16 RISIKO MANAGER 04|2016 gehend) standardisierten Kriterienkatalogs auf quantitativer Basis, da Risiko und Bonität regional – auf deutscher und insbesondere auf europäischer Ebene – sehr unterschiedlich bewertet werden. Sollte das BCBS bzw. die Europäische Kommission diesbezüglich keine (gesetzliche) Hilfestellung leisten, ist es wahrscheinlich, dass die institutsinterne Due- Diligence-Prüfung zwar formal durchgeführt wird, sich jedoch materiell an dem durch das externe Rating errechneten jeweiligen Basisgewicht im Nachhinein nichts verändern und selbiges, d. h. das externe Rating weiterhin faktisch in mechanischer Weise übernommen werden würde, da es der Großzahl an (vor allem kleinen und mittleren) Instituten an den notwendigen Ressourcen mangelt, ein externes Rating, bzw. die zugrunde liegende und zu bewertende Position inhaltlich adäquat und angemessen überprüfen zu können – und erst recht nicht eine mit dem IRB-Ansatz vergleichbare Prüfung, wie durch das zweite Konsultationspapier aufsichtsrechtlich eigentlich vorgesehen. Problematik 2: Bewertung der durch Immobilien besicherten Risikopositionen Grundsätzlich ist bei durch Immobilien besicherten Risikopositionen zwischen Realkrediten zu wohnwirtschaftlichen Zwecken und gewerblichen Realkrediten zu unterscheiden. Die Verwendung von externen Ratings ist in dieser Forderungsklasse nicht vorgesehen. Die Zuordnung der Risikogewichte bei wohnwirtschaftlichen Realkrediten, die vollständig durch entsprechende Grundpfandrechte an einer Immobilie besichert sind – sowie analog auch bei durch Grundpfandrechte auf gewerbliche Immobilien vollständig besicherten Risikopositionen – soll künftig allein auf Grundlage der Loan-to-Value- Quote (LTV) vorgenommen werden. Zu den gewerblichen Realkrediten zählen neben den mit Grundpfandrechten an Gewerbeimmobilien besicherten Krediten auch Kredite, die mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken besichert sind. Auch für diese Positionen wird allein auf die LTV-Quote abgestellt. Ein Novum im Vergleich zu dem derzeit geltenden KSA ist die ausdrückliche Berücksichtigung von Spezialfinanzierungen im Sinne von ADC-Krediten (Land Acquisition, Development and Construction). Für eine derartige Spezialfinanzierung ist ein pauschales Risikogewicht in Höhe von 150 Prozent zu verwenden. Behandlungsweise von Spezialfinanzierungen Bei der Behandlung von Spezialfinanzierungen (Specialised Lending) ist zu klären, welche Bedeutung die bereits in Art. 147 Abs. 8 CRR für den IRB-Ansatz bestehende Definition der Spezialfinanzierung im Hinblick darauf hat, dass Art. 147 Abs. 8 CRR zusätzliche tatbestandliche Voraussetzungen vorsieht, damit eine Spezialfinanzierung überhaupt vorliegt. Eine konservative Behandlung erfahren solche durch Immobilien besicherten Forderungen, bei denen die Begleichung von den Cashflows aus den finanzierten und an den Kreditgeber verpfändeten oder abgetretenen Objekten abhängt (Spezialfinanzierung). Für Spezialfinanzierungen im Sinne von ADC-Krediten (d. h. Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicle, SPV)) ist gleichfalls ein konservatives Risikogewicht vorgesehen. ADC-Forderungen erhielten demnach ein Risikogewicht von pauschal 150 Prozent. Dieser Kategorie unterfallen Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften, die den Grundstückserwerb, die Entwicklung und den Bau von Wohn- oder Gewerbeimmobilien finanzieren, bei denen die Quelle zur Rückzahlung zum Zeitpunkt der Finanzierung entweder der zukünftige unsichere Verkauf des Objekts oder zukünftige Zahlungen sind, die aus sehr unsicheren Quellen stammen. ADC-Forderungen enthielten gleichfalls Kredite an Unternehmen oder Einzelpersonen, die den Erwerb von fertigen Immobilien finanzieren, bei welchen die Rückzahlung des Darlehens von dem zukünftigen unsicheren Verkauf des Objekts abhängt. Nunmehr ist fraglich, ob sich