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RISIKO MANAGER 03.2016

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RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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4 RISIKO MANAGER 03|2016 Liebe Leserinnen, liebe Leser, „I am a Mathematician“ – so lautet der Titel der Autobiographie von Norbert Wiener. Doch was hat dieser Ausnahmewissenschaftler mit meinem Engagement als neuem wissenschaftlichem Redakteur der Zeitschrift RISIKO MANAGER zu tun? Mehr als man eventuell denkt – doch lassen Sie mich etwas ausholen und mich zunächst kurz vorstellen. Studiert habe ich Wirtschaftsmathematik (Diplom, 2005) in Ulm sowie reine Mathematik (Master, 2004) in Syracuse, USA. Danach promovierte ich bei Professor Rüdiger Kiesel in der Finanzmathematik über strukturelle Ausfallmodelle für Kreditportfolien. Heute arbeite ich als Professor für Finanzmathematik an der Technischen Universität München, wo ich im Umfeld der Finanz- und Versicherungsmathematik, Risikomanagement, Statistik und Stochastik forsche und unterrichte. In Forschung und Lehre ist unsere Arbeitsgruppe eng mit der Praxis verzahnt, was wertvolle Einblicke in das tatsächliche (also nicht mathematisch idealisierte und axiomatisch gezähmte) Banken- und Versicherungsumfeld ermöglicht. Auch ergeben sich dadurch Ideen für interessante Forschungsfragen. Dies die Sonnenseite des Engagements. Manchmal ist der Einblick in die Praxis aber auch ernüchternd. So werden oft methodisch längst überholte Verfahren genutzt, Innovationsdruck scheint nur durch Krisen zu entstehen. Als angewandter Mathematiker stellt man sich dann die Frage, für wen denn praxisnahe Forschung betrieben wird, wenn diese nicht, oder nur sehr langsam, in der Praxis ankommt. Natürlich gibt es auch in der Forschung nicht nur Sonnenschein. Nicht jede als „praxisnah, aktuell und relevant“ angepriesene Forschungsarbeit verdient auch nur eines der drei Adjektive. So kann ich gut nachvollziehen, dass sich Praktiker nicht etwa gierig auf die aktuellste Fachliteratur stürzen, in der vagen Hoffnung, dort das Nugget in der Informationsflut zu finden. Das wäre zeitlich weder effizient noch möglich. Ein Ziel meines Engagements beim RISIKO MANAGER ist es daher, als Katalysator für den Wissenstransfer zu wirken. Ich möchte meinen Einblick in aktuelle Entwicklungen im Risikomanagement nutzen und die für Sie relevanten Innovationen filtern und Ihnen vorstellen. Entwicklungen, von deren praktischem Nutzen ich wirklich überzeugt bin. Ich möchte auch die verantwortlichen Wissenschaftler herausfordern, ganz anschaulich über die Relevanz ihrer Arbeiten zu sprechen, zum Beispiel in Form eines Interviews oder eines praxisnahen Fachartikels. Dies ermöglicht Ihnen als Leser hoffentlich einen einfacheren Zugang zu neuen wissenschaftlichen Ergebnissen und Erkenntnissen. Diese Art der Wissensvermittlung ist sicherlich eine Herausforderung, da es ein für viele Wissenschaftler unüblicher Weg ist, über Innovationen zu berichten. Eine erste Maßnahme ist die neue Serie „Im Dialog“, in welcher sich Wissenschaftler aus verschiedenen Fachdisziplinen des Risikomanagements vorstellen. Weiter werde ich von Fachkongressen berichten, Kollegen für praxisnahe Artikel begeistern und nicht zuletzt selbst Artikel schreiben. Wirklich freuen würde ich mich dabei über Feedback: Ihr Lob und Ihre Kritik, eigene Artikel, Vorschläge für Interviewpartner sowie Ideen für fachliche Vertiefungen senden Sie bitte jederzeit an matthias.scherer@bank-verlag.de. Zurück zu Norbert Wiener (1894 - 1964). Neben seinen bahnbrechenden Beiträgen zu verschiedenen Bereichen der Mathematik (Stochastik, harmonische Analysis, Computerwissenschaften, mathematische Biologie) bewundere ich an ihm sein gesellschaftspolitisches Engagement. Er reflektierte und analysierte stets die Relevanz seiner Erfindungen, insbesondere der sich nach dem zweiten Weltkrieg abzeichnenden gesellschaftlichen Veränderungen durch Computerwissenschaften. Er nutzte Vorträge, Interviews, Zeitschriftenartikel, Briefe an Politiker etc., um auf mögliche Konsequenzen, Risiken und Chancen durch wissenschaftliche Innovationen hinzuweisen. Als Leseprobe möchte ich Ihnen die Titelgeschichte „Die Magie der Roboter“ aus DER SPIEGEL 40/1956 empfehlen, welche seine Prognosen zu Konsequenzen für den Arbeitsmarkt durch automatisierte Fabriken fokussiert. Diesen Blick über den akademischen Tellerrand sowie den Mut für weitsichtige Zukunftsszenarien bewundere ich mehr als das Finden von wissenschaftlichen Ex-post-Erklärungen für vergangene Ereignisse. Ich möchte mich keinesfalls mit Norbert Wiener vergleichen, das wäre anmaßend und falsch. Aber inspirieren lassen möchte ich mich, sodass ich Ihnen als Leser der Zeitschrift RISIKO MANAGER eine möglichst relevante, spannende und weitsichtige Berichterstattung aus der vielschichtigen Welt der Forschung präsentieren werde. Beste Grüße, Matthias Scherer Bildquelle: RiskNET GmbH/Stefan Heigl.

