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RISIKO MANAGER 07.2016

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26 RISIKO MANAGER 07|2016 Bewertung von Finanzinstrumenten Prudent Valuation: Praxis und Herausforderungen für Banken Die in der CRR geforderte vorsichtige Bewertung von zum beizulegenden Zeitwert bilanzierten Finanzinstrumenten hat in den vergangenen Jahren in den betroffenen Instituten zu großen fachlichen und technischen Umsetzungsaufwänden geführt. Die Hochschule Koblenz hat mit Unterstützung der Unternehmensberatung d-fine eine anonymisierte Umfrage bei direkt von der EZB beaufsichtigten Institutsgruppen in Deutschland und Österreich zur Range of Practice bei der Prudent Valuation durchgeführt. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der aktuellen Marktpraxis in den Dimensionen Grundsatz, Betroffenheit und Methodik zu bieten, das betroffenen Instituten als hilfreicher Wegweiser in der Beurteilung ihrer eigenen Situation dienen kann und offene Fragen sowie bestehende Kritik an den Anforderungen aufzeigt. Einleitung Die Anforderungen an die vorsichtige Bewertung gemäß Artikel 34 und 105 der CRR sowie ihre Konkretisierung durch einen technischen Regulierungsstandard (RTS) der EBA [EBA 2015] wurden im Oktober 2015 durch den delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission [EC 2015] in geltendes Recht überführt. Die Maßnahmen zu deren Erfüllung laufen in den Instituten seit spätestens Mitte 2014 und haben zu Konzeptions- und Umsetzungsprojekten in nicht unerheblichem Umfang geführt. Der Anspruch, eine gegenüber dem Fair Value (die Begriffe Fair Value und beizulegender Zeitwert werden im Folgenden synonym verwendet) betont konservative Sicht auf zeitwertbilanzierte Finanzinstrumente einzunehmen, stellt die Institute vor erhebliche Herausforderungen. Die delegierte Verordnung [EC 2015] als Resultat einer langen Erstellungsphase zum grundlegenden Artikel 105 CRR gibt zwar umfangreiche methodische Vorgaben, lässt jedoch wegen der Breite des Anwendungsfelds große Entscheidungs- und Umsetzungsspielräume. Aufgrund der letztlichen Neuartigkeit der Anforderung, insbesondere für deutsche und österreichische Institute, existiert kein etabliertes, marktweit übliches Vorgehen, das als Grundlage für die Institute dienen könnte. Ebenso waren die Größenordnungen der Abschläge schwer a priori abzuschätzen. Diese Umfrage stellt daher darauf ab, die aktuelle Ausgestaltung und Auswirkung der Regulierung in den Dimensionen » Grundsatz: Umsetzungsstand und grundlegende Festlegungen, » Betroffenheit: Initiale und laufende Belastungen durch Eigenmittelanforderungen und Personalaufwand, » Methodik: Interpretationen, Entscheidungen, Umsetzungen bzgl. fachlicher Gestaltungsspielräume umfassend für den deutschen und österreichischen Bankenmarkt zu beleuchten. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der Umfrage zusammenfassend dargestellt. Für eine allgemeine Einführung in die Prudent Valuation und ihre Entstehung vgl. [Wächter/Keese/Christ 2013] und [Wächter/Christ 2016)]. Stichprobe, Methodik und Durchführung der Umfrage Die Umfrage bestand aus insgesamt 38 Fragen (8 Fragen in der Dimension Grundsatz, 5 Fragen in der Dimension Betroffenheit, 24 Fragen in der Dimension Methodik und einer Zusatzfrage zu wesentlichen Kritikpunkten). Grundsätzlich wurden geschlossene Multiple-Choice-Formate mit Einfach- oder Mehrfachauswahl und ggf. Freitextfeldern für abweichende Antworten gewählt. Lediglich die Zusatzfrage wurde offen gestellt. Einige Fragen forderten zur Angabe von Zahlenwerten auf. Die Items standen in logischer Reihenfolge und wurden nach Relevanz für Institute im Core Approach und im Simplified Approach ggf. unterschieden. Der Fragebogen und seine Interpretation wurden vorab mit zwei Instituten erprobt und eine eindeutige Interpretation sichergestellt. Der vollständige Fragebogen wird aus Platzgründen nicht reproduziert und kann bei Martina Brück, Hochschule Koblenz, angefragt werden. Die Erhebung erfolgte im Zeitraum Dezember 2015 bis Januar 2016 in Form einer anonymen Online-Umfrage in direkter Ansprache der relevanten Ansprechpartner. Sie wurde an 18 EZB-beaufsichtigten Institutsgruppen in Deutschland und Österreich vorgenommen und mit einer Rückläuferquote von rund 75 Prozent abgeschlossen (13 Institute, hiervon neun im Core Approach, drei im Simplified Approach und eins ohne relevante Positionen beziehungsweise sechs in der Kategorie „large“, sechs in der Kategorie „medium“ und eins in der Kategorie „small“ im Sinn der EBA-QIS [EBA 2015, S. 44 ff]). Qualität und Widerspruchsfreiheit der Antworten waren hervorragend.

