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RISIKO MANAGER 01.2017

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10 RISIKO MANAGER 01|2017 Optimale Wahl von Cashflow- Profilen Welche Cashflow-Profile sind bezüglich der auf sie angewendeten Zinsszenarien optimal in dem Sinn, dass sie mit der geringstmöglichen Barwertreduktion verbunden sind? Es wird im Rahmen dieser Analyse angenommen, dass aus den Schockszenarien resultierende Erhöhungen des Barwerts keinen Nutzen stiften. Wie bereits erwähnt, ist die Beantwortung dieser Frage mithilfe einer Steuerung der Duration, ggf. unter Berücksichtigung der Konvexität schwierig, da bei diesem Konzept nur kleine Änderungen angenommen werden. Jedoch sind die Verschiebungen um 200 BP verhältnismäßig groß, sodass wir hier versuchen, einen alternativen Lösungsansatz zu finden. Zunächst wird der Fall betrachtet, dass die einzelnen Zahlungen des Cashflows beliebig hoch sein dürfen, während anschließend entsprechende Beschränkungen eingeführt werden. Nicht restringierte Wahl des Cashflow-Profils Zunächst wird generell gezeigt, dass – falls keine Sensitivitätsbedingungen an die einzelnen Laufzeit-Buckets des Cashflows gestellt werden – vollständig gegen die beiden Schockszenarien immunisierte Cashflow-Profile existieren. Ausgehend von einem Cashflow CF 0 , der mit den aktuellen Diskontierungsfaktoren d zum Barwert PV führt, also d·CF 0 =PV 0 gilt, sind die Bedingungen an einen solchen immunisierten Cashflow CF, der zudem auch unter der aktuellen Zinsstruktur denselben Barwert sowie dieselbe Duration, dieselbe Konvexität und dasselbe Twist-Risiko wie der Ausgangs-Cashflow CF 0 haben soll, wie nachfolgend beschrieben: = = = (, ) = ( , ) (, ) = ( , ) (, ) = ( , ) Dabei ist die (absolute, dass heißt nicht mit dem aktuellen Barwert normierte) Fisher/ Weil-Duration gegeben durch: (, ) = und die (absolute) Fisher/Weil-Konvexität durch: (, ) = ; das hier verwendete (absolute) Maß für das Twist-Risiko lautet: (, ) = ( ) wobei 0 < H < T ein vorzugebender zeitlicher Planungshorizont ist. Wir wählen H=1. Die Forderung, dieses sog. Twist-Risiko zu steuern, wird dabei durch die Begrenzung des in Anlehnung an von Fong/ Vasicek [vgl. Fong/Vasicek 1984] vorgeschlagenen Maßes M² operationalisiert. Man erhält im Fall T > 6 ein „unterbestimmtes“ lineares Gleichungssystem mit sechs Gleichungen und den T Unbekannten z 1 , …,z T . Dieser Fall dürfte aufgrund der fehlenden Begrenzung der Zahlungen in den einzelnen Laufzeit-Buckets ohne praktische Relevanz sein und soll nur allgemein zeigen, dass es zu jeder Ausgangszinsstruktur überhaupt Cashflow-Profile gibt, die gegen die beiden Zinsschockszenarien immun sind. Es gibt im Fall T > 6 zu jeder Zinsstruktur sogar unendlich viele Cashflows, die die gewünschte Immunitätseigenschaft haben und unter der Ausgangszinsstruktur zum selben Barwert führen wie der Ausgangs-Cashflow CF 0 . Für das Beispiel ergibt sich als eine der Lösungen etwa die folgende, wobei die Zahlungen ab einschließlich Laufzeitband 7 so gewählt sind, dass sie denen des Ausgangs-Cashflows entsprechen ( Abb. 03). Dieses Cashflow-Profil ist gegenüber den beiden Szenarien des Baseler Zinsschocks und bei der gegebenen Zinsstrukturkurve immun. Die Ersparnis (ohne Berücksichtigung von Kosten) gegenüber dem Ausgangs-Cashflow, bei dem ein Barwertverlust bei steigenden Zinsen eintritt, beträgt also 1,1 Geldeinheiten. Liegt anfänglich eine flache Zinsstruktur vor, lassen sich solche vollständig immunen Cashflow-Profile aufgrund der Vorzeichenregel von Descartes als Nichtnormalinvestitionen, das heißt Zahlungsreihen mit mehr als einem Vorzeichenwechsel, charakterisieren. Bei Normalinvestitionen, bei denen lediglich genau ein Vorzeichenwechsel vorliegt, kann eine gegen beide Schockszenarien immunisierte Position nicht realisiert werden. Die Erreichung der angegebenen Cashflow-Struktur ist geschäftspolitisch sicherlich ohne Relevanz. Bei der oben angegebenen Lösung müssten in einigen Laufzeit-Buckets erhebliche Ein- und Auszahlungen realisiert werden. Es ergeben sich also in manchen Laufzeit-Buckets erhebliche Exposures weit jenseits der Größenordnung des Ausgangs-Cashflows, die zu entsprechend hohen Sensitivitäten führen. Darüber hinaus wäre die Erzielung eines solchen Cashflows auch mit entsprechenden Kosten verbunden. Schließlich ist auch die fehlende Stabilität der so gefundenen Lösung zu berücksichtigen – die Immunisierung ist auch bei leichter Veränderung des angegebenen Cashflows nicht mehr gegeben. Insbesondere ist es wahrscheinlich, dass zu jedem Berechnungsstichtag die Generierung eines gänzlich anderen Cashflows erforderlich ist. Vor dem Hintergrund weiterer Zinsschockszenarien – neben den Standardschocks der parallelen Herauf- und Herabsetzung der Zinsstrukturkurve – ist bei einem Mapping des Cashflows in 10 Laufzeit-Buckets auch eine vollständige Immunisierung gegenüber weiteren Schockszenarien möglich, die etwa in Drehungen bestehen können. Insbesondere ist beispielsweise auch eine Immunisierung gegenüber sechs verschiedenen Schockszenarien möglich, wobei weiterhin der Barwert, die Duration, die Konvexität und das Twistrisiko gesteuert werden können. Allerdings gibt es in diesem Fall dann typischerweise nicht mehr unendlich viele, sondern nur noch genau eine Lösung. Lineare Programmierung zur Optimierung des Cashflow-Profils In der Praxis unterliegt der Cashflow Beschränkungen, die sich etwa aus der internen Steuerung ergeben. Eine Nebenbedin-

