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RISIKO MANAGER 07.2017

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32 RISIKO MANAGER 07|2017 Abb. 01 Rückfluss Eigenkapital und Eigenkapitalrendite Wahrscheinlichkeit 0,03 0,02 0,01 0,00 EK (t-1) Rendite 3.900 3.600 3.300 3.000 2.700 2.400 2.100 1.800 1.500 1.200 900 600 300 Häufigkeit 0 0,00 0,00 3.000,00 6.000,00 8.000,00 12.000,00 15.000,00 18.000,00 -120,00 % -80,00 % -40,00 % 0,00 % 40,00 % 80,00 % 120,00 % Wahrscheinlichkeit 0,03 0,02 0,01 3.900 3.600 3.300 3.000 2.700 2.400 2.100 1.800 1.500 1.200 900 600 300 0 Häufigkeit überhang drückt den Sachverhalt aus, dass man in der betrachteten Region eher von einer leichten Abschwächung der Marktbedingungen ausgeht. Die Unsicherheit bezogen auf die realisierbare Miete liegt bei 1,50 ¤ pro Quadratmeter (normalverteilt). Das Immobilien-Projekt soll (im Rahmen einer Projektfinanzierung) zu 70 Prozent des geplanten Investitionsvolumens fremdfinanziert werden. Bei einem Investitionsvolumen von geplanten 25 Mio. ¤ ergibt sich damit ein Fremdkapitaleinsatz von 17,5 Mio. ¤. Es wird zunächst angenommen, dass die Fremdfinanzierung mit einem Zinssatz von 5 Prozent möglich ist – wobei im Rahmen der Risikoanalyse noch zu untersuchen ist, ob sich bei den sich aus den Risiken ergebenden Ausfallwahrscheinlichkeiten dieser Zinssatz als risikogerecht belegen lässt. Planmäßig wird damit seitens des Projektentwicklers (beziehungsweise von ihm einbezogener Eigenkapitalgeber) ein Eigenkapitalbedarf von 7,5 Mio. ¤ erwartet (25 Mio. ¤ - 17.5 Mio. ¤ Fremdkapitel). Da jedoch die Investition zu unsicher ist, kann sich auch dieser erhöhen. Bei einer traditionellen einfachen (deterministischen beziehungsweise einwertigen) Betrachtung stellt sich das Projekt wie folgt dar: Ausgehend von einem geplanten Investitionsvolumen von 25 Mio. ¤ erhält man am Ende der einjährigen Projektlaufzeit einen Rückfluss von 27,6 Mio. ¤ (10.000 m² x 11,5 ¤ je m² und Monat x 12 Monate x 20). Dies entspricht einer Gesamtkapitalrendite von 10,4 Prozent (27,6 Mio. ¤ : 25 Mio. ¤ – 1). Nach Abzug von Zins und Tilgung für das Fremdkapital (17,5 Mio. ¤ x (1+5 %)) wird ein Rückfluss für die Eigenkapitalgeber in Höhe von 9,225 Mio. ¤ geplant. Die geplante Eigenkapitalrendite beträgt damit erfreulich hohe 23 Prozent (9,225 Mio. ¤ : 7,5 Mio. ¤ – 1 = 23 %). Risikoanalyse und Risikoaggregation Es stellt sich nun die Frage, wie das Projekt unter Berücksichtigung von Risiken einzuschätzen ist. Wären die 23 Prozent Eigenkapitalrendite „sicher“, wäre das Projekt offensichtlich extrem attraktiv. Bei der Beurteilung von Projekten besteht jedoch gerade das Problem darin, dass Risiken (Chancen und Gefahren) bestehen, die Planabweichungen auslösen können, und in der Beurteilung zu berücksichtigen sind. Unter Berücksichtigung der oben genannten drei quantifizierten Risiken wird daher eine Risikoaggregation mittels Monte-Carlo-Simulation durchgeführt [vgl. Gleißner 2016]. Dabei wird eine große Anzahl risikobedingt möglicher Zukunftsszenarien des Projekts berechnet und analysiert. So erhält man die Häufigkeitsverteilungen für den Rückfluss an die Eigenkapitalgeber und die Eigenkapitalrendite ( Abb. 01), aber auch für den Eigenkapitalbedarf. Aus den Simulationsergebnissen kann man nun leicht folgende Ergebnisse unmittelbar ableiten: Zunächst einmal zeigt sich, dass im Mittel ein Eigenkapitaleinsatz von 7,7 Mio. ¤ – anstelle der geplanten 7,5 Mio. ¤ erforderlich ist. Dies wird verursacht durch die Möglichkeit, dass das Startinvest aufgrund höherer als geplanter Baukosten (Investition pro Quadratmeter Wohnfläche) überschritten wird. Die Eigenkapitalgeber sollten sich allerdings sogar noch auf die Möglichkeit einer höheren Inanspruchnahme von finanziellen Mitteln einrichten. Aus der Simulation ergibt sich, dass mit 95prozentiger Sicherheit ein Eigenkapitalbedarf von 8,17 Mio. ¤ nicht überschritten wird – sodass es für die Eigenkapitalgeber empfehlenswert ist, eine derartige Bereitstellung von Eigenkapital vorzusehen (wenn das bereitgestellte Fremdkapital auf 17,5 Mio. ¤ beschränkt ist). Ein möglicher zusätzlicher Eigenkapital- beziehungsweise Liquiditätsbedarf für die Investoren wird hier also unmittelbar erkennbar.

