Aufrufe
vor 6 Jahren

RISIKO MANAGER 02.2017

  • Text
  • Risikomanagement
  • Risiken
  • Unternehmen
  • Risiko
  • Unternehmens
  • Strategischen
  • Vorgaben
  • Ertrag
  • Anforderungen
  • Insbesondere
RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

10

10 RISIKO MANAGER 02|2017 Marktrisikomessung Exponentielle Gewichtung in der Value-at-Risk-Berechnung Im Rahmen der Marktrisikomessung können Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften von einer Gleichgewichtung der historischen Daten abweichen und stattdessen auch eine exponentielle Zeitreihengewichtung verwenden. Die Institute sind bei der Wahl des Gewichtungsfaktors jedoch nicht völlig frei. Der vorliegende Beitrag stellt die rechtlichen Anforderungen dar und geht auf die Berechnung des zulässigen Gewichtungsfaktors ein. Für die Berechnung des Value at Risk (VaR) werden historische Daten benötigt, beispielsweise die letzten 500 Änderungsraten eines Risikofaktors. Diese Daten können gleichgewichtet in die Berechnung einfließen oder exponentiell gewichtet werden (sogenannte EWMA-Modelle für Exponentially Weighted Moving Average). Mittels exponentieller Gewichtung werden Änderungen am aktuellen Rand stärker gewichtet als Änderungen, die weiter in der Vergangenheit zurückliegen. Dies hat den Vorteil, dass sich der VaR schneller an volatile Marktphasen anpassen kann, um Risiken adäquat zu erfassen. Liegt hingegen die volatile Phase weit in der Vergangenheit, wird sie weniger berücksichtigt und der VaR reflektiert überwiegend die ruhige Marktphase. Dabei beginnt er, die volatile Zeit „zu vergessen“. Von daher stellt sich die Frage, welcher der beiden Ansätze (Gleichgewichtung vs. exponentielle Gewichtung) zur Berechnung des Marktrisikos eher in Betracht gezogen werden sollte bzw. wie der Gewichtungsfaktor zu wählen ist. Beispiel Wechselkurs Euro/ Britisches Pfund In Abb. 01 werden die täglichen Änderungsraten des Wechselkurses Euro pro Britisches Pfund dargestellt (das heißt aus deutscher Sicht in Preisnotierung). Aus diesen Änderungsraten wurde mithilfe der Standardabweichung der Value at Risk für verschiedene historische Zeithorizonte (250 Tage, 500 Tage und 1.000 Tage) bei einem Signifikanzniveau von jeweils 99 Prozent berechnet und mit eingezeichnet. Je länger der historische Zeithorizont dabei gewählt wird, desto geringer schwankt auch der Value at Risk. In dieser typischen Darstellung wurden die historischen Daten gleichgewichtet. Wertet das Britische Pfund stärker ab (Aufwertung des Euro) als vom Risikomodell prognostiziert – wie etwa nach dem EU-Referendum im Juni 2016 – kommt es zu einem sogenannten Ausreißer, das heißt der Verlust fällt größer aus als erwartet. Für Banken gilt es, durch geschickte Marktrisikomessung die Anzahl dieser Ausreißer zu minimieren [vgl. Artikel 366 CRR-Verordnung Nr. 575/2013]. Auch wenn Verhaltensrisiken – wie das EU-Referendum – nicht prognostiziert werden können, so sollte das Marktrisikomodell auf eine Zunahme der Volatilität nach einem Schock reagieren. Für Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften ist die Gewichtung der historischen Zeitreihe im Rahmen der Marktrisikomessung ein Anpassungsparameter. Es ist möglich von einer Gleichgewichtung der historischen Daten abzuweichen und stattdessen eine exponentielle Zeitreihengewichtung zu verwenden. Diese Gewichtung führt dazu, dass die jüngere Vergangenheit stärker in die Volatilitätsberechnung mit einfließt als weit zurückliegende Schwankungen. Schwankt der Wechselkurs stärker (beispielsweise nach dem Brexit-Votum Ende Juni 2016), wird dies mit einer exponentiellen Zeitreihengewichtung schneller im Marktrisikomodell abgebildet ( Abb. 02), das heißt, das Risiko steigt, folglich nimmt der Value at Risk zu, und schließlich steigen gegebenenfalls die Eigenkapitalanforderungen bei Banken. Demgegenüber lassen sich die Ausreißerzahlen durch Verwendung einer exponentiellen Gewichtung bei einem Anstieg der Volatilität gegebenenfalls reduzieren. So wie das Risiko in volatilen Marktphasen schnell in die VaR-Berechnung eingespeist werden kann, so schnell geraten volatile Marktphasen bei einer exponentiellen Zeitreihengewichtung allerdings auch in Vergessenheit, das heißt, das Risiko kann auch geringer als bei einer Gleichgewichtung der Zeitreihe eingeschätzt werden, Abb. 02. Rechtliche Anforderungen bei Kapitalverwaltungsgesellschaften Kapitalverwaltungsgesellschaften – Verwalter von Investmentvermögen – sind bei der Wahl des Gewichtungsfaktors im Rahmen der Marktrisikomessung nicht völlig frei: Aus § 11 Satz 1 Nr. 3 der Derivateverordnung ergibt sich: „Bei der Ermittlung des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko ist […] 3. ein effektiver historischer Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr zugrunde zu legen.“ Die „Erläuterungen zur Derivateverordnung“ [§ 11 Satz 1 Nr. 3 Derivateverordnung] erklären die gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich des historischen Beobachtungszeitraums genauer: „Bezüglich der Anforderung nach Nummer 3 bleibt es bei der bisherigen Forderung nach einem effektiven historischen