Marktrisiko 11 gung könnte etwa aus der internen Beschränkung des Zinsrisikos resultieren. Die vorliegende Fragestellung führt dann auf ein (multikriterielles) lineares Optimierungsproblem mit Nebenbedingungen. Dabei sind wie vorher die Ausgangszinsstruktur r, der Ausgangs-Cashflow CF 0 sowie die Zinsszenarien vorgegeben. Optimiert werden soll der Zahlungsstrom CF = (z 1 ,z 2 , …,z T ) dahingehend, dass er simultan unter den beiden betrachteten Szenarien zu den günstigsten Barwertveränderungen führt. Eine vollständige Immunisierung kann in diesem Kontext nicht automatisch erwartet werden, sondern lediglich eine möglichst günstige Positionierung gegenüber den vorgegebenen Schockszenarien. Die Zielfunktion minimiert simultan die Veränderungen des Barwerts unter den beiden Schockszenarien. Der Summand in der ersten eckigen Klammer gibt die Veränderung des Barwerts bei dem Upshift an, der zweite Summand entsprechend bei einem Downshift. Die beiden Teilziele werden mit Parametern w, w gewichtet. Die Größe cost (CF 0 , CF) gibt die Kosten (etwa für Termingeldanlagen und -aufnahmen) an, die beim Übergang vom bereits bestehenden Cashflow CF 0 zu einer anderen Cashflow-Struktur entstehen und wirkt wie ein (linearer) Strafterm. Als Nebenbedingungen können diverse Beschränkungen gewählt werden, sodass der optimierte Cashflow gewissen gewünschten Eigenschaften genügt. Insbesondere können die Duration und die Konvexität des Cashflows gesteuert werden. Des Weiteren können Grenzen für die absolute Höhe der einzelnen Zahlungen vorgegeben werden, um das Exposure und damit die Sensitivitäten gegenüber einzelnen Laufzeit-Buckets zu begrenzen. Ebenso verlangen wir, dass der optimierte Cashflow denselben Barwert aufweist wie der Ausgangs-Cashflow. Als weitere Nebenbedingung kann das mit Drehungen der Zinsstrukturkurve verbundene Risiko begrenzt werden. Für die hier betrachtete Fragestellung stellen wir bei der Formulierung der Zielfunktion und der Nebenbedingungen weiterhin auf diskrete Zinssätze und entsprechend auf diskrete Diskontfaktoren ab. Abb. 03 Cashflow-Profil Bucket t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Zahlung zt 20.955 -20.731 -66.606 112.101 -44.280 -1.660 0 0 0 130 Durch die explizite Forderung der Barwerterhaltung (der optimierte Cashflow soll zum selben Barwert führen wie der Ausgangs-Cashflow) können sowohl Zielfunktion als auch Nebenbedingungen linear in den Variablen formuliert werden. Insgesamt ergibt sich also ein (gegebenenfalls multikriterielles) lineares Optimierungsproblem der folgenden Gestalt. p g p g Zielfunktion: dert, dass der Verlust gegenüber dem Ausgangsbarwert kleiner als Null sein muss. Die Abweichung des optimierten Cashflows vom ursprünglichen Cashflow wird durch Wahl der Parameter und gesteuert. Hier werden pauschale, d.h. für alle Zeitbänder gleich hohe Abweichungsgrenzen gesetzt; eine Differenzierung ist leicht möglich. Zur Vereinfachung sehen min [( , ) (, )] + [( , ) , ] +( , ) mit , {0,1} Nebenbedingungen (Verlustbeschränkung bei dem nicht in der Zielfunktion auftretenden Szenario) Die Wahl der Gewichte steuert, welche Situation optimiert werden soll: Bei Fokussierung auf das positive Schockszenario gilt w 1 =1, w 2 =0, bei Optimierung des negativen Schockszenarios w 1 = 0, w 2 = 1, und bei der multikriteriellen Betrachtung, bei der beide Szenarien simultan optimiert werden, gilt w 1 = w 2 = 1. Die erste Nebenbedingung beschränkt den Verlust in dem in der Zielfunktion nicht aufgenommenen Szenario. Hier wird lediglich verlangt, dass der Verlustwert des in der Zielfunktion unberücksichtigten Szenarios kleiner ist als der resultierende Verlust bei dem Zielkriterium. Insbesondere wird nicht gefor- (Erhalt des Ausgangs-Barwerts) ( ( ( ( wir im Rahmen des oben begonnenen Beispiels von Kosten ab; die Zielfunktion enthält somit keinen Strafterm. Wir wählen w 1 =1, w 2 =0, fokussieren also auf das bereits in Kapitel 2 als Risikoszenario identifizierte Zinserhöhungsszenario. Aufgrund der Beziehung: () + () bei Verschiebungen der Zinsstrukturkurve um den Betrag wird eine obere Schranke für die Duration bzw. eine untere Schranke für die Konvexität festgelegt. Wir wählen= 20.

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