die Anforderungen an Spezialfinanzierungen bei Immobilien schon bereits darin erschöpfen, dass die Begleichung der Forderung von den Cashflows aus den finanzierten und an den Kreditgeber verpfändeten oder abgetretenen Objekten abhängt – wie als einzige Voraussetzung im Konsultationspapier genannt – oder aber die Voraussetzungen des Konsultationspapiers über Spezialfinanzierungen bei Unternehmensforderungen bzw. die des Art. 147 Abs. 8 CRR Anwendung finden und demnach zusätzliche tatbestandliche Voraussetzungen bei Immobilien-Spezialfinanzierungen erfüllt sein müssen; insbesondere dem Kreditgeber ein erheblicher Einfluss auf die betreffenden Vermögenswerte und die durch diese erzielten Einkünfte eröffnet sein muss [vgl. BGH-Entscheidung zum atypischen Pfandgläubiger, BGH, Urteil vom 13.07.1992 – II ZR 251/91 = NJW 1992, 3035 = BGHZ 119, 191 = DB 1992, 2026 = GmbHR 1992, 656]. Ein weiterer Reibungspunkt wäre zudem die Anforderung, dass die Forderung in der Regel gegenüber einer Gesellschaft besteht, die ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden ist, Sachwerte zu finanzieren und/ oder zu betreiben, da hingegen Spezialfinanzierungen im Sinne von ADC-Krediten im Rahmen des Konsultationspapiers „Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften“ vorsehen, d. h. nicht ausschließlich an SPVs. Non-recourse-financing Gleichfalls zu thematisieren ist die Behandlung von strukturierten Projektfinanzierungen im Sinne eines Non-recourse-financing über eine Leasingobjektgesellschaft. Bei solchen Strukturen gewährt üblicherweise das finanzierende Institut der Leasingobjektgesellschaft ein Darlehen, das als Sicherheiten neben einer Grundschuld auch die Leasingforderungen gegenüber dem Leasingnehmer von der Leasingobjektgesellschaft abgetreten bekommt. Das Darlehen selbst hat eine sogenannte Non-Recourse-Klausel, wonach die Haftung der Leasingobjektgesellschaft auf ihr freies Vermögen beschränkt ist. Diese Vereinbarung führt wirtschaftlich dazu, dass das finanzierende Institut einzig und allein dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers ausgesetzt ist. Die vertraglichen Vereinbarungen verschaffen dem finanzierenden Institut üblicherweise
Kreditrisiko 17 keinen erheblichen Einfluss auf das Leasingobjekt und die durch diese erzielten Einkünfte. Nach dem zweiten Konsultationspapier des BCBS würde dies formal bedeuten, dass in einem solchen Fall aus Sicht des finanzierenden Instituts die Rückzahlung des Darlehens von den Zahlungsströmen des Leasingobjekts und den Leasingraten abhängig wäre. Folglich würde dies im Fall der Finanzierung eines Grundstückserwerbs oder der Entwicklung und Bau von Wohn- und/oder Gewerbeimmobilien automatisch zu einem Risikogewicht von 150 Prozent führen, unabhängig von der eigentlichen Bonität des Leasingnehmers. Dies könnte wiederum dazu führen, dass eine immobilienbesicherte Forderung gegenüber einer Leasingobjektgesellschaft mit einem pauschalen Risikogewicht von 150 Prozent berücksichtigt werden würde, eine direkte unbesicherte Forderung gegenüber dem Leasingnehmer ohne (externes) Rating jedoch mit nur 100 Prozent zu gewichten wäre. Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund der gewünschten Risikosensitivität zumindest fragwürdig, da wirtschaftlich das finanzierende Institut ausschließlich das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers trägt und daher eigentlich auf das Kreditausfallrisiko des Leasinggebers abzustellen wäre. Fazit Inwieweit die nun vorgeschlagenen Regelungen gegenüber dem ersten Konsultationspapier zu deutlich unterschiedlichen Kapitalbelastungen führen werden, hängt im Einzelfall von der institutsindividuellen Aufstellung ab. Grundsätzlich lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage über die zukünftige Gesamtbelastung treffen, da ein komplettiertes Bild des KSA vor allem aufgrund der immer