6 RISIKO MANAGER 03|2017 strenge Anforderungen wie bei Anwendung der BelWertV zu erfüllen sind. Nachfolgende Herausforderungen, unterschieden nach organisatorischen und prozessualen Sachverhalten, stellen sich bei der Realkreditproduktion: Organisatorische Herausforderungen: »» Qualifikation der Gutachter »» Organisatorische Ansiedlung der Gutachter »» Führung und Steuerung der Gutachter Prozessuale Herausforderungen: »» Beleihungswertermittlung im Rahmen der Neugeschäftsbearbeitung »» Beschaffung der notwendigen Unterlagen und Informationen zum Beleihungsobjekt »» Besichtigung des Beleihungsobjekts Organisatorische Herausforderungen Qualifikation der Gutachter Die BelWertV bestimmt in § 5, dass der Beleihungswert mittels eines Gutachtens zu ermitteln ist und nennt in § 6 allgemeine Anforderungen an die Qualifikation des Gutachters. Unter anderem muss dieser über “… die zur Erstellung von Beleihungswertgutachten notwendigen Kenntnisse …“ verfügen (§6 Abs. 1 Satz 2 BelWertV). Eine entsprechende Qualifikation wird bei Personen unterstellt, „… die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wert ermittlung von Immobilien bestellt oder zertifiziert worden sind …“ (§6 Abs. 1 Satz 1 BelWertV). Wobei es sich hier um keine abschließende Aufzählung handelt. Ausnahmen von dieser Qualifikationsanforderung sind gemäß § 24 BelWertV nur bei wohnwirtschaftlichen Objekten mit einer Belastung von maximal 400.000 € (Kleindarlehensgrenze) möglich (§24 Abs. 1 BelWertV). Die Qualifikationsanforderung ist hier mit der Formulierung „Die Person, die … die Wertermittlung durchführt und erstellt, muss für die Beleihungswertermittlung der dort genannten Objekte ausreichend geschult und qualifiziert sein.“ deutlich weiter gefasst (§24 Abs. 2 Bel- WertV). In der Praxis stellt sich regelmäßig die Frage der korrekten Auslegung dieser Anforderungen. Bei großen Gewerbeobjekten sowie bei Betreiber- und Spezialimmobilien werden häufig nur Gutachter für die Gutachtenerstellung herangezogen, die in enger Auslegung der BelWertV entsprechend der dort genannten DIN (beispielsweise durch eine Zertifizierung gemäß CIS Hyp- Zert) qualifiziert sind. Bei Wohnimmobilien (EFH, MFH, etc.) und bei kleineren Gewerbeobjekten ist in der Praxis jedoch eine sehr uneinheitliche Vorgehensweise vorzufinden. Auch im Rahmen von internen und externen Prüfungshandlungen ist keine einheitliche Sichtweise erkennbar. Auf der einen Seite gibt es in der Praxis sehr enge Auslegungen der BelWertV, mit der Folge, dass auch bei den zuletzt genannten Objektkategorien gemäß § 6 Bel- WertV qualifizierte Gutachter eingesetzt werden. Aber auch erweiterte Auslegungen der Verordnung sind zu beobachten. Zur zweiten Ausprägung zählt beispielsweise die einfache „Benennung“ zum Gutachter, aufgrund vorliegender Berufserfahrung, im Rahmen einer Beschlussfassung der Geschäftsleitung ohne entsprechende Zertifizierungsmaßnahmen / -nachweise. Diese Vorgehensweise ist jedoch eher kritisch einzustufen. Eine Qualifikation der Gutachter in enger Auslegung der BelWertV (beispielweise durch eine Zertifizierung gemäß CIS Hyp- Zert) sollte bei: »» komplexen wohnwirtschaftlichen Renditeimmobilien (≤ 1⁄3 gewerblicher Rohertragsanteil; Verkehrswert z. B. > 3,0 Mio. €) »» Gewerbeobjekten (> 1⁄3 gewerblicher Rohertragsanteil) »» Management- und Betreiberimmobilien »» Spezialimmobilien sichergestellt sein. Bei: »» einfachen wohnwirtschaftlichen Renditeimmobilien (≤ 1⁄3 gewerblicher Rohertragsanteil; Verkehrswert z. B. ≤ 3,0 Mio. €) »» Objekten innerhalb der Kleindarlehensgrenze sollte mindestens eine Qualifizierung durch entsprechende Fachseminare (möglichst inkl. Zertifizierung) öffentlicher oder privater Bildungseinrichtungen, mit klarem Schwerpunkt auf die zu bewertenden Objektkategorien, erfolgen. Organisatorische Ansiedlung der Gutachter Auch an die organisatorische Ansiedlung der Gutachter setzt die BelWertV in § 7 besondere Anforderungen. So soll insbesondere bei angestellten Gutachtern eine maximale Unabhängigkeit und damit Unvoreingenommenheit bei der Wertermittlung erreicht werden. Folgende drei Varianten kommen dabei gemäß § 7 Abs. 2 BelWertV in Frage: 1. Gutachter sind gemäß Aufbauorganisation nur der Geschäftsleitung zugeordnet. 2. Gutachter sind ausschließlich Teil einer Einheit, die direkt der Geschäftsleitung unterstellt ist. 3. Gutachter sind organisatorisch bis auf die Ebene der Geschäftsleitung einem Bereich zugeordnet, in dem keine Immobilienkreditgeschäfte angebahnt oder zum Gegenstand eines einzelnen Votums gemacht werden. Auch hier sind in der Praxis sehr unterschiedliche Auslegungen der Anforderungen zu beobachten. Insbesondere in kleineren Instituten – mit nur einem oder wenigen Gutachtern – ist häufig eine Ansiedlung in der Marktfolge vorzufinden, obwohl hier beispielsweise im Rahmen der Intensivbetreuung oder Sanierung durchaus Immobilienkreditgeschäfte Gegenstand eines einzelnen Votums (in diesem Fall aus der Marktfolge) sein können. Handlungsempfehlung ist hier eine klare organisatorische Ansiedlung der Gutachter bzw. der Gutachtereinheit direkt unterhalb der Geschäftsleitung. Dabei wird insbesondere bei kleineren Instituten nur der Gesamtvorstand infrage kommen, da in den seltensten Fälle ein Vorstandsmitglied nur Bereiche verantworten wird, in denen Einzelvoten bei Immobilienkreditgeschäften nicht auftreten können. Diese Vorgehensweise stellt, insbesondere aus aufsichtsrechtlicher Sicht, die größte Unabhängigkeit der Gutachter sicher.
