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RISIKO MANAGER 06.2019

RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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30 RISIKO MANAGER 06|2019 Der erste Blick Ist eine Anwendung dann schließlich vorhanden und sind die Liefersysteme angebunden, eröffnet sich der Blick in die Innertageswelt. Allerdings hat der erste Blick auf den innertägigen Saldoverlauf auf Korrespondenzbankkonten das Potenzial, unangenehm zu sein. Denn auch, wenn sich die fälligen Verbindlichkeiten und fälligen Forderungen eines Tages gegenseitig aufheben, wäre es ein außerordentlicher Zufall, wenn sich die damit verbundenen Zahlungen gleichmäßig über den Tag verteilten. Eher ist es so, dass entweder Ausgänge tendenziell zeitlich vor den Eingängen liegen und der Saldo zwischendurch deutlich ins Minus rutscht. Oder umgekehrt die Eingänge tendenziell vor den Ausgängen liegen und der Saldo deutlich ins Plus rutscht. Wenn Minus- Stände nur aufgrund von unverbindlichen, nicht zugesagten Kreditlinien möglich sind, bedeutet das nichts anderes, als dass die Ausführung der eigenen Zahlungen im Ermessen der Korrespondenzbank liegt. Die naheliegende Idee, solche unverbindlichen Kreditlinien gegen einen Obolus in eine verbindlich zugesagte Linie umzuwandeln, weicht schnell der bitteren Erkenntnis, dass dies – zumindest im angelsächsischen Raum – von keiner Korrespondenzbank angeboten wird. Risiko fürs Risikomanagement Damit ist das Risikomanagement in der misslichen Situation, dass die Höhe der verfügbaren Liquidität – und damit auch das Innertagesliquiditätsrisiko – im Wesentlichen von der guten Beziehung der Steuerungseinheiten mit der jeweiligen Korrespondenzbank abhängen. Dies führt zurück zu einer der Eingangsfragen, ob es ein Problem ist, sich auf unverbindliche Kreditlinien für die Ausführung von Zahlungen zu verlassen. In normalen Zeiten wird die Antwort darauf vermutlich eine andere sein als in Krisenzeiten, wenn die Liquidität knapper und das Misstrauen zwischen Banken größer wird. Geht man davon aus, dass in Krisenzeiten alle unverbindlichen Kreditlinien gestrichen werden, gelangt man zur nächsten der Eingangsfragen: Ist es ein Problem, wenn Zahlungen nicht direkt ausgeführt werden können, sondern erst am Tagesende? Die Antwort hier ist allerdings nicht ja oder nein. Vielmehr geht es darum zu identifizieren, für welche Zahlungen dies ein Problem ist und für welche nicht. Ein wichtiger Fokus der Monitoring Tools ist daher auch die Identifikation der zeitspezifischen und anderweitig kritischen Zahlungen – also jener Zahlungen, die nach Markt-Usancen vor einem bestimmten Zeitpunkt am Tag ausgeführt werden müssen (z. B. CLS-payins vor 12 Uhr MEZ). Das Ausbleiben solcher Zahlungen kann bei anderen Marktteilnehmern zu dem Eindruck führen, die entsprechende Bank sei in Liquiditätsnöten. Infolgedessen könnten sie selbst Zahlungen an diese Bank zurückhalten und den Liquiditätsengpass vergrößern. Das gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Bank initial tatsächlich in Liquiditätsnöten war. Die Liquidität muss also innertägig zu bestimmten Zeitpunkten für bestimmte Zahlungen verfügbar sein. Die entgegengesetzte Situation, dass die Eingänge vor den Ausgängen liegen und sich ein hoher positiver Saldo aufbaut, führt zur letzten der Eingangsfragen: Ist es ein Problem, wenn sich innertägig ein Überschuss an Liquidität bei einer Korrespondenzbank ansammelt? Aus Sicht des Liquiditätsrisikos sicherlich nicht. Alle Zahlungen – ob zeitspezifisch oder nicht – können jederzeit ausgeführt werden, und man ist nicht auf das Ermessen der Korrespondenzbank angewiesen. Andererseits entspricht ein hoher positiver Saldo einer großen Forderung gegenüber der Korrespondenzbank, an der ein entsprechend hohes Kreditrisiko hängt. Ist der Saldo bis zum Tagesende wieder abgebaut, schlummert hier ein innertägiges Kreditrisiko, das sich in den üblichen Betrachtungen nicht widerspiegelt. Diese Konstellation tritt in der aktuellen Liquiditätssituation zum Beispiel dann auf, wenn für die überschüssige Liquidität in einer Fremdwährung am Tagesende eine weitestgehend kreditrisikolose Over Night Facility der entsprechenden Zentralbank genutzt wird, während die Liquidität innertägig auf dem Konto bei einer Korrespondenzbank in der entsprechenden Währung liegt. Betritt man die Innertageswelt, scheint man nur die Wahl zwischen einem innertägigen Liquiditätsrisiko oder einem innertägigen Kreditrisiko zu haben – einem Thema, dem die Aufsicht bislang noch keine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Fazit Die Betrachtung der innertägigen Liquidität ist ein spannendes und für die meisten Institute neues Gebiet und wird von der Aufsicht zunehmend erwartet. Die Erfüllung von BCBS 248 ist hierbei das Eingangstor. Welche Schlüsse und Konsequenzen aus den gewonnenen, durchaus interessanten Erkenntnissen zu ziehen sind, sollte sowohl Banken als auch die Aufsicht in den kommenden Jahren beschäftigen. Autoren Dr. David Lamouroux ist Senior Consultant bei der Basycon Unternehmensberatung GmbH und aktuell als Projektleiter eines BCBS 248-Projekts bei einer deutschen Großbank tätig. Der promovierte Physiker ist auf regulatorische und aufsichtliche Projekte im Risikocontrolling von Banken spezialisiert. Stefan Mainz ist Partner im gleichen Unternehmen. Der studierte Informatiker ist seit über 20 Jahren in der Managementberatung tätig und begleitet Banken und Großunternehmen bei der Digitalisierung ihrer Prozesse und der Einführung komplexer Softwaresysteme.

