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RISIKO MANAGER 01.2019

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32 RISIKO MANAGER 01|2019 Rechnen mit Risiken und risikogerechte Kapitalkosten Gleichung 01 Die zentrale unternehmerische Aufgabe ist ein fundiertes Abwägen von erwarteten Erträgen und Risiken bei wichtigen Entscheidungen („Bewertung“ im wertorientierten Management) [vgl. Sinn 1980 zu den Grundlagen]. Für die Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen ist eine fundierte Strategie, eine darauf aufbauende operative Planung und eine Analyse von Chancen und Gefahren (Risiken) notwendig. Mit den quantifizierten und aggregierten Risiken kann man leicht rechnen, wenn der Gesamtrisikoumfang durch ein Risikomaß ausgedrückt wird (R(…)) [Siehe Gleißner 2005; Dirrigl 2009 und Dreher 2010 mit Anwendung auf das Beteiligungscontrolling]. Notwendig ist dabei, dass Risikoanalysen bei der Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen vorgenommen werden, um zu zeigen, wie sich der Risikoumfang des Unternehmens bei der Entscheidung für eine Handlungsoption verändern würde („Was-wäre-wenn-Analyse“). Die Brücke vom aggregierten Gesamtrisikoumfang, beispielsweise ausgedrückt durch die Standardabweichung des Ertrags, zum Unternehmenswert als Performancemaß, sind insbesondere die Kapitalkosten (oder Sicherheitsäquivalente, vgl. zweiter Abschnitt). Im Gegensatz zur traditionellen „kapitalmarktorientierten“ Bewertung (beispielsweise mittels CAPM) können die Kapitalkosten bei einer Bandbreitenplanung unmittelbar aus dem Ertragsrisiko als Ergebnis von Risikoanalyse und Risikoaggregation abgeleitet werden und nicht etwa aus historischen Aktienrendite-Schwankungen [wie üblicherweise beim Beta-Faktor des CAPM; vgl. Gleißner 2011, Gleißner 2014 und 2017a]. Ein solcher, oft vereinfachend als konstant angenommener Kapitalkostensatz kann speziell beispielsweise aus der Standardabweichung des Ertrags σ Ertrag als Risikomaß abgeleitet werden: Ausgehend vom risikolosen Zinssatz r f ergibt sich folgende Gleichung 01 für den risikogerechten Kapitalisierungssatz (Kapitalkostensatz) [vgl. zur Herleitung über „unvollständige Replikation“ Gleißner 2011 sowie weiterführend Dorfleitner/ Gleißner 2018]. Das Verhältnis von Ertragsrisiko σ Ertrag zum erwarteten Ertrag Ee = E(Ertrag), die beide von Chancen und Gefahren abhängig sind, ist der Variationskoeffizient V, der die „übliche Schwankungsbreite“, also die Planungsunsicherheit in %, ausdrückt. Die Größe λ zeigt die Überrendite pro Einheit Risiko (Sharpe Ratio), vgl. Gleichung 02 Gleichung 02 Sie ist abhängig von der erwarteten Rendite des Marktindex re m , deren Standardabweichung σ rm und dem risikolosen Basiszins r f und drückt das Ertrag-Risiko- Profil der Alternativinvestments aus: Bewerten heißt vergleichen. Ein λ von beispielsweise markttypischen 0,25 besagt, dass man pro Einheit mehr Risiko 0,25% mehr Rendite erwarten kann. Da die Eigentümer nicht unbedingt alle Risiken des Unternehmens σ Ertrag tragen, ist zudem der Risikodiversifikationsfaktor (d) zu berücksichtigen. Er zeigt den Anteil der Risiken eines Unternehmens oder Projekts, den in Gleichung 01 der Eigentümer zu tragen hat. Der Risikodiversifikationsgrad d ist in einem realen unvollkommenen Markt abhängig von den Möglichkeiten des Eigentümers (Bewertungssubjekts) auf Ebene seines Portfolios, Risikodiversifikationseffekte zu erreichen. Man kann eine 1 + r f 1 + r f k = - 1 = - 1 r f + λ · V · d σ Ertrag 1 - λ · V · d 1 - λ · · d Ee = Schätzung des Risikodiversifikationsgrads d über die Korrelation der (trendbereinigten) Erträge (bzw. des Ertragswachstums) des Unternehmens zum Ertrag aller Unternehmen des Marktindex ableiten. Aus der simulationsbasierten Risikoaggregation folgt implizit der Risikodiversifikationsfaktor d, wenn man exogene Risikofaktoren zur Erfassung des systematisch, unternehmensübergreifenden Risikos eigenständig betrachtet („Risikofaktormodell“ [vgl. Gleißner 2017a]). Unter den speziellen Annahmen des CAPM ergibt sich d als Korrelation zur Rendite des Marktportfolios. Will man bzgl. der Vorstellung perfekt diversifizierter Investoren dem CAPM treu bleiben – und akzeptiert die zugrunde liegenden Annahmen – kann man auch die Erkenntnisse einer Risikoanalyse für die Herleitung eines risikoadäquaten Diskontierungszinssatzes k (also eine risikogerechte Bewertung) nutzen [siehe zur Sicherheitsäquivalent-Methode des CAPM Robichek/Myers 1966; Rubinstein 1973 und die Herleitung der Gleichungen mit der Methode der unvollkommenen Replikation bei Spremann 2004; Gleißner 2015a sowie Dorfleitner/Gleißner 2018]. Die Herleitung von k geht von einem Sicherheitsäquivalent aus und nutzt den in Gleichung 03 abgebildeten Zusammenhang Gleichung 03 W0 (Z₁) = E (Z₁) 1+ k sowie [als Spezialfall der allgemeinen Gleichung zur Bewertung von Zahlungen siehe Dorfleitner/Gleißner 2018] den in Gleichung 04 wiedergegebenen „Marktpreis des Risikos“ (wie in Gleichung 02) und ρ der Korrelation von Z zum Marktportfolio r M [ρ ist implizit im Beta-Faktor des CAPM enthalten; siehe Lobe 2006]. Der Kapitalkostensatz k ist nun durch Auflösung von Gleichung 03 und Gleichung 04 nach k zu erhalten, ähnlich Gleichung 01, speziell mit d = p (siehe Gleichung 05) [p ist im Mittel ca. 0,5]. Selbst der „CAPM-Bewerter“ kann und sollte eine Risikoanalyse des Unternehmens

