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RISIKO MANAGER 01.2018

RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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12 RISIKO MANAGER 01|2018 Tab. 02 Instrument Deskriptive Statistiken für den Gesamtdatensatz Variable Beschreibung N MW Std. p1 p50 p99 LGD Loss Given Default 1.185 0,366 0,373 -1,206 0,391 1 EAD Exposure at Default (¤) 1.185 37.451 77.913 338 20.057 309.392 Verlust Realisierte Verluste (¤) 1.185 13.934 32.192 -5.783 6.808 124.392 samten Zeitraum, wie Tab. 01 zu entnehmen ist. Seitens der Bank wird ein Vertrag als ausgefallen definiert, falls der Leasingnehmer mindestens 90 Tage in Zahlungsverzug geraten ist. 2 Eine Gesundung lässt der Leasinggeber hierbei nicht zu, sodass ein einmal ausgefallener Vertrag folglich konsequent abgewickelt wird. Für das dieser Studie zugrunde liegende Zeitfenster betrachtet die Bank den Bearbeitungs- bzw. Work-out-Prozess der ausgefallenen Leasingverträge als weitestgehend abgeschlossen. Sollten nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Work out- Prozesses noch unerwartete Zahlungen zu einem Vertrag eingehen, ordnet die Bank diese nicht mehr dem spezifischen Vertrag zu, sondern verbucht solche Zuflüsse anderweitig pauschal als Ertrag. Die in diesem Datensatz auf Vertragsebene ermittelten LGDs können damit als eine konservative Schätzung angesehen werden. Der vorliegende Datensatz enthält Informationen zur Höhe der nach Ausfall des Leasingvertrags getätigten Zahlungen des Kunden an die Bank sowie zu den seitens der Bank erzielten Erlösen aus der Verwertung des Leasingobjekts und etwaiger zusätzlich gestellter Sicherheiten. Auf Basis dieser Informationen kann der Loss Given Default eines jeden Leasingvertrags mittels des sogenannten Work-out-Verfahrens bestimmt werden. Hierzu wird für jeden ausgefallenen Leasingvertrag die Summe aus den erzielten Verwertungserlösen und den nach Vertragsausfall erhaltenen Kundenzahlungen ins Verhältnis zum ausstehenden Forderungsbetrag bei Ausfall (Exposure at Default (EAD)) gesetzt. Das EAD jedes Leasingkontrakts umfasst die zum Ausfallzeitpunkt offenen und überfälligen Leasingraten und enthält folglich sowohl offene Zins- als auch Tilgungszahlungen. Da Gemeinkosten durch die Bank nicht explizit auf einzelne Leasingverträge aufgeschlüsselt werden, bleiben Kosten analog zu anderen Studien in dieser Untersuchung unberücksichtigt (vgl. Schmit (2004), Laurent (2005) sowie Hartmann-Wendels (2010)). Für die erzielten Verwertungserlöse und die nach Ausfall bei der Bank eingegangenen Zahlungen der Leasingnehmer liegen keine detaillierten Informationen über die zeitliche Verteilung der Zahlungsströme Abb. 01 Verluste / Gewinne ausgefallener Verträge (¤) 40.000 30.000 20.000 10.000 vor. Folglich ist eine barwertige Betrachtung im Rahmen dieser Studie nicht sinnvoll möglich. Laurentis und Riani (2005) zeigen jedoch in ihrer Studie, dass eine barwertige Berechnung des LGD bei Leasingverträgen nur marginal von einer nicht-barwertigen Betrachtungsweise abweicht. 3 Darüber hinaus reduziert das im Zeitraum der Ausfälle historisch niedrige Zinsniveau die Diskrepanz zwischen einer barwertigen und einer nicht-barwertigen Betrachtung, weswegen insgesamt die Implikationen einer fehlenden Diskontierung als vernachlässigbar anzusehen sind. Neben der bereits oben angesprochenen Ausfallrate des Gesamtportfolios über den kompletten Betrachtungszeitraum werden zusätzlich die jährlichen Ausfallraten des Portfolios berechnet. Hierzu wird für die relevanten Jahre die Anzahl der in diesem Jahr ausgefallenen Leasingengagements ins Verhältnis zu den insgesamt im entsprechenden Jahr aktiven Leasingverträgen gesetzt. Ein Vertrag wird hierbei als aktiv klassifiziert, falls im betrachteten Jahr für diesen Vertrag eine laufende Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Durchschnittlich realisierte Verluste / Gewinne unterschiedlicher Klassen von Verlustquoten 0 Klasse 1: 0 LGD Klasse 2: 0 LGD < 0,2 Klasse 3: 0,2 LGD < 0,4 Klasse 4: 0,4 LGD < 0,6 Klasse 5: 0,6 LGD < 0,8 Klasse 6: 0,8 LGD - 1.970 1 4.106 2 17.278 3 18.430 4 13.670 5 33.152 6

Kreditrisiko 13 Abb. 02 Häufigkeit 80 60 40 20 0 Verteilung des LGD für den Gesamtdatensatz -4 -3 -2 Kunde bestand, der Vertrag in diesem Jahr regulär beendet wurde oder ausgefallen ist. Für die weiteren Analysen essentiell sind Erkenntnisse über die Herkunft respektive den Sitz des jeweiligen Leasingnehmers. Diese Anforderungen erfüllt der vorliegende Datensatz, indem für jeden Leasingvertrag die ersten vier Ziffern der Postleitzahl des Leasingnehmers verfügbar sind. Hierdurch können der LGD sowie die Ausfallraten auf Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern und darüber hinaus verschiedenen Kreisen analysiert werden. Tab. 02 zeigt deskriptive Statistiken der wichtigsten nicht-binären Variablen für den betrachteten Ausfallzeitraum 2009 bis 2014. Der durchschnittliche LGD beträgt im vorliegenden Datensatz 36,6 Prozent und liegt damit in einer für Leasinggeschäfte in anderen Studien festgestellten Größenordnung. Die vermehrte Realisierung negativer LGDs – bspw. aufgrund der Weiterzahlung noch offener Leasingraten nach Ausfall des Vertrags oder sehr hoher erzielter Verwertungserlöse – ist ein leasingtypisches Charakteristikum und kann als ein ökonomischer Gewinn für die Bank betrachtet werden. 4 LGD -1 0 1 Die durchschnittliche Forderungshöhe der Bank gegenüber dem Leasingnehmer beträgt im Zeitpunkt des Ausfalls etwas über 37.000 €, der Median liegt bei ungefähr 20.000 €. Insbesondere einige vergleichsweise sehr hohe Forderungen erklären diese Diskrepanz zwischen Mittelwert und Median. Beispielsweise liegt das 95 Prozent-Perzentil des EAD bei über 105.000 €. 5 Werden dem Forderungsbetrag zum Zeitpunkt des Ausfalls die im Workout-Prozess erzielten Erlöse gegenübergestellt, ergibt sich ein durchschnittlich realisierter Verlust von 13.934 € je ausgefallenem Vertrag. Werden die zu den Verlustquoten korrespondierenden realisierten Verluste betrachtet, zeigt Abb. 01, dass mit besonders hohen Verlustquoten die größten absoluten Verluste pro Vertrag einhergehen. Hierbei wurde der LGD je Vertrag in sechs Klassen untergliedert. In Klasse 1 sind alle Verträge mit einem LGD < 0 enthalten, für die Verträge in Klasse 2 gilt 0 ≤ LGD < 0,2, für solche in Klasse 3 0,2 ≤ LGD < 0,4, für die Verträge in Klasse 4 0,4 ≤ LGD < 0,6, für Klasse 5 0,6 ≤ LGD < 0,8 und für die Verträge in Klasse 6 0,8 ≤ LGD. Erwartungsgemäß wurden bei Verträgen mit niedrigeren Verlustquoten in Klasse 2 vergleichsweise geringe durchschnittliche Verluste realisiert. Auffällig ist, dass in Klasse 5 die durchschnittlichen Verluste trotz einer höheren Verlustquote niedriger als in den Klassen 3 und 4 waren, was insbesondere durch die unterschiedliche Größenstruktur der Leasingengagements in den Klassen erklärt werden kann. 6 Ein weiteres wesentliches Merkmal zur Beschreibung des LGD in unserem Datensatz ist dessen Verteilung. Die Häufigkeitsverteilung des LGD in unserem Datensatz ist Abb. 02 zu entnehmen. Es ist zu erkennen, dass die Verteilung durch im Wesentlichen drei lokale Maxima charakterisiert wird, welche bei LGDs von 0 Prozent, 37 Prozent und 100 Prozent auftreten. Dies bedeutet, dass der Leasinggeber häufig entweder während des Workout-Prozesses genau den gesamten Forderungsbetrag eintreiben kann, keine Zahlungen erhält oder zumindest noch knapp zwei Drittel seiner Forderung eintreiben kann. Eine Verteilung des LGD mit mehreren Modalwerten ist sowohl für den LGD von Krediten und Anleihen als auch für Leasinggeschäfte charakteristisch (vgl. etwa Hesse und Ingermann (2013) für Kredite sowie Hartmann-Wendels et al. (2014) und Laurent und Schmit (2005) für Leasingverträge). 7 Neben den Charakteristika des Gesamtdatensatzes ist auch die zeitliche Verteilung der Verlustquoten und Ausfallraten interessant. Tab. 03 zeigt, dass der LGD zwischen knapp 33 Prozent im Jahr 2011 und über 41 Prozent im Jahr 2009 schwankt. Die im Vergleich höheren Verlustquoten in den Jahren 2009 und 2010 können dabei möglicherweise als Auswirkungen der Finanzkrise interpretiert werden. Die jährlichen Ausfallraten schwanken zwischen 1,1 Prozent und 1,8 Prozent und sind folglich im Zeitverlauf ebenfalls relativ stabil. Konjunkturelle Einflüsse scheinen somit überschaubare Effekte auf die jährlichen Ausfallraten zu haben, die folglich relativ robust gegenüber dem Wirtschaftszyklus wirken. Die im Vergleich zur Ausfallrate des Gesamtportfolios von 4,70 Prozent deutlich niedrigeren jährlichen Ausfallraten sind durch die oben erläuterte Berechnungsmethodik zu erklären. 8

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