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RISIKO MANAGER 03.2017

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16 RISIKO MANAGER 03|2017 mittel risikosensitiv zu bestimmen und folglich unter das KSA-Niveau zu drücken. Nach derzeitigem Stand der Dinge könnte also der überarbeitete KSA zukünftig das Maß im Kreditrisiko setzen [Baule/Tallau/ Tiebing 2016]. KSA-Konsultationen als Sinnbild der Kapitulation vor dem Basler Trilemma Das Hauptziel der ersten Konsultation des KSA war, die Abhängigkeit von externen Ratings zu reduzieren sowie die Risikosensitivität und Vergleichbarkeit der Kapitalanforderungen zu steigern, ohne dabei die Einfachheit der Anwendung aus den Augen zu verlieren. In Fachkreisen stieß die im ersten Konsultationspapier geplante Substitution von externen Ratings zugunsten von wenig risikosensitiven, komplexen und nicht vergleichbaren Risikotreibern auf massive Kritik, sodass der Basler Ausschuss in der zweiten Überarbeitung wieder auf externe Bonitätsbeurteilungen zurückgreift. In Kombination mit der eingeschränkten IRBA-Modellierung hat die Relevanz externer Ratings schließlich eine Bedeutung erreicht wie nie zuvor. Unter Berücksichtigung der geplanten Einführung des SCRA-Ansatzes zulasten der Sitzstaatenmethode wird die Risikosensitivität des Regelwerks in Ländern ohne Ratingzulassung verringert. Gerade die nationale Ausgestaltung der Ratingzulassung lässt zwei parallele Aufsichtsregime entstehen, was wiederum im Widerspruch zu der angestrebten Erhöhung von Risikosensitivität und Vergleichbarkeit steht [Bauerfeind 2016]. Im Kontext der Basler Triangel nimmt die Risikosensitivität des KSA bei einer dementsprechenden Umsetzung prinzipiell zu. Einhergehend mit der dadurch verursachten überproportionalen Zunahme der Komplexität wird die Vergleichbarkeit in Mitleidenschaft gezogen. Unter Berücksichtigung des als weniger risikosensitiv geltenden KSA ist davon auszugehen, dass die Risikosensitivität im Kreditrisikobereich sinkt. Resümierend kann diese Entwicklung, gemessen an der ursprünglich bis 2020 geplanten vollständigen Abkehr von externen Ratings, gepaart mit der skizzierten Zunahme der Komplexität, welche die der Risikosensitivität übersteigt, faktisch als eine Kapitulation des Basler Ausschusses vor den sich selbst 2013 auferlegten Zielen interpretiert werden [EU-Verordnung Nr. 462/2013, Präambel Abs. 6]. Implikationen für das Risikomanagement Die Vorteile einer die RWA optimierenden Risikomodellierung liegen darin, über den Anreiz von Kapitaleinsparungen hinaus Banken zu incentivieren, interne Verfahren weiterzuentwickeln, um dadurch dem bankindividuellen Risikoprofil optimal Rechnung zu tragen. Eine verpflichtende, umfassende Implementierung von Standardansätzen für alle Institute wäre mit hohen Umsetzungskosten verbunden. Banken könnten dazu geneigt sein, zukünftig vollständig auf die Verwendung interner Modelle zu verzichten. Somit wären die in den letzten Jahrzehnten getätigten Investitionen in Modelle, sowie die im Laufe der Zeit entstandene, auch eine Finanzkrise abdeckende Datenhistorie, faktisch bedeutungslos und hinfällig. Regulierungsbestrebungen, mit denen der Basler Ausschuss seit 2013 in immer kürzer werdenden Abständen nach vorne prescht, stellen die Regulierung seit Basel II grundsätzlich in Frage. Die geplante Abkehr von internen Modellen steht zudem im Widerspruch zu der Einführung des Due-Diligence-Ansatzes im KSA, da die vorgesehene Überprüfung durch interne Risikoratings als partielle Nutzung interner Modelle gewertet werden kann. Ein solches Hybridmodell wäre vor allem für kleinere Institute aufgrund begrenzter finanzieller und personeller Kapazitäten nicht leistbar. Ferner entstünde eine Methodendivergenz zwischen den Verfahren der Säule 1 und Säule 2, die einer Abkopplung der Ermittlung der Kapitalanforderungen vom Risikomanagement gleichkommt. Für die angestrebte Harmonisierung zwischen regulatorischen und ökonomischen Kapitalanforderungen wäre dies ebenso hinderlich wie für die Zielerreichung der ICAAP-Vorschriften. Abschließend ist zu konstatieren, dass der Basler Ausschuss die mit der anvisierten Steigerung der Risikosensitivität