Marktrisiko 27 Von acht der Institutsgruppen war bereits eine nationale Vorgängerregelung zur Prudent Valuation (in Deutschland bspw. BaFin Rundschreiben 13/2011) umgesetzt worden. Dimension „Grundsatz“ Die in Abb. 01 gezeigte Frage nach den aus der Prudent Valuation ausgeschlossenen Positionen ergibt ein differenziertes Bild. In Summe jedoch werden alle Öffnungsklauseln der delegierten Verordnung [EC 2015, Erwägungsgrund 3] in unterschiedlichem Maße genutzt. Zu bemerken sind zwei Institute, die keinerlei Vorabausschlüsse vornehmen. Als sonstige Ausschlussgründe werden neben einem generellen Abstellen auf den Simplified Approach, die Bilanzierung von Positionen zu fortgeführten Anschaffungskosten sowie die Anwendung der Prudential-Filters gemäß CRR (Artikel 33f) genannt. Die im Rahmen der Prudent Valuation ermittelten zusätzlichen Bewertungsanpassungen (Additional Valuation Adjustments - AVAs) gehen bei der Mehrzahl der Institute nicht in anderweitige regulatorische Kennzahlen oder operative Prozesse ein (siehe Abb. 02). So nutzen nur zwei Institute die AVAs zu einer Reduzierung von Risikopositionen (KSA) beziehungsweise Kapitalabzugsposten (IRBA) [vgl. CRR 2013, Art. 111 und Art. 159 und Wächter/Christ 2016], während nur ein Institut sie in der Großkreditmeldung berücksichtigt. Keines der befragten Institute verwendet die AVAs für Limitierung oder Konditionierung von Handelsaktivitäten oder für Steuerungszwecke auf Portfolio-, Geschäfts- oder Deskebene. Ihre Vorbereitung auf die Anforderungen der delegierten Verordnung [EC 2015] zur Prudent Valuation schätzen alle Institute im Simplified Approach, jedoch nur ein Drittel der Institute im Core Approach als ausreichend ein. Die Institute sehen insbesondere auch Handlungsbedarf in der Umsetzung der im Artikel 19 der delegierten Verordnung erörterten Governance Aspekte [siehe auch Wächter/Christ 2016]. Der zu nutzenden Datenbasis wird ein zentraler Artikel in der delegierten Verordnung gewidmet [EC 2015, Art. 2]. In Sum- me schöpfen die Institute den dort gegebenen Rahmen für die Datenbasis der Prudent Valuation vollständig aus, wobei Börsendaten und Counterparty Collateral Valuations dominieren. Consensus Pricing Services (beispielsweise für die Bewertung komplexer Derivate) werden nur in geringem Umfang genutzt (siehe Abb. 03). Als weitere Quellen („Sonstiges“) wurden der Interbankenmarkt sowie von Drittparteien bereitgestellte Modellbewertungen genannt. Nahezu alle Institute haben ihren Datenhaushalt im Zuge der Umsetzung Abb. 01 Abb. 02 0 0 0 1 Frage: „Welche Positionen schließen Sie aus der Prudent Valuation aus?“ (13 Institute, Mehrfachnennungen möglich) 1 2 2 2 2 3 3 Nennungen 0 1 2 3 Nennungen 4 5 6 7 8 9 4 der Prudent Valuation deutlich erweitert, vgl. Abschnitt Dimension „Methodik“. Dimension „Betroffenheit“ Die Höhe der Gesamt-AVAs wird üblicherweise in Relation zur unsaldierten Summe der zeitwertbilanzierten Aktiva und Passiva dargestellt [siehe beispielsweise EBA 2015]. Die befragten Institute wiesen in dieser Maßzahl im Mittel einen Gesamt-AVA von 0,85 Prozent auf, beziehungsweise-bereinigt um einen Ausreißer in Höhe von 0,26 Pro- 8 6 Sonstiges AFS nach Prudential Filters AFS vollständig ökon. Hedges (außerhalb des Hedge Acct) Hedge Acct. (skaliert nach Hedge-Effizienz) Hedge Acct. vollständig Alle Verbindlichkeiten Frage: „Nutzen Sie die Prudent Valuation (die additional valuation adjustments, AVAs) ausschließlich für die Berechnung des vorgeschriebenen Kernkapitalabschlags?“ (13 Institute, Mehrfachnennungen möglich) Nur Abschlag berechnet. AVAs auch zur Bestimmung der Risikopositionen nach KSA/IRBA genutzt. AVAs gehen in die Großkreditlimite ein. AVAs werden mit einem eigenen Risikoappetit belegt und limitiert. AVAs gehen explizit in die Konditionierung von Geschäften ein. AVAs heruntergebrochen und gesteuert für einzelne Geschäfte/Portfolien/Desks. Sonstiges

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