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RISIKO MANAGER 01.2016

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4 RISIKO MANAGER 01|2016 The Future of Banking Herausforderungen für das Geschäftsmodell „Bank“ „Banking ist notwendig, Banken sind es nicht.“ Dieses bekannte Zitat von Bill Gates aus dem Jahr 1994 fasst in prägnanter Weise die Herausforderung zusammen, der sich die Bankenindustrie 20 Jahre später gegenübersieht und die im Folgenden näher diskutiert wird. Natürlich wird es stets einen Bedarf nach Finanzdienstleistungen geben, wie das Einlagengeschäft, die Vergabe von Krediten oder die Abwicklung von Finanztransaktionen, seien es der Wertpapierhandel oder der Zahlungsverkehr. Allerdings setzt sich weltweit derweilen die Ansicht durch, dass traditionelle Banken nicht die erste Wahl sein müssen, wenn es darum geht, diese Dienstleistungen zu erbringen. In jeder Volkswirtschaft spielen Banken von jeher die kritische Rolle des Intermediärs zwischen Investoren und Kreditgebern. Sie verbessern die Transparenz zwischen diesen beiden Parteien und übernehmen gegen Entgelt Risiken, die sonst nur schwer zu diversifizieren wären. Darüber hinaus schützen sie die Einlagen der Kunden gegen unvorhergesehene Verluste und unterstützen damit das Wachstum der Wirtschaft (vgl. Allen / Carletti, 2008). Die Kombination aus technologischem Fortschritt, einem sich ändernden wirtschaftlichen Umfeld und neuem Kundenverhalten schaffen indes eine Umgebung, die das bisherige Geschäftsmodell „Bank“ unterminiert. Die schlechte Nachricht für Banken ist, dass sich diese Veränderungen weiter beschleunigen werden (vgl. Rieker, 2013). Abb. 01 fasst die fünf wesentlichen Herausforderungen zusammen, denen sich die Banken im Moment gegenübersehen und die das Geschäftsmodell am nachhaltigsten beeinflussen werden. Aber es gibt auch gute Neuigkeiten für die Finanzindustrie. Banken, die den Veränderungen offen gegenüberstehen, können durch Kombination ihrer Erfahrung und Marktstellung mit technischen Innovationen und neuen Dienstleistungen von dieser „Disruption“ direkt profitieren. Kosten der erweiterten Regulierung Die laufenden Reformen zur Regulierung von Banken im Nachgang der Finanzkrise zielen darauf, die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes zu erhöhen. Für die einzelnen Banken gehen diese einher mit deutlich höheren Kosten und vermehrter Unsicherheit, vor allem für die großen, systemrelevanten Häuser. Gestiegene Kapitalanforderungen erfüllen zwar das Ziel den Finanzsektor zu stabilisieren, aber belasten die Rentabilität erheblich. Zusätzlich zwingen die neuen Vorschriften zur Liquiditätsausstattung, umfangreiche Mittel in risikoarmen, aber niedrig-verzