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RISIKO MANAGER 03.2015

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16 Ausgabe 03/2015

16 Ausgabe 03/2015 Wortlaut von Artikel 87 (2) CRD IV wird die risikogewichtete Aktiva (RWA) verwendet, bei der LR die Engagementmessgröße. t Tab. 01 zeigt das Berechnungsschema des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS). Bislang sieht die CRR noch keine verbindliche Obergrenze vor. Der BCBS testet eine Mindestforderung von drei Prozent mit zusätzlichen Kapitalforderungen (zum Beispiel für systemrelevante Banken). „Die Institute müssen ihre Verschuldungsquote aber bereits regelmäßig den zuständigen Aufsichtsbehörden melden. […] Ab dem 1. Januar 2015 müssen sie ihre Verschuldungsquote auch gegenüber anderen offenlegen“ [BaFin 2014]. 2017 soll die Ausgestaltung der Verschuldungsquote auf Grundlage der bis dahin vorliegenden Daten abschließend überprüft werden. Insbesondere soll entschieden werden, inwieweit Anpassungen beispielsweise hinsichtlich Definitionen oder Kalibrierungen notwendig und die Besonderheiten unterschiedlicher Geschäftsmodelle der Institute zu berücksichtigen sind [vgl. Höpfner 2014]. Für Institute ist die Mindestforderung von drei Prozent bereits jetzt relevant. Kapitalpläne weisen teilweise die LR (und nicht die risikogewichte Messung) als restriktivere Anforderung aus. Vertreter von Aufsichtsbehörden bescheinigen deutschen und schweizer Banken – angesichts der derzeitigen Höhe der LR − „Nachholbedarf“ (Bentzien 2014, Schweizerische Nationalbank 2014). Generell gelten systemrelevante europäische Banken gegenüber ihren US-Peers als Verbesserungskandidaten (wobei unter CCAR eine Mindestforderung von vier Prozent besteht). Stressed Leverage Ratio t Info-Box 01 „Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass Institute das Risiko einer übermäßigen Verschuldung präventiv in Angriff nehmen und zu diesem Zweck der potenziellen Erhöhung dieses Risikos, zu der es durch erwartete oder realisierte Verluste und der dadurch bedingten Verringerung der Eigenmittel je nach geltenden Rechnungslegungsvorschriften kommen kann, gebührend Rechnung tragen. Zu diesem Zweck müssen die Institute im Hinblick auf das Risiko einer übermäßigen Verschuldung einer Reihe unterschiedlicher Krisensituationen standhalten können.“ Quelle: Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union 2013. Ausgewählte Aspekte der Berechnung der Stressed Leverage Ratio (SLR) 4 3 einzubeziehende Kapitalbestandteile e 5 • Modellierung im Zeitablauf (Projektionen, Granularität, Fundingund Liquiditätsrisiken, …) 6 (Höchst)Verschuldungsquote Stress = 1 Anzahl Szenarien Art der Szenarien Zeithorizonte Applikation der Schocks … einzubeziehende Verluste … Kapitalmessgröße Stress Engagementmessgröße Stress einzubeziehende Engagements 2 neu zu bewertende Engagements Bewertungsmethodiken Netting • Operationale Herausforderungen (Rollen und Verantwortlichkeiten, Verknüpfung mit Strategie, Geschäftsplänen und Risikoappetit, Kaskadierung und Limitsysteme, IT-Integration, Konsistenzerfordernisse, Internes Kontrollsystem, …) … t Abb. 01 • Management Actions im Szenario Quelle: eigene Abbildung Artikel 87 (2) CRD IV fordert die nationalen Behörden zusätzlich auf, sicherzustellen, dass Institute auch in Krisen nicht in eine übermäßige Verschuldung abgleiten (t Info-Box 01). Gewissermaßen als Usance bildet sich aktuell die SLR als Maß zur Operationalisierung dieser Anforderung heraus. Die LR berechnet sich zwischen nationalen Behörden − trotz Unterschieden (Behandlung einzelner Positionen, Rechnungslegung, Klassifikationen, Berichts- und Meldebögen etc.) − zumindest auf vergleichbare Weise (siehe Bank of England 2014 für einen Vergleich). Die Diskussion, wie die SLR zu berechnen ist, steht noch am Anfang. Herausforderungen der SLR Der folgende Abschnitt stellt wesentliche Fragen vor. Er strukturiert sich entlang der in t Abb. 01 gezeigten Referenzziffern. 