Kreditrisiko 7 Abb. 03 Dimensionen eines erfolgreichen Prozessmanagements óó Benchmarking etablieren óó Austausch mit anderen Banken / Dienstleistern óó óó Klare gruppenübergreifende Prozessverantwortung etablieren Prozessmanagement strategisch verankern 6 Benchmarks 1 Organisation Identifikation von Handlungsfeldern 2 Profile óó Implementierung eines qualifizierten Prozessmanagers óó óó Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten effizient messen und steuern Auffälligkeiten konsequent nachgehen 5 Zeiten 4 Menschen 3 Prozesse óó óó Prozesse und Schnittstellen klar definieren Art der Prozessdokumentationen am Nutzer ausrichten óó óó Akzeptanz für Prozessmanagement schaffen Mehrwert vermitteln Führung und Steuerung der Gutachter Im Kontext der organisatorischen Ansiedlung der Gutachter, muss der Bereich Führung und Steuerung, insbesondere bei einer Ansiedlung direkt unterhalb der Geschäftsleitung, detailliert betrachtet werden. Die Geschäftsleitung sollte in ihrer Führungsfunktion nicht mehr als nötig in das Tagesgeschäft des Gutachters eingebunden sein. Vorteilhafter ist daher auch bei kleineren Gutachtereinheiten der Einsatz einer zusätzlichen Führungsebene zwischen Gutachter und Geschäftsleitung. Wenn die hier eingesetzte Führungskraft ebenfalls über eine Qualifikation zum Gutachter besitzt, wird sie neben der originären Führungsverantwortung auch Kapazitäten für Produktionstätigkeiten einsetzen können. Damit kann sie sich nicht nur organisatorisch, sondern auch fachlich als erster Ansprechpartner der zugeordneten Mitarbeiter positionieren. Vor allem bei komplexen Bewertungsobjekten, speziellen Bewertungsfragen, Abstimmungen mit anderen Bereichen oder prozessualen Fragestellungen kann so über eine enge Begleitung und laufendes Coaching durch die Führungskraft ein echter Mehrwert in der Gutachtereinheit entstehen. Da die Beleihungswertermittlung ein Prozess mit diversen Schnittstellen und Prozessbeteiligten ist, kommt auch der Prozesssteuerung eine entsprechende Bedeutung zu. Hohe Transparenz bezüglich »» Prozessablauf »» Auftragsgegenständen »» Service Level »» Auslastung »» Kapazitäten »» Input- / Output-Qualität ist daher ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Die Einbindung der Beleihungswertermittlungsprozesse in das bereits im Institut etablierte (oder noch zu etablierende) Prozessmanagement ist somit obligatorisch. Abb. 03 verdeutlicht die Dimensionen des Prozessmanagements. Prozessuale Herausforderungen Beleihungswertermittlung im Rahmen der Bearbeitung von Neugeschäft Bei der Betrachtung der Schnittstellen zwischen Beleihungswertermittlung und Kreditantragsbearbeitung stellt sich zunächst die Frage, wann und wie die Beleihungswertermittlung als Grundlage des Kreditbeschlusses erfolgen soll. Dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits eine vollständige Beleihungswertermittlung – inklusive Besichtigung – vorliegt, wird aufgrund der vorherrschenden Erwartungen an die Bearbeitungszeiten in der Kreditantragsbearbeitung kaum realisierbar sein. Als Alternativen kommen somit die Blanko-Bewilligung oder der Einsatz einer Vortaxe in Frage. Der Vorteil der Blanko-Bewilligung ist die schnelle und unkomplizierte Bearbeitung. Demgegenüber steht ein ausgewiesenes Blankokreditengagement, welches nicht dem Zielengagement entspricht. Die Finanzierungsberater im Standardgeschäft müssten zudem mit nennenswerten Blankokompetenzen ausgestattet werden, um eine Kreditentscheidung ohne Beleihungswert treffen zu können. Die Vortaxe bietet trotz eines erhöhten Bearbeitungsaufwands hingegen eine deutlich realitätsnähere Engagementdarstellung. Weiterhin bleit die Kompetenzhierachie im Bereich der Bewilligungskompetenzen unberührt. Abb. 04 stellt die Vor- und Nachteile noch einmal schematisch dar.
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