktionsgrads eine Vielzahl von Sachverhalten prinzipienorientiert geregelt wird“, ist das IFRS durch ein Case- Law-Denken geprägt. „Spezielle Einzelfälle werden kasuistisch geregelt“, so die Kritik (Seite 21). Zentraler Zweck des IFRS Abschlusses ist die Bereitstellung von Informationen für die Anlageentscheidung des Investors. Auch im Berichtswesen nach den IFRS-Regeln lassen sich Informationen kaschieren. Mehr Text führt nicht automatisch zu qualitativ höherwertigen Informationen. Auf Basis der erarbeiteten konzeptionellen Grundlagen werden wesentliche und ausgewählte Rechnungslegungssachverhalte dargestellt. Pointiert werden die Schwierigkeiten mit dem Umgang der Vorschriften bei der Bewertung einzelner Sachverhalte, wie beispielsweise beim Immateriellen Anlagevermögen, dem Goodwill oder der Fair-Value-Orientierung, herausgearbeitet. Das IFRS-Regelwerk ist nicht nur durch unbestimmte Rechtsbegriffe charakterisiert, sondern auch durch innere konzeptionelle Widersprüche. Exemplarisch sei hier das „Facebook-Fiasko“ genannt. So wurde der Marktwert von Facebook im Jahr 2012 legal künstlich hochgerechnet, um den Kapitalmärkten und den Aktienkäufern einen hohen Unternehmenswert zu suggerieren. Der Katzenjammer nach dem Börsengang folgte prompt. Nicht selten wird der Unternehmenswert bei fehlenden Marktpreisen auf Basis theoretischer Bewertungsmodelle ermittelt. Die dabei verwendeten Parameter entsprechen häufig nicht der Realität und ermöglichen bei der Bewertung von Immobilien und Wertpapieren umfangreiche Gestaltungsspielräume. Insbesondere die Bankbilanzen sind zum Großteil von der modellorientierten Fair- Value-Bewertung geprägt (Seite 221). Die Bewertungsmodelle laden dazu ein, Bewertungsspielräume extensiv zu nutzen. Wie die Immobilienkrise zeigte, waren die Bilanzangaben und publizierten Geschäftsberichte in nicht wenigen Fällen Makulatur. Der Autor bevorzugt die Rechnungslegung nach den Regeln des HGB und präferiert so eine national ausgerichtete Lösung. Dem ist zu entgegnen, dass die weiter voranschreitende Globalisierung und EU-Harmonisierung eine stetige Aushöhlung der nationalen Rechnungslegung impliziert. Insbesondere im Interesse und zum Schutz des Mittelstands hat die Bundesregierung reagiert und mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz die Option geschaffen, dass mittelständische Unternehmen zwischen zwei Systemen der Rechnungslegung optieren können. Christoph Tigges, RiskNET GmbH. RISIKO MANAGER Rating: Praxisbezug: rrrqq Inhalt: rrrrq Verständlichkeit: rrrqq Gesamtwertung: rrrqq
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