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RISIKO MANAGER 02.2017

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4 RISIKO MANAGER 02|2017 IFRS 9 Ermittlung laufzeitabhängiger PDs im Kundenkreditgeschäft Eine zentrale Herausforderung für Banken und Versicherungen hinsichtlich der Anwendung der neuen Impairment-Regelungen des Bilanzierungsstandards IFRS 9 für die Berechnung des Expected Lifetime Loss ist die Bestimmung von geeigneten PD-Profilen. Diese sollen den zeitlichen Verlauf der Ausfallwahrscheinlichkeiten von Kreditverträgen für zukünftige Perioden beschreiben. Im Kontext von IFRS 9 erfüllen PD-Profile zwei zentrale Aufgaben: Sie werden erstens für die Stufenzuordnung benötigt. Diese basiert auf einem Vergleich der Wahrscheinlichkeit zwischen Berichtszeitpunkt und (erwartetem) Laufzeitende auszufallen und der zeitlich korrespondierenden Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmt zum Zeitpunkt der Kreditvergabe [vgl. IFRS 9, 5.5.3-5.5.5]. Zweitens sind sie als Grundlage für die Bestimmung des erwarteten Verlusts der der Stufe 2 zugeordneten Kredite erforderlich. Eine große Herausforderung insbesondere im Kundenkreditgeschäft besteht darin, anhand einer oftmals kurzen Datenhistorie (selten mehr als zehn Jahre) die Ausfallwahrscheinlichkeiten zukünftiger Perioden für lange Kreditlaufzeiten (häufig mehr als 30 Jahre) zu ermitteln. Vollparametrische Ansätze können dann nicht oder zumindest nicht zuverlässig geschätzt werden. Parametersparsame Lösungen sind folglich wünschenswert. Darüber hinaus verfügen die meisten Kreditinstitute bereits über einjährige Modelle, welche zu Eigenkapitalunterlegungszwecken bzw. zur Bestimmung der Risikovorsorge gemäß IAS 39 eingesetzt werden. Eine Möglichkeit im Zuge von IFRS 9 auf diese im Einsatz befindlichen einjährigen Modelle aufzusetzen, erscheint daher sinnvoll. Ein Ansatz, welcher diese beiden Vorteile vereint, geht auf Börstler und Mölls [vgl. Börstler/Mölls 2015] zurück. Grundlegende Idee dieses Verfahrens ist es, anhand empirischer Regelmäßigkeiten zwischen prognostiziertem Rating (Scorewerten) und laufzeitabhängiger Ausfallrate bedingte PD-Profile zu schätzen.