einhergehende Kalibrierungsproblematik interner Modelle auf eine stärkere Abhängigkeit von externen Ratings verlagert [Weber/ Backe/Wirth 2016]. Würdigung und Ausblick Nach Auffassung von Regulierungsbehörden besteht die Aufgabe eines Floors darin, ein bankaufsichtlich wünschenswertes Mindesteigenkapitalniveau zu garantieren und einen Schutzmechanismus gegen stark schrumpfende Eigenmittel zu installieren. Bezweifelt werden darf, ob es ein solches Mindesteigenkapitalniveau überhaupt gibt, respektive geben kann. Für das Ziel der Einhaltung einer Eigenmittel-Untergrenze, einen Prozentsatz bezogen auf den KSA festzulegen, wirkt willkürlich und sollte grundlegend überdacht werden. Offensichtlich nimmt der in Überarbeitung befindliche KSA zukünftig modellhafte Züge an, die sich allerdings von der ursprünglichen Intention der Modellierung entfernen und in eine Richtung bewegen, die das sich permanent ändernde ökonomische Umfeld nicht angemessen erfassen und adäquat abbilden kann. Dabei ist zu beachten, dass bei der Verwendung der Standardansätze als Bemessungsgrundlage für den Floor deren Schwächen, allen voran die überproportionale Abhängigkeit von Ratings, die Gaming-Gefahr und weitere Fehlanreize, implizit übernommen werden. Je restriktiver die Ausgestaltung des Floors erfolgt, desto mehr nimmt die Komplexität zu. Als vorteilhaft erweist sich ein granularer Floor dahingehend, dass sofort erkennbar wird, in welcher Risikokategorie beziehungsweise Forderungsklasse die Modellergebnisse von denen der Standardansätze signifikant abweichen. Ein in dieser Konstellation schlagend werdender Floor verfälscht jedoch die Vergleichbarkeit der Eigenmittel zwischen Banken. Losgelöst von der Floor-Ausgestaltung als granular oder aggregiert, wird die Risikosensitivität als gleich beurteilt. Von einem ausgewogenen Verhältnis von Risikosensitivität, Einfachheit und Vergleichbarkeit kann keine Rede sein.

Kreditrisiko 17 Die Intensität des Floors hängt von der Ausgestaltungsform, der Kalibrierung und nicht zuletzt von der endgültigen Überarbeitung der Standardansätze ab. Für den externen Berichtsadressaten wäre ein aggregierter Floor – vergleichbar mit der Grundidee des derzeitigen Basel I Floors – leicht nachvollziehbar. Kritisch gesehen werden muss das angedachte Floor-Konzept vor allem deshalb, weil die Variabilität lediglich nach unten, nicht aber nach oben begrenzt wird. Zudem setzt ein Floor nicht an den Ursachen der Variabilität, beispielsweise an nationalen Ausgestaltungsspielräumen an, sondern begrenzt lediglich deren Auswirkungen. Deshalb ist das Floor-Konzept für die beabsichtigte Zielsetzung weder effektiv noch effizient. In welcher Höhe Banken zukünftig Mindesteigenmittel vorhalten müssen, richtet sich an der endgültigen Überarbeitung der Standardansätze, der Neugestaltung des IRBA und dem Design des Floors aus. Speziell Modellbanken sind von den Anpassungen stark betroffen und müssen mit steigenden Eigenmittelanforderungen rechnen. Dies ist insofern nicht neu, als auch im Übergang von Basel I auf Basel II sowie von Basel II auf Basel III zusätzliche Eigenmittel vorzuhalten waren. Neu ist allerdings die Dynamik und Frequenz, mit der Regulierungsvorschläge in den letzten Jahren vorgetragen und zur Diskussion gestellt werden. Der Übergang von Basel III auf Basel IV scheint fließend. Regulierung ist wichtig – mit Augenmaß und Weitsicht auch nützlich. Baule, Rainer/Tallau, Christian/Tiebing, Oliver (2016): Überarbeitung IRB-Ansatz – Weitreichende Beschränkung der Verwendung interner Modelle, in: Risiko Manager 7/2016, S. 10-14. BCBS (2013a): Regulatory Consistency Assessment Programme (RCAP) Analysis of risk-weighted assets for credit risk in the banking book. Basel, Juli 2013. BCBS (2013b): The regulatory framework: balancing risk sensitivity, simplicity and comparability. Discussion paper, Basel, Juli 2013. BCBS (2014a): Capital Floors: the design of a framework based on standardised approaches. Consultative Document, Basel, Dezember 2014. BCBS (2014b): Revisions to the Standardised Approach for Inhalt: credit risk. Consultative Mit Einführung des neuen Document, bankaufsicht- erste Basel, Erfahrungen Dezember aus der