1. Auswahl der Szenarien Der Wortlaut von Artikel 87 (2) CRD IV deutet darauf hin, dass Institute die SLR für multiple Szenarien berechnen sollen − potenziell sowohl interne als auch regulatorische, mit unterschiedlichen Zeithorizonten. In der Praxis scheinen sich Institute − teilweise nach der Analyse eines breiteren Spektrums − bisher auf wenige vorhandene Szenarien zu konzentrieren; nicht selten weniger als eine Handvoll. Teilweise scheinen nationale Behörden die Institute anzuhalten, bestimmte vom Regulator für (institutsweite) Stresstests kalibrierte Szenarien zu nutzen. Andere Institute scheinen sich auf die Pillar 2 ICAAP-Szenarien zu konzentrieren, insbesondere solche, die den Kapitalplanungspuffer beeinflussen. Wieder andere berücksichtigen interne Szenarien, die zentral für den Risikoappetit des Instituts sind. Mit Blick auf die zuvor dargelegte Zielstellung ist es sinnvoll, Szenarien zu prüfen, in denen der Zähler fällt (zum Beispiel durch Kreditausfälle), während gleichzeitig der Nenner steigt (zum Beispiel getrieben von Derivaten und SFTs). Selbst von einer Krise weniger betroffene oder profitierende Institute könnten unter Umständen durch die Verschuldungsquote gezwungen sein, Neugeschäft (beispielsweise aus der Zuwanderung von Kunden) abzulehnen, das sie nicht ablehnen wollen, etwa aufgrund des Franchise Risk.

17 Auch scheinen Institute bisher fast ausnahmslos Top-Down-Szenarien zu nutzen. Bottom-Up-Szenarien könnten helfen, die Treiber der LR besser zu verstehen. 2. Bestimmung der Kapitalmessgröße im Stressszenario Die Bestimmung der Kapitalmessgröße kann sich auf die LR stützen. Für Meldezwecke haben nationale Behörden geklärt, welche Eigenkapitalbestandteile einzubeziehen sind [siehe zum Beispiel BaFin 2010]. Einige Institute berechnen Verschuldungsquoten parallel für unterschiedliche Eigenkapitalbestandteile (CET1, Tier 1, Total Capital). Um zu bestimmen, welche Änderungen die Szenarien hervorrufen, muss die SLR − verglichen mit der LR − die Wertänderungen weiterer Positionen einbeziehen, beispielsweise bestimmte Verbindlichkeiten. Je nach Szenario sind auch Business Risk (insbesondere ausbleibende Erträge) oder idiosynkratische Risiken (beispielsweise Operational Risk) zu berücksichtigen. Aus diesen Erweiterungen resultieren Bewertungs- und Modellierungsfragen, etwa zur Ermittlung des Net Interest Income und anderer Bestandteile des Pre Tax Income (Stressed Earnings). Hinzu kommen Fragen wie die Behandlung der Trigger von Contingent Convertible Bonds oder die Berichtssicht (Notwendigkeit einer transitionalen Sicht etc.). 3. Bestimmung der Engagementmessgröße im Stressszenario Die Ermittlung des Nenners kann sich auf die Posten stützen, welche die Institute bereits für die LR melden. In diesem Fall wirft die SLR nicht erneut Fragen zur regelkonformen Behandlung einzelner Engagements auf (zum Beispiel Intragroup, Clearing-Dienstleistungen, ausgestellte Kreditderivate, Sicherheitsleistungen). Anschließend stellen sich unter anderem folgende Fragen: • Welche Posten sind einem Stresstest zu unterziehen (und welche nicht)? • Welche (Teil-)Posten können aus Materialitätsüberlegungen ausgegrenzt werden? • Welche Kriterien sind zur Beurteilung der Materialität heranzuziehen? • Welche Posten sind weiter zu untergliedern? Was ist eine angemessene Granularität? • Welche Engagements können aus Praktikabilitätsüberlegungen und unter Hinweis auf das Prinzip der Vorsicht unverändert bleiben, obwohl im Szenario mit Abwertungen zu rechnen ist (zum Beispiel Kredite des Bankbuchs aufgrund von Einzelwertberichtigungen)? • Sind Positionen, die nicht Mark to Market bewertet werden (zum Beispiel Fixed Assets), neu zu bewerten, wenn die LR grundsätzlich dem bilanziellen Wertansatz folgen soll? Für die