Kreditrisiko 5 Lösungsansatz und Anwendungsbereich Abb. 01 Jahresspezifische Ausfallraten und einjährige PD nach Ratingklassen In der vorliegenden Untersuchung wenden wir das von Börstler und Mölls [vgl. Börstler/Mölls 2015] vorgeschlagene Verfahren zur Modellierung von bedingten PD-Profilen auf ein Portfolio im Kundenkreditgeschäft an. Wir illustrieren die empirische Ausgangslage, das zweistufige Schätzvorgehen und die Extrapolation über den Zeitraum der vorhandenen Datenhistorie hinaus. Das im Folgenden vorgestellte Verfahren beschreibt die Schätzung von ratingklassen- und jahresspezifischen bedingten PDs mit einem jeweils einjährigen Prognosehorizont. Diese geben die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Vertrags innerhalb einer Jahresscheibe (beispielsweise zwischen dem dritten und vierten Jahr nach dem Betrachtungszeitpunkt) an, sofern der Vertrag zu Beginn dieser Jahresscheibe aktiv ist. Die Verträge werden hierbei nach PD-Klasse zum Betrachtungszeitpunkt gepoolt. Ausgehend von den sich ergebenden bedingten PD-Profilen lassen sich schließlich marginale PD-Profile ableiten. Letztere bilden die Grundlage zur Ermittlung des Expected Lifetime-Loss in der Risikovorsorge nach IFRS 9. Die Ermittlung der marginalen PD-Profile ist Gegenstand eines weiteren Beitrags in einer der nächsten Ausgaben des RISIKO MANAGER. Empirische Ausgangslage A B C D E K L M N O PD-Level, Ausfallrate PD-Level, Ausfallrate PD AR-1J AR-2J AR-3J AR-4J AR-5J PD AR-1J AR-2J AR-3J AR-4J AR-5J F G H I J P Q R S T PD-Level, Ausfallrate PD-Level, Ausfallrate PD AR-1J AR-2J AR-3J AR-4J AR-5J PD AR-1J AR-2J AR-3J AR-4J AR-5J Für die empirische Anwendung gehen wir bewusst von einer kurzen Datenhistorie aus, welche einen Zeitraum von fünf Jahren umfasst. Zu jedem Vertrag liegen auf monatlicher Basis ein Rating für bestehende Kredite (in Form einer Ratingklasse) sowie ein Kennzeichen für einen Ausfall innerhalb der nächsten zwölf Monate („einjähriges Ausfallkennzeichen“) vor. Derartige Ausfallkennzeichen sind aufgrund aufsichtsrechtlich erforderlicher Validierungsaufgaben in der Regel bereits vorhanden. Basierend auf dem einjährigen Ausfallkennzeichen werden vertragsspezifische (ebenfalls einjährige) Ausfallkennzeichen für die Perioden ab dem Betrachtungszeitpunkt ermittelt. Diese geben an, ob ein Ausfall des Vertrags innerhalb einer bestimmten in der Zukunft liegenden Jahresscheibe vorliegt oder nicht. Auf Basis dieser jahresspezifischen Ausfallkennzeichen lassen sich, analog zur herkömmlichen einjährigen Modellierung, ex-post bedingte Ausfallraten erzeugen. Anhand der vorliegenden Datenhistorie können die Ausfallraten für fünf Jahre gebildet werden. Diese Information in Kombination mit der Ratingklasse zum Betrachtungsstichtag des Vertrags bildet die zentrale Informationsgrundlage für die Erzeugung bedingter PD-Profile und liegt monatlich vor. Die Erzeugung jahresspezifischer bedingter Ausfallraten erfolgt durch die Aggregation der monatlichen Ausfallinformationen je Ratingklasse für die jeweils nachfolgend in der Datenhistorie verfügbaren Jahre. Abb. 01 veranschaulicht die einjährigen PDs und die jahresspezifischen Ausfallraten gegliedert nach Ratingklassen. Die vier Darstellungen zeigen jeweils fünf verschiedene Ratingklassen, deren PD-Niveaus und zugehörige Ausfallraten monoton ansteigen. Die horizontale Achse erfasst das Niveau von einjähriger PD und den zugehörigen jahresspezifischen Ausfallraten. Die vertikale Achse differenziert die Ratingklassen A bis T in alphabetischer Reihenfolge in vier Gruppen von A-E, F-J, K-O und P-T. Bei der rot markierten (einjährigen) PD („PD“) handelt es sich um eine IRB-PD. Diese ist entsprechend der aufsichtsrechtlich präferierten Konservativität stets auf ein Niveau oberhalb der einjährigen Ausfallrate („AR-1J“) kalibriert. Dies entspricht bei IRB-Instituten der üblichen Ausgangslage, hat jedoch für die weitere Darstellung der Methode keine inhaltlichen Konsequenzen. Für die Jahre 2 bis 5 liegen die Ausfallraten („AR-2J“ bis „AR-5J“) in den Ratingklassen A bis J hingegen weitestgehend oberhalb der PD. Innerhalb der Ratingklassen A und B erkennt man zudem ein Absinken der Ausfallraten nach anfänglichem Anstieg. In den Ratingklassen K bis T liegen sämtliche Ausfallraten der Jahre 2 bis 5 unterhalb der einjährigen PD. Sie nehmen darüber hinaus mit zunehmender Dauer der Bestandszugehörigkeit monoton ab. Die beschriebenen Muster sind durch die Überlagerung von zwei Effekten erklärbar: Erstens tritt ein Trennschärfeverlust ein. Bezogen auf einen beliebigen Betrachtungs-

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