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RISIKO MANAGER 06.2019

RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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10 RISIKO MANAGER 06|2019 CRR II/CRD V Proportionalität Die Proportionalität ist ein wichtiger Bestandteil der Bestimmung der institutsindividuellen Auswirkungen regulatorischer Anforderungen. Waren in der Vergangenheit häufig Regelungen zur Proportionalität verstreut in Einzelkapiteln zu finden, so bemühen sich die publizierenden Standardsetter wie der Baseler Ausschuss, die EBA und die BaFin vermehrt darum, das Thema beispielsweise durch ein einleitendes Kapitel zu den Standards zentral zu behandeln. Im März 2019 veröffentlichte das Baseler Komitee ein Papier zum Thema Proportionalität (Proportionality in bank regulation and supervision - a survey on current practices, BCBS 460), das zum Anlass genommen wird, den aktuellen Sachstand, auch im Hinblick auf die CRR II/CRD V, darzulegen. Es ist unstrittig, dass ein gutes Risikomanagement sowohl für den einzelnen Marktteilnehmer als auch für die Finanzmärkte insgesamt von essenzieller Bedeutung ist. Ebenso unstrittig sind die enormen Aufwände, welche durch die prozessuale Umsetzung und Einhaltung der regulatorischen Vorschriften im Risikomanagement zu leisten sind. Abkehr vom „One-Size-Fits-All“- Ansatz Das Proportionalitätsprinzip kann einen Beitrag leisten, um den bei der Umsetzung und Einhaltung der regulatorischen Vorschriften entstehenden Aufwand so gering wie möglich und doch so hoch wie nötig zu halten. Die Idee ist klar: Eine lokale Sparkasse oder regionale Genossenschaftsbank kann nicht mit den gleichen Anforderungen konfrontiert sein, wie ein international tätiges Großinstitut. Ohne die Berücksichtigung der Proportionalität würden insbesondere die kleineren Institute mit einem in der Regel risikoarmen Geschäftsmodell unverhältnismäßig stark belastet, was wiederum mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen einhergehen kann. Vor diesem Hintergrund wird von diversen Verbänden wie dem Bundesverband deutscher Banken, dem Genossenschaftsverband Bayern und dem Sparkassenverband Bayern schon seit dem Jahr 2016 in verschiedenen Positionspapieren eine entsprechende Anpassung der bestehenden Vorschriften und eine Abkehr von dem bisherigen „One-Size-Fits-All“-Gedanken gefordert. Die zunehmende Komplexität der regulatorischen Vorschriften stellt vor allem kleinere Institute ohnehin vor große Herausforderungen bei der Implementierung (vgl. Abb. 01). Auch die von den zuständigen Aufsichtsbehörden bestellten Prüfer sollen im Rahmen der aufsichtlichen Prüfungshandlungen (Umfang und Frequenz der Prüfungen) die Proportionalität / Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Die begrenzten Ressourcen der Aufsichtsbehörden müssen effizient genutzt werden, um einen möglichst hohen Abdeckungsgrad zu erreichen. Dies wäre nicht möglich, wenn die Prüfer jedes Institut mit gleichem Aufwand behandeln würden. Bei der Umsetzung des Proportionalitätsgedankens ist zu beachten, dass die Erreichung des weiteren Ziels, der Vergleichbarkeit der Ergebnisse, durch notwendige Erleichterungen zur Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit beeinflusst werden kann und diese beiden Ziele teilweise konkurrieren können. Zwischen der Komplexität der regulatorischen Re-

Regulierung 11 Abb. 01 Von den „One Size Fits All“-Regelungen zur Proportionalität Zunehmend komplexe „One Size Fits All“- Regelungen Große, international tätige Institute Mittlere Institute Kleine Institute Verhältnismäßig zunehmende Belastung und Wettbewerbsnachteil Proportionalität der aufsichtlichen Regelungen Vermeidung / Verminderung durch Proportionalität der aufsichtlichen Prüfungen gelungen, der Proportionalität und der Vergleichbarkeit besteht ein komplexes Spannungsverhältnis, das in Abb. 02 veranschaulicht wird. Das „Maßschneidern“ der regulatorischen Anforderungen erfolgt – neben der expliziten Aufnahme von Regelungen zu erleichterten Anforderungen in die regulatorischen Vorgaben – auch durch Auslegung und Kommunikation im Rahmen des SREP. Bei der Durchführung der aufsichtlichen Überprüfungsprozesse spielt Subjektivität bis zu einem gewissen Grad eine Rolle, da kein Regelwerk jede Möglichkeit für eine Auslegung abdecken kann und will. Regeln, Leitlinien und Anhaltspunkte für die Proportionalität tragen zu einer Verringerung von subjektiven Einflüssen und Wettbewerbsverzerrungen bei und leisten so einen Beitrag zu einer Professionalisierung des gesamten Risikomanagementprozesses (vgl. Abb. 03). Auswirkungen der Proportionalität Im Rahmen des vorliegenden Dokuments wird Proportionalität im Sinn von Verhältnismäßigkeit definiert. Demnach bedeutet eine proportionale Regulierung, dass sich die regulatorischen Anforderungen sowohl an den eingegangenen Risiken als auch am Umfang / der Größe sowie der Komplexität des jeweiligen Instituts orientieren. Dabei sind alle Faktoren mit Auswirkungen auf die Anforderungen an Kreditinstitute im Abb. 02 Spannungsverhältnis zwischen Komplexität – Proportionalität – Vergleichbarkeit Proportionalität schränkt ein regulatorischen Kontext zu berücksichtigen. Die wesentlichen Dimensionen und Auswirkungsgruppen der Proportionalität können Abb. 04 entnommen werden. In der Abbildung finden sich wesentliche Elemente der drei Säulen des Baseler Rahmenwerks wieder. Die Regelungen aus Säule 1 zur Ermittlung der Kapitalanforderungen in Abhängigkeit der eingegangenen Risiken sowie erweiterten Anforderungen für systemrelevante Institute beinhalten dabei bereits das Proportionalitätsprinzip. Bei den Regelungen aus Säule 2 und 3 ist dies bislang nur teilweise der Fall. Vergleichbarkeit schränkt ein schränkt ein Komplexität Proportionalität im engeren Sinn betrifft das Meldewesen, die Offenlegung sowie Aspekte der konkreten Regelanwendung, also die Frage ob und inwieweit eine regulatorische Anforderung erfüllt werden muss. Hier spielen auch prozessuale Anpassungsnotwendigkeiten eine wesentliche Rolle. Im weiteren Sinn umfasst die im Rahmen des vorliegenden Dokuments betrachtete Proportionalität auch Fragestellungen, die durch eine institutsindividuelle Behandlung durch die Aufsicht ausgelöst werden.

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