Marktrisiko 11 Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr, bzw. aus Vereinfachungsgründen 250 Arbeitstagen (= Beobachtungen). Selbstverständlich bleibt es der Gesellschaft weiterhin unbenommen, eine längere Beobachtungsperiode zu verwenden. Die Anforderung lässt es ebenfalls zu, verschiedene Gewichtungsschemata zu verwenden. Bei Abweichung von der Gleichgewichtung darf weiterhin der gewichtete Durchschnitt die Zeitdauer von sechs Monaten nicht unterschreiten (Balancepunkt). Dieser wird erreicht, wenn keine Gewichtung angewendet wird, also alle historischen Beobachtungen in gleicher Weise und mit vollem Gewicht in die Berechnung einfließen. In diesem Fall befindet sich der „Balancepunkt“, der die gewichteten Beobachtungen in zwei gleiche Teile unterteilt, beim Zeitpunkt von sechs Monaten. Dieselbe Anforderung gilt bei Verwendung eines Gewichtungsschemas, wobei in der Praxis Gewichtungsschemata verwendet werden, die in der Regel die neueren, das heißt in der jüngeren Vergangenheit liegenden Beobachtungen höher gewichten als die in weiterer Vergangenheit liegenden. Die höheren Gewichtungen für die jüngeren Beobachtungen müssen dementsprechend durch eine größere Anzahl von weiter in der Vergangenheit liegenden Beobachtungen kompensiert werden, um den Balancepunkt von sechs Monaten sicherzustellen.“ Zusammengefasst bedeutet dies: Es wird mindestens ein historischer Beobachtungszeitraum von 250 Tagen verlangt, und im Rahmen der exponentiellen Gewichtung darf der Balancepunkt nicht die Dauer von sechs Monaten (beziehungsweise 125 Handelstagen) unterschreiten. Das heißt, die jüngsten Handelstage müssen mindestens einen Zeitraum von sechs Monaten umfassen. Wird der Gewichtungsfaktor zu gering gewählt (das heißt wird die jüngere Vergangenheit zu stark gewichtet), verschiebt sich der Balancepunkt zu sehr in Richtung jüngere Vergangenheit und unterschreitet ggf. die gesetzlich geforderte Länge von mindestens 125 Handelstagen. Bankenrechtliche Anforderung Selbige rechtliche Anforderungen an den Gewichtungsfaktor ergeben sich auch im Bankensektor. Die CRR-Verordnung [Nr. 575/2013] legt in Artikel 365 bezüglich der Marktrisikomessung fest: „1. The calculation of the value-at-risk number referred to in Article 364 [Verordnung (EU) Nr. 575/2013] Abb. 01 3,00 % 2,00 % 1,00 % 0,00 % -1,00 % -2,00 % Quelle: EZB 2016. shall be subject to the following requirements: […] (d) an effective historical observation period of at least one year except where a shorter observation period is justified by a significant upsurge in price volati- Wechselkursänderungsraten Euro/Britisches Pfund, eigene Berechnung. Änderungsraten Wechselkurs Pfund/ Euro; September 2008 bis November 2016 -3,0001.09.2008 % 01.09.2009 01.09.2010 01.09.2011 01.09.2012 01.09.2013 01.09.2014 01.09.2015 01.09.2016 -4,00 % -5,00 % Abb. 02 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5 % Quelle: EZB 2016. Änderungsrate VaR250 VaR500 VaR1000 Wechselkursvolatilität (Varianz) Euro/Britisches Pfund, eigene Berechung Wechselkursvolatilität (Varianz; Pfund/ Euro) mit/ ohne Gewichtung, September 2008 bis November 2016 0 % 09-08 03-09 09-09 03-10 09-10 03-11 09-11 03-12 09-12 03-13 09-13 03-14 09-14 03-15 09-15 03-16 09-16 = 1 = 0,996 = 0,94

RISIKO MANAGER

 

Copyright Risiko Manager © 2004-2017. All Rights Reserved.