Engagements, die einzubeziehen sind, ist jeweils eine Bewertungsmethodik festzulegen. Hieraus resultieren methodische Fragen, etwa zur Bewertung der Marktrisiken (Vollbewertung versus Approximation) oder zur Ermittlung der Einzelwertberichtungen von Krediten. Für außerbilanzielle Positionen sieht die LR für Zwecke der Ermittlung des Engagementbetrags die Umrechnung in Kreditrisikoäquivalente vor, und zwar mithilfe von Kreditumrechnungsfaktoren (CCF) auf den Nominalwert. Es liegt nahe, die CCF für die SLR zu erhöhen. In diesem Fall bliebe zu entscheiden, welche CCF im Szenario zu nutzen sind und auf welches Volumen sie sich zu verschiedenen Zeitpunkten beziehen sollen. Hinzu kommen Aggregations- und Konsolidierungsfragen. Beispielsweise sind Änderungen der Währungskurse auch für solche Engagements relevant, für die entsprechend der vorhergehenden Überlegungen keine Neubewertung erfolgte (FX Transaktions- und Translationsrisiken). Für das Netting sind mit dem Kunden getroffene Vereinbarungen (Netting-Agreements) und LR-Regelungen zu berücksichtigen. 4. Modellierung der Kapital- und Engagementmessgrößen im Zeitablauf Im Hinblick auf den Zeithorizont scheinen die Behörden längerfristige Szenarien zu erwarten, zum Beispiel für drei Jahre. Innerhalb der Zeithorizonte erscheint es nicht ausreichend, einen einmaligen instantanen Schock zu applizieren. Erwartet werden multiple Schocks, zum Beispiel diskrete Schocks gegen Ende von Jahr 1, Jahr 2 und Jahr 3. Die SLR ergibt sich in diesem Fall als Minimum über den gesamten Zeithorizont. Die Applikation von Schocks, die sich entlang eines Pfads kontinuierlich entfalten, halten Praktiker aktuell für schwer realisierbar, insbesondere aus IT- und anderen Praktikabilitätsüberlegungen. Um die Bewertungen für mehrere diskrete Schocks durchzuführen, sind die aktuellen Positionen über Projektionen szenariospezifisch fortzuschreiben. Projektionen Hierzu kann ein Institut eine statische oder dynamische Modellierung wählen. Eine statische Modellierung könnte im Fall auslaufender Positionen mit äquivalenten Überrollannahmen arbeiten. Dies würde verhindern, dass abweichende Modellierungsannahmen das SLR beeinflussen. Zumindest für größere Institute scheint eine statische Modellierung aus Sicht einzelner Behördenvertreter nicht ausreichend. Eine dynamische Modellierung ist auf vielfältige Weise denkbar. Eine Möglichkeit bestünde darin, die Projektionen auf empirischen Beobachtungen zu basieren, etwa prozentuale historische Veränderungen von Bilanzpositionen während der Finanzkrise. Auf diese Weise ließe sich unter anderem das Flight-to-Quality-Phänomen nachbilden. Aus Sicht einzelner Behördenvertreter ist diese Vorgehensweise nicht immer robust, zum Beispiel weil Beobachtungen zum Teil nicht auf andere Krisen übertragbar sind. Eine weitere Möglichkeit bestünde in der Nutzung von Expertenmeinungen. Dagegen könnte die Subjektivität der Annahmen sprechen. Neben diesen (mehr oder weniger einfachen) analytischen Ansätzen ist auch die Anwendung komplexer, modellbasierter Simulationsverfahren vorstellbar, zum Beispiel Monte-Carlo-Simulationen. In der Praxis scheinen Institute, nicht nur in den USA, überwiegend analytische Ansätze zu präferieren. Überlegt wird unter anderem, die Projektionen auf die mehrjährige Finanz- und Kapitalplanung zu stützen und selbige mit Hilfe von Expertenmeinungen anzupassen (judgemental Overlay). In diesem Fall würde die SLR das Forecasting-Modell (Base Case) stressen beziehungsweise um einen Stress Case ergänzen. Die Aussagekraft der SLR hinge dann auch von der Qualität der Finanzund Kapitalplanung ab. Herausforderungen können unter anderem aus der begrenzten Granularität einzelner Planungen resultieren. Granularität Vollständige Granularität würde bedeuten, die aktuellen bilanziellen und außerbilan-

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