ERM 31 FDL-Geschäfte mit der Schweiz Das kommende Jahr bringt umfassende Änderungen Deutsche Finanzdienstleister, die mit ihren Produkten auf dem eidgenössischen Markt agieren, müssen durch das neue Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz künftig eine ganze Reihe neuer bzw. weiterer Pflichten beachten. Unser Autor liefert einen detaillierten Ausblick auf die anstehenden Änderungen. Die Erbringung von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen durch Deutsche Finanzdienstleister sowie die Erstellung von Finanzinstrumenten für den Schweizer Markt wird durch das neue Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz umfassend neu geregelt. Das kurz als FidleG bezeichnete Gesetz wird voraussichtlich am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Zu den neuen Pflichten gehören Informations-, Dokumentations-, Verhaltens-, Interessens- sowie Organisationspflichten, aber auch die Pflicht zur Eintragung ins Beraterregister der beteiligten Kundenberater und zum Anschluss an die Schweizer Ombudsstelle für Finanzdienstleister. Wer ist betroffen? Auch für deutsche Finanzdienstleister wird das neue Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz (FidleG) wesentliche Änderungen bringen, ebenso für die Ersteller von Finanzinstrumenten. Betroffen sind grundsätzlich alle Finanzdienstleister, die für Schweizer Kunden Finanzinstrumente erwerben oder veräußern bzw. vertreiben, Aufträge bezüglich Finanzinstrumenten annehmen oder übermitteln, Vermögensverwaltung oder Vermögensberatungsdienstleistungen erbringen sowie Kredite für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten gewähren. Andere Kreditgeschäfte sind grundsätzlich nicht betroffen. Der Anwendungsbereich des FidleG erfasst demnach weniger Aktivitäten als unter MiFID II vorgesehen. So sind die Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Kapitalstrukturierung, der branchenspezifischen Strategie und damit zusammenhängenden Fragen sowie die Beratung und Dienstleistungen bei Unternehmensfusionen und -aufkäufen grundsätzlich auch nicht betroffen. Das Universum der betroffenen Finanzinstrumente, auf die sich die Finanzdienstleistungen beziehen, deckt im Wesentlichen die Finanzinstrumente unter MiFID II ab. Schweizer Kunden werden in Privatkunden, professionelle Kunden und institutionelle Kunden unterteilt. Die Kunden können die Kundenkategorie auf Wunsch wechseln. Bereits bloße Marketingmaßnahmen gegenüber potenziellen Kunden in der Schweiz, d. h. ohne bereits einen Kundenvertrag abgeschlossen zu haben, werden die Pflichten unter dem FidleG auslösen. Anwendbare Pflichten für Kundenberater und Finanzdienstleister Die anwendbaren Pflichten sind im Kern dieselben wie diejenigen unter MiFID II. Es bestehen jedoch wichtige Abweichungen. Der Standard der Finanzmarktrichtlinie erfüllt bezüglich einigen Pflichten

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