Kreditrisiko 5 Verbriefungen Kapitalentlastung durch Verbriefung in einem Beispielfall Die Kapitalunterlegungsvorschriften für Verbriefungen wurden überarbeitet. Für Verbriefungen, die bestimmten Qualitätskriterien genügen, werden vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht Begünstigungen bei der Kapitalunterlegung im Vergleich zu Transaktionen ohne Erfüllung dieser Kriterien vorgeschlagen. Im vorliegenden Beitrag wird anhand eines Beispielfalls untersucht, wie sich die Änderungen des neuen Regelwerks mit und ohne Erfüllung der Qualitätskriterien auf die Kapitalanforderungen eines Originators einer Verbriefung auswirken. Einleitung Seit dem Jahr 2012 arbeitet der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) an der Überarbeitung des Regelwerks für die Kapitalunterlegung von Verbriefungen. Nach zwei Konsultationen in 2012 und 2013 wurde das finale Verbriefungsregelwerk im Dezember 2014 veröffentlicht [vgl. Kersting/ Hater 2015 und Neisen/Röth 2015]. Mit der neuen Regelung sollen Schwächen des alten Regelwerks wie die Abhängigkeit von externen Ratings, Klippeneffekte oder mangelnde Risikosensitivität überwunden werden. Gemäß dem finalen Papier sollen Institute die neuen Regelungen ab Januar 2018 anwenden [vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2014a]. Eine entsprechende Änderung der CRR wurde von der Europäischen Kommission bereits angestoßen [vgl. Europäische Kommission 2015a]. Zeitgleich mit der Veröffentlichung des finalen Verbriefungsregelwerks im Dezember 2014 haben der BCBS und die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) ein Konsultationspapier veröffentlicht, in dem Qualitätskriterien zur Charakterisierung von einfach strukturierten, transparenten und vergleichbaren Verbriefungen vorgestellt werden. Verbriefungen, die diese Qualitätskriterien erfüllen, werden als STC-Transaktionen bezeichnet (simple, transparent and comparable). Die finalen Kriterien wurden im Juli 2015 veröffentlicht [vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht/ IOSCO 2014b und Basler Ausschuss für Bankenaufsicht/ IOSCO 2015a]. Zielsetzung dieser Initiative ist es, einen Standard zu schaffen, um Unsicherheiten für die an einer Transaktion beteiligten Parteien zu reduzieren und dadurch das Vertrauen in das Instrument Verbriefung zu stärken. Der Baseler Ausschuss unterstützt dieses Vorhaben durch ein weiteres Konsultationspapier aus November 2015, in dem Vorschläge für eine Begünstigung von STC-Transaktionen bei der Kapitalunterlegung unterbreitet werden. Gleichzeitig werden die STC-Kriterien in diesem Konsultationspapier ergänzt und konkretisiert. Die Begünstigung der Kapitalunterlegung soll durch Modifikation der Ansätze des neuen Regelwerks für Verbriefungen erreicht werden. Im Konsultationspapier werden Anpassungen der Floors, Bandbreiten für eine Skalierung des aufsichtlichen Parameters p (für die Ansätze SEC-SA und SEC-IRBA) und Anpassungen der Risikogewichte je Ratingklasse (für den Ansatz SEC-ERBA) vorgeschlagen. Die genaue Skalierung soll nach einer QIS-Auswirkungsstudie erfolgen [vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2015b und Lange 2015]. Die Vorschläge zu STC-Kriterien wurden von der Europäischen Kommission im Änderungsvorschlag für die CRR sowie in einem Vorschlag für eine Verordnung von Verbriefungen aufgegriffen [vgl. Europäische Kommission 2015a und Europäische Kommission 2015b]. Die Europäische Kommission spricht in diesem Zusammenhang von STS-Verbriefungen (simple, transparent and standardised). Die Risikogewichte bzw. die RWA für Verbriefungen mit den neuen Regeln werden insgesamt steigen. Das neue Regelwerk für Verbriefungen wird als „nicht neutral“ bezeichnet. Hiermit ist gemeint, dass die Summe der Kapitalanforderungen für eine Verbriefung größer ist als die Kapitalanforderungen für die verbrieften Aktiva [vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2015b]. Dies lässt vermuten, dass durch das neue Regelwerk die Attraktivität von Verbriefungen vor allem als Mittel zur Kapitalentlastung sinkt. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Auflage einer Verbriefung zur Kapitalentlastung für Originatoren künftig noch lohnt. Die Vorschläge des Basler Ausschusses zur Kapitalentlastung von STC wirken den verschärften Kapitalanforderungen für Verbriefungen zumindest für die als STC-qualifiziert einzustufenden Verbriefungen entgegen. In diesem Beitrag wird die Frage nach der Vorteilhaftigkeit von Verbriefungen für Originatoren im Hinblick auf den Einsatz als Instrument zur Kapitalentlastung anhand einer Beispieltransaktion aus der Praxis untersucht. Hierbei wird erstens analysiert, wie sich das neue Verbriefungsrahmenwerk auf die Kapitalentlastungseffekte auswirkt. Zweitens wird veranschaulicht, welche Auswirkung die Selektion der zu verbriefenden Forderungen auf die Kapitalentlastung hat. Der Beitrag schließt mit einer Betrachtung

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