Prüfungspra- 2014. lichen Überprüfungs- und Beurteilungsprozesses (SREP) Anfang 2016 stellen die europäischen Aufsichtsbehörden insbesondere Revisions deutsche Institute to (direkt the durch Standardised Steuerung im ILAAP), Approach eine stärkere Ver- for ICAAP) wie auch der Liquidität (integrierte BCBS (2015): die EZB oder indirekt über die nationalen zahnung als Folge der europäisch harmonisierten Anforderungen zu beobachten. Aufsichtsbehörden BaFin und Bundesbank beaufsichtigt) credit risk. Second Consultative vor neue Herausforderungen. Der regelmäßig durchzufüh- • Säule 1+ Document, Basel, Dezember 2015. rende SREP bezieht sich dabei auf die • Rahmenwerk Szenarioanalysen + vier Prüfungsfelder „Geschäftsmodellanalyse“, „IKS und Governance“, „ICAAP“ sowie „ILAAP“. Eine fehlende Angemessenheit Reducing oder festgestellte Mängel variation führen • of Integrierte credit Liquiditätssteuerung risk-weighted im Geschäftsmodellanalyse BCBS (2016): unmittelbar zu SREP-Zuschlägen auf die ILAAP aus der CRR bekannten aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an das Kapi- assets – constraints on the use of internal model approaches. Consultative Sanktionsmöglichkeiten Document, aus der CRR er- Basel, März tal und die Liquidität, die die bestehenden Die Herausgeber: 2016. gänzen. In diesem Handbuch werden die Schwerpunkte des neuen Aufsichtsmodus Henning Heuter, Dipl.-Bankbetriebswirt erarbeitet. Die fortlaufende Bewertung eines Instituts Uwe auf Basis von (2016): (Schlüssel-) In- Quo vadis, IRBA?, in: Zeit- (BA) und Bankkaufmann Bick, Eicke/Dörr, Sven Warnecke, Bachelor of Science Zentralbankwesen/Central Banking dikatoren stellt dabei ein zentrales Element bei der „Industrialisierung“ der Bankenschrift für das gesamte Kreditwesen 11/2016, S. 27-31. aufsicht dar. Eine stärkere Fokussierung auf gesamtbankweite Themenstellungen, wie Stresstests und Szenario-Analysen, die Die Autorinnen und Autoren: EU-Verordnung Compliance-Funktion Nr. 462/2013: oder die erhöhten Alle Verordnung Beitragsautorinnen und -autoren (EU) sind Nr. Anforderungen an Konzentrations- und Experten und Führungspersönlichkeiten Modellrisiken, gehören ebenso dazu wie aus der Bank- und Beratungspraxis. 462/2013 des Europäischen Parlaments des Rates vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. Art.-Nr. 22.525-1600 ISBN 978-3-86556-467-2 1060/2009 über Ratingagenturen. Bank-Verlag GmbH Wendelinstraße 1 I 50933 Köln Postfach 45 02 09 I 50877 Köln xis. Zudem ist auch für die Säulen I und II, hinsichtlich des Kapitals (Säule 1+ im Stresstest • Bankpraktische Vorbereitung der Dr. Andreas Igl, Dipl.-Wirtschaftsinformatiker (Univ.) Honors Tallau, Christian (2013): Bankenregulierung im Spannungsfeld Komplexität, Risikosensitivität und Vergleichbarkeit, in: Risiko Manager, Nr. 25/26, S. 17-21. Weber, Max/Backe, Ralf/Wirth, Martin (2015): Interne Modelle in der Bankenaufsicht – Bestandsaufnahme und zukünftige Bedeutung, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Nr. 13, S. 31-34. Igl | IHeuter | Warnecke| Handbuch SREP Handbuch SREP Handbuch SREP Andreas Igl | Henning Heuter | Sven Warnecke (Hrsg.) Jetzt bestellen Dr. Andreas Igl, Henning Heuter, Sven Warnecke (Hrsg.) ISBN 978-3-86556-467-2 Artikel-Nr. 22.525-1600 Quellenverzeichnis sowie weiterführende Literaturhinweise: 69,00 € Bauerfeind, Tobias (2015): Die aufsichtliche Abkehr von externen Ratings in der europäischen Bankenaufsicht, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Nr. 37, S. 1743- 1748. Autoren: Bauerfeind, Tobias (2016): Das externe Rating unter Basel IV – Eine Analyse der neuen Due-Diligence-Prüfung -, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Nr. 32, S. 1528- 1533. Prof. Dr. Michael Torben Menk, Juniorprofessor für allgemeine BWL, insbesondere Risk Governance, Universität Siegen. Baule, Rainer/Tallau, Christian (2016): Zweite Konsultation zum Kreditrisiko-Standardansatz: Rolle Rückwärts, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 5/2016, S. 13-16. Florian Neitzert B.Sc., SME Graduate School, Fast Track PhD, Universität Siegen. www.bank-verlag-shop.de medien@bank-verlag.de

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