ERM 33 Aus der Risikosimulation ergibt sich zudem, dass am Ende der Projektlaufzeit im Mittel mit einem Rückfluss an die Eigentümer nur von 8,3 Mio. ¤ zu rechnen ist. Dies ist deutlich weniger als die geplanten Gleichung 01 Tab. 01 Zusammenfassende Beurteilung des Projekts Beurteilung: Projekt XY Investement 9,225 Mio. ¤, weil sowohl beim „Verkaufs-Multiple“ als auch bei den „Investitionen je Quadratmeter“ bei der Risikoquantifizierung ein Gefahrenüberhang angegeben wurde (siehe oben). Die im Mittel zu erwartende Rendite der Eigenkapitalgeber liegt damit nur bei 10,6 Prozent. Projektrating, Probability of Default und Loss Given Default Für die Beurteilung der Fremdfinanzierung ist es wichtig festzustellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Fremdkapital vollständig (mit Zins und Tilgung) zurückgezahlt werden kann. Bei den oben getroffenen Annahmen über die Risiken ergibt sich eine Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) von circa 1,2 Prozent, das heißt in knapp 99 Pro zent der Fälle kann der Kapitaldienst geleistet werden. Diese Ausfallwahrscheinlichkeit entspricht einem „BB“-Projektrating und ist sicherlich niedrig genug, um einen Zinssatz des Fremdkapitals von 5 Prozent zu rechtfertigen. Bei dem vorhandenen Risikoprofil 25,0 Mio. ... davon Eigenkapital 7,5 Mio. Plan-Rendite Eigenkapital 23,0 % erwartete Rendite Eigenkapital 10,8% Ertragsrisiko 3,7 Mio. ( = 49 %) Eigenkapitalkosten 15,9 % Rating Fremdkapital-Zins 5 % Wert BB 7,2 Mio. Kapitalwertrate 0,92 erscheint es eher so, dass man im Rahmen der Diskussion mit der Bank auch noch einmal über eine Verbesserung der Fremdfinanzierungkonditionen verhandeln sollte. Mit dem „Wasserfallmodell“ lässt sich neben LGD auch der Eigenkapitalbedarf (Risk Adjusted Capital, RAC) unmittelbar ableiten [der ergänzend berechenbare Loss Given Default (LGD) beträgt nur 0,4 Prozent, vgl. hierzu Gleißner/Garrn 2012]. Bewertung der Projekte Wie stellt sich nun die Attraktivität des Projekts aus Perspektive der Eigenkapitalgeber (des Bauträgers) dar? Ist die erwartete Rendite von 10,6 Prozent in Anbetracht der bestehenden Risiken adäquat? Um diese Fragen zu beantworten, muss man zunächst den Risikoumfang – die Bandbreite der Rückzahlung (Z) – betrachten. Verwendet man, wie üblich, die Standardabweichung (Z) als Risikomaß, ergibt sich für diese ein Wert von circa 3,7 Mio. ¤. Den risikogerechten Wert des Rückflusses bestimmt man gemäß Gleichung 01 (auf die Möglichkeit einer Risikodiversifikation auf Ebene des Portfolios der Eigentümer wurde hier verzichtet, das heißt es wurde gerechnet mit einem Risikodiversifikationsfaktor von d = 1). Für die Berechnung wurde ein typischer Marktpreis des Risikos (Sharpe Ratio) von = 0,25 sowie ein nachhaltiger risikoloser Zinssatz von r f = angenommen. Man sieht nun, dass der Wert des Projektes mit 7,15 Mio. ¤ deutlich unter dem not wendigen Startinvestment von (im Mittel) 7,7 Mio. ¤ liegt. Das Projekt ist damit wirtschaftlich nicht sinnvoll. Die „Kapitalwert-Rate“ (vergleiche das sogenannte „Tobin Q“), also die Relation des Werts der Zahlungen zum Startinvestment, liegt unter 1. Man kann nun ergänzend auch leicht die risikogerechten Kapitalkosten (k), also die Anforderungen an die erwartete Rendite, gemäß Gleichung 02 ableiten. Gleichung 02 Auch bei Betrachtung der zu erwartenden Rendite (10,6 Prozent) mit den risikogerechten Anforderungen an die Rendite (den Kapitalkosten) von 15,9 Prozent sieht man das gleiche Bild. Das Projekt ist wirtschaftlich nicht sinnvoll, da angemessene Kapitalkosten nicht verdient werden können. Dies bedeutet nichts anderes, als dass das Ertrag-Risiko-Profil der Investition unattraktiv ist ( Tab. 01 mit einer Zusammenfassung). Alle oben erläuterten wesentlichen Erkenntnisse zu Risikoprofil, angemessenen Finanzierungskonditionen (Projektrating) und Projektwert lassen sich ohne eine quantitative Risikoanalyse und Risikosimulation nicht ableiten.

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