ERM 33 Gleichung 04 Gleichung 05 E (Z) - E (r) - r f · cov(Z,r M ) σ² (r M ) W0 (Z) = = 1+ r f 1 + r f k = - 1 σ(Z) 1 - λ · · ρ E (Z) E (Z) - λ · σ(Z) · ρ 1+ r f zur Grundlage der Unternehmensbewertung, Strategiebewertung oder Berechnung von EVA (Economic Value Added) machen! Im Ergebnis führen die Risikoanalyse und Risikoaggregation damit zu Kapitalkosten, die die risikogerechte Anforderung an die Rendite eines Projekts, eines Geschäftsbereichs oder Unternehmens, ausdrücken (beispielsweise für die Berechnung eines Discounted Cashflows, DCF oder Economic Value Added, EVA). In der Praxis ist es üblich, den Risikoumfang – außer im Erwartungswert der Erträge – im hier erläuterten Kapitalkostensatz zu erfassen. Für das Verständnis einer risikogerechten Bewertung und der „Herkunft“ von Bewertungsgleichungen (wie Gleichung 04) kann es hilfreich sein, die dahinterliegende Idee der Berechnung von „Risikoabschlägen“, die vom Umfang des Risikoumfangs abhängig sind, noch etwas näher zu erläutern. Abb. 02 zeigt die Grundidee jeder risikogerechten Bewertung an einem sehr einfachen Beispiel. Betrachtet wird eine Zahlung (Z), die unsicher ist, d. h., es können mehrere Rückzahlungsszenarien auftreten. Im Beispiel werden hier lediglich zwei Szenarien betrachtet (im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation kann man natürlich leicht auch einige hunderttausend Szenarien berechnen und analysieren). Der erste Schritt einer risikogerechten Bewertung besteht zunächst immer darin, den Erwartungswert der Rückzahlung zu bestimmen, also zu sagen, was „im Mittel“ unter Beachtung von Chancen und Gefahren an Rückfluss zu erwarten ist. Dieser Erwartungswert – E(Z) – ist aber nur für einen „risikoneutralen“ Bewerter alleiniger Entscheidungsmaßstab. In der Realität kann man für mehr Risiken auch höhere Renditen erwarten (beispielsweise indem man in einem Portfolio mit bisher nur deutschen Staatsanleihen schrittweise mehr Aktien aufnimmt, die höhere erwartete Renditen, aber auch höhere Risiken mit sich bringen). Um dies zu berücksichtigen, ist bei einer risikogerechten Bewertung ein Risikoabschlag vom Erwartungswert vorzunehmen. Im Fallbeispiel aus Abb. 02 beträgt der Risikoumfang R(Z) = 4. Das Risikomaß drückt den Umfang möglicher Abweichungen vom Erwartungswert E(Z) = 6 aus und kann beispielsweise als Standardabweichung der Zahlung operationalisiert werden. Wie man der Abbildung entnehmen kann, ist nun eine risikogerechte Bewertung einfach durchzuführen. Man nimmt den Erwartungswert der Zahlung und reduziert diesen um einen von der Risikomenge R abhängigen „Vorsichtsabschlag“. Dieser ist neben der Risikomenge abhängig vom Marktpreis des Risikos (λ = 0,25), welcher oben bereits erläutert wurde. Wir gehen hier zudem von d = 1 aus. Liegt die Zahlung in der Zukunft, ist die risikobereinigte Größe das sogenannte „Sicherheitsäquivalent“ (SÄ), hier also SÄ(Z) = E(Z) – λ • R(Z) = 6 – 0,25 x 4 = 5, noch mit dem risikolosen Zinssatz r f auf die Gegenwart (t = 0) abzuzinsen. Im Fallbeispiel ergibt sich entsprechend ein Wert von W(Z) = SÄ / (1 + r f ) = 4,85, der den Risikoumfang der Zahlungen risikogerecht berücksichtigt. Will man nun ergänzend den dazu „passenden“ risikogerechten Kapitalkostensatz ableiten, ist dieser – wie man der Abbildung entnehmen kann – auch leicht ermittelbar: Wer für eine Zahlung mit einem Erwartungswert von 6 bereit ist, maximal den Wert (Grenzpreis) von 4,85 zu bezahlen, fordert eine erwartete Rendite von 21,6 Pro- Abb. 02 Beispiel zu risikogerechter Bewertung der Zahlung (mit d = 1 und r f = 0,03) Risikogerechte Bewertung (mit d = 1) p 1 =0,5 10 Erwartungswert Risiko E( Z ) = 0,5⋅ 10 + 0,5⋅ 2 = 6 R( Z ) = 4 Z % °Z 6 R(Z) = 4 p 2 =0,5 2 E( Z) ⇒ k = W ( Z) ( ) − λ ⋅ R( Z ) 6 − 0,25⋅4 E Z W ( Z ) = = = 4,85 1+ r 1,03 f − 1 = 6 4,85 − 1 = 23,6% (Kapitalkosten, risikoadäquate Rendite)

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