noch nicht vollständig abgebildeten Forderungspositionen (vor allem die Forderungsklasse der Staaten) im Aufsichtsregime bisweilen nicht greifbar ist. Die Großzahl der europäischen Institute hat in den letzten Jahren die eigene Widerstandsfähigkeit durch die Stärkung des harten Kernkapitals erhöht. Dabei verlangt die fortschreitende Regulierung den Instituten erhebliche Anstrengungen ab, auch und gerade wegen des aktuell schwierigen (Niedrigzins-) Umfelds. Die geplanten Floors drohen die aufsichtlichen Kapitalanforderungen nun um über 50 Prozent bzw. 500 Mrd. ¤ zu erhöhen, wobei sie die Risikosensitivität einschränken und die Fehlallokation von Kapital befördern können [Pressegespräch des Bankenverbands, 25.1.2016]. Basel IV könnte manche Institute dementsprechend überfordern. In Anbetracht der im Rahmen des ECRA und der damit einhergehenden (Wieder-) Verwendung externer Ratings im Nachgang zu erfolgenden institutsinternen Due- Diligence-Prüfung liegen von aufsichtlicher Seite bisweilen keine expliziten Ansätze vor, welche die Durchführung einer solchen praxistauglich regelten. Ob und inwieweit eine solche nachfolgende institutseigene Überprüfung externer Ratings ähnlich dem IRB-Ansatz hinsichtlich der hier aufgeworfenen Fragen überhaupt substanzielle Auswirkungen auf die zu bestimmende (Basis-) Risikoposition hat, bleibt insoweit fraglich. Auch im Bereich Real Estate sind die neuen Anforderungen des zweiten Konsultationspapiers noch nicht konsistent. Vor allem die Behandlung von Spezialfinanzierungen und im Besonderen von Non-recourse-financing bedarf weiterer Adjustierung, um zu vermeiden, dass die formale Kategorisierung und das wirtschaftliche Risiko auseinanderfallen. Quellenverzeichnis sowie weiterführende Literaturhinweise BCBS, Consultative Document, Revisions to the Standardised Approach for credit risk, 22.12.2014. BCBS, Second consultative document, Revisions to the Standardised Approach for credit risk, 10.12.2015. BCBS, Consultative Document, Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches, 22.12.2014. Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen, ABl. EU L 146, 31.5.2013 (CRA III). Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/ EG und 2006/49/EG, ABl. EU L 176/338, 27.6.2013 (CRD IV). Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU L 176/1, 27.6.2013. EBA/DP/2015/01, Future of the IRB Approach, 4.3.2015. Deutsche Bundesbank, Merkblatt zur Zulassung zum IRB-Ansatz, 1.4.2007. Deutsche Bundesbank, Merkblatt zu Änderungen von IR- BA-Systemen und anderen kreditnehmerbezogenen internen Risikomessverfahren, 19.12.2008. Bankenverband, Die Vollendung von Basel III oder schon Basel IV? Pressegespräch des Bankenverbands, 25.1.2016. European Parliament, Economic and Monetary Affairs/ Deipenbrock, Credit Rating Agencies: Implementation of Legislation, After CRA III – Achievements and Challenges from the Legal Perspective. Schulte-Mattler/Affeld, RISIKO MANAGER 2.2016, 12. Schulte-Mattler/Affeld, die bank 2.2016, 9. Adkins/Buemi/Mitropoulos, ZfgK 2015, 545. Bauerfeind, WM 2015, 1743. Di Prima/Bauerfeind, ZfgK 2015, 536. Baule/Tallau, ZfgK 2015, 132. Pierschel, BaFin Journal, April 2015. Meeh-Bunse/Hermeling/Schomaker, die bank 1.2014, 18. Bauer, BB 2013, 363. Arntz, ZBB 2013, 318. Witte/Henke, DB 2013, 2257. Cortez/Schön, ZfgK 2010, 226. Daníelsson/Embrechts/Goodhart/Keating/Muennich/ Renault/Shin, LSE Financial Markets Group, Special Paper Series, Nr. 130, Mai 2001. BGH, Urteil vom 13.07.1992 – II ZR 251/91 = NJW 1992, 3035 = BGHZ 119, 191 = DB 1992, 2026 = GmbHR 1992, 656. Autoren Pascal di Prima, Partner (Bankaufsichtsrecht), Simmons & Simmons LLP. Tobias Bauerfeind, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Simmons & Simmons LLP, Doktorand der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
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