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RISIKO MANAGER 03.2016

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12 RISIKO MANAGER 03|2016 Marktrisikomanagement Hedging mit OTC-Derivaten im aktuellen XVA-Umfeld Im Zuge der sich ändernden Marktstandards und der zunehmenden Bankenregulierung ist das Hedging mit OTC-Derivaten, also außerbörslich gehandelten Derivaten, komplexer geworden. Dies zeigt sich selbst dem unbeteiligten Beobachter durch die Anzahl der „neuen“ kollektiv XVA genannten Abkürzungen wie CVA, DVA, FVA, KVA. Diese Adjustierungen der bekannten OTC-Derivatbewertungen setzen die Autoren im Folgenden in den Kontext für Nichtfinanzinsitute und stellen den Bezug dieser XVAs zueinander dar. Parallel zur Etablierung neuer Bewertungsadjustierungen unterschiedlicher Ursachen kommen Themen wie die Abwicklung von OTC-Derivaten über zentrale Gegenparteien hinzu. Diese Neuerungen treffen direkt und indirekt Nichtfinanzunternehmen jeder Größe. Direkt spürbar ist die Entwicklung im Treasury, da sich der Preis eines OTC-Derivats bei Geschäftsabschluss meist erhöht und die Preisgestaltung der Banken von diesen Produkten insgesamt weniger nachvollziehbar und vergleichbar erscheint. Insbesondere für nach IFRS bilanzierende Unternehmen sind Credit Valuation Adjustment (CVA) und Debit Valuation Adjustment (DVA) auszuweisen. Die internationalen Rechnungslegungsstandards schreiben die Berücksichtigung aller Risiken in der Fair-Value-Bewertung vor. 1 Erst eine Anpassung der Bewertung um die Kontrahentenausfallrisiken beider Geschäftsparteien, auch beidseitiger (bilateraler) CVA genannt, würde diesen Anforderungen entsprechen. Diese Bewertungskomponenten werden allerdings häufig noch wenig sophistiziert und nur approximativ im Rechnungswesen bestimmt und

Marktrisiko 13 nicht dort, wo sie unmittelbar und zuerst anfallen: im Treasury. Dieser Artikel greift einige Herausforderungen auf, die durch meist ungewollte Konsequenzen dieser Marktstandardveränderungen hervorgerufen wurden – Herausforderungen, denen sich auch Nichtfinanzunternehmen heute und perspektivisch stellen müssen. Hintergrund der Änderungen der Markt-Usancen Bis zur großen Finanzmarktkrise im Jahr 2008 haben viele Finanzmarktakteure ihre Derivate mit Marktpreisen bewertet, ohne das Adressausfallrisiko explizit zu berücksichtigen. Insbesondere wurde dieses Risiko nicht evaluiert, wenn die Gegenpartei eine große, international tätige „too big to fail“-Bank war, die häufig ein besseres Rating als ihr Vertragspartner vorweisen konnte. Banken untereinander haben ebenso unter der „too big to fail“-Prämisse operiert. Diese Haltung hat sich erst nach dem de-facto- bzw. tatsächlichen Ausfall wichtiger Finanzinstitute wie Lehman Brothers, Bear Stearns, AIG, Fannie Mae, Freddie Mac und großen Monoliner geändert. Seitdem ist CVA – die Differenz zwischen dem Wert eines kontrahentenausfallfreien Portfolios und dem wahren wirtschaftlichen Wert dieses Portfolios unter Berücksichtigung des Risikos eines finanziellen Verlusts aufgrund eines Kontrahentenausfalls 2 – zu einem klaren Schwerpunkt bei den Praktikern, Regulatoren und Akademikern geworden. Heute sehen alle großen Finanzinstitute eine klare Notwendigkeit und den Nutzen, ein CVA und XVA zu messen und zu bewerten. Diese Institute investieren daher viel Geld und Ressourcen, um eine Verbesserung der Methoden zur Bewertung und Messung der verschiedenen Aspekte der Adressenausfallrisiken zu erzielen. Als Marktstandard hat sich die Bestimmung der XVAs über eine vollständige und rechenintensive Monte-Carlo-Simulation etabliert. Basis der Berechnungen ist die Bestimmung des Barwerts des Derivats für möglichst viele zukünftige Zeitpunkte (z. B. 100). Die zu diesen Zeitpunkten für die Bewertung anzuwendenden Marktpreise werden über Monte Carlo generierte Zukunftspfade (üblicherweise mehr als 10.0000) bestimmt. Für einen zehnjährigen Interest Rate Swap sind typischerweise über 100 zukünftige Zeitpunkte (1 Tag, 2 Tage, 3 Tage, 1 Woche, 10 Jahre) für eine adäquate Abbildung nötig. Bei 10.000 Szenarien ergeben sich daraus eine Million Bewertungen (100 x 10.000) 3 . Der Gesetzgeber versucht den Finanzmarkt zu stabilisieren. Dazu soll der Einfluss eines Adressausfalls auf die Finanzmarktstabilität reduziert werden. Ein Kerninstrument in der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) ist die Implementierung und die sukzessive Ausweitung der verpflichtenden Abwicklung von OTC-Derivaten über zentrale Gegenparteien (CCP) wie Eurex Clearing, LCH.Clearnet u. a. Diese Pflicht besteht für bestimmte Instrumente sofern alle Handelspartner Kreditinstitute sind. Durch einen kontinuierlichen untertätigen Austausch von Sicherheiten gegenüber dem Zentralen Kontrahenten wird die Mitigation des Kontrahentensirikos erreicht. Die Höhe der Sicherheiten wird von der Zentralen Gegenpartei berechnet und ist die Summe von zwei Komponenten, der Variation und der Initial Margin. Vereinfacht dargestellt, entspricht die Variation Margin dem aktuellen Marktwert des Derivats. Die Initial Margin hingegen ist die vorwärtsschauende Komponente, um bei einem Ausfall des Kontrahenten bzw. Kunden des CCPs die potenziellen Verluste im Verlauf der Liquidation auszugleichen. Die Initial Margin ist daher eine VaR-basierte Berechnung. Beide Komponenten ändern sich auch bei konstanten Portfolios untertägig, alleine infolge von Marktpreisparameteränderungen. Dieses Sicherheiten-Margining-Konzept entspricht einem fast perfekten Collateral Agreement im bilateralen Umfeld. Es bleibt festzuhalten, dass die Margin insgesamt immer mindestens dem aktuellen Barwert des Derivats entspricht. Zusätzlich erhöht der Gesetzgeber für Finanzinstitute erheblich die Kosten für eingegangene Adressenausfallrisiken auf mehreren Ebenen. Alleine die Kapitalanforderung steigt nach dem neuen Standardansatz für das Kontrahentenrisiko (SA-CCR) signifikant und erhöht sich zum Teil dramatisch für unbesicherte OTC-Kontrakte 4 . Die Kapitalunterlegung von Risikopositionen dient dem Zweck, die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit von Banken infolge unerwarteter Verluste auf ein definiertes Minimum zu beschränken. Isoliert betrachtet, ist dies ein Vorteil für die Realwirtschaft. Ausgewählte Zusammenhänge für das Treasury Je höher bei Banken der Druck durch Eigenkapitalanforderungen ist, desto stärker werden diese die Abwicklung über zentrale Gegenparteien für OTC-Kontrakte mit der Realwirtschaft forcieren. Die Spanne zwischen gestellten Preisen für zentral abgewickeltes OTC-Geschäft und einer bilateral abgewickelten unbesicherten Alternative (also ohne Collateral Agreements) wird sich signifikant und immer weiter erhöhen. Je größer die Bonitätsdifferenz vom Nichtfinanzunternehmen zum kontrahierenden Finanzinstitut ist, desto größer ist die zu zahlende CVA-Prämie. Da das CVA bei einem perfekten Collateral Agreement bzw. zentral abgewickelten Geschäft quasi nicht existiert, ist die potenzielle Ersparnis hier scheinbar am größten. Dieser Ersparnis und Mitigation des Ausfallrisikos stehen die Kosten für die zu stellenden Sicherheiten (typischerweise Barmittel oder Wertpapier) in der geforderten Höhe entgegen. Die erwarteten Kosten für die Liquiditätsbeschaffung über die gesamte Laufzeit des Derivats hinweg sind, vereinfacht ausgedrückt, das Funding Valuation Adjustment (FVA) 5 . Bei einem positiven Marktwert des Derivats werden Sicherheiten erhalten, bei negativem Marktwert sind entsprechend Sicherheiten zu stellen. Somit entstehen bei beiden Vertragspartnern unternehmensspezifische Fundingkosten. Diese Kosten und die im nächsten Abschnitt dargestellten weiteren Implikationen sind also der Ersparnis beim CVA gegenüberzustellen. Banken müssen darüber hinaus die erwarteten Kosten infolge der Kapitalunterlegung, das sogenannte Capital Valuation Adjustment (KVA), bewerten. Diese werden direkt oder indirekt an den Vertragspartner weitergegeben. Für eine abschließende weiterhin vereinfachende Darstellung ist zu bedenken, dass es üblicherweise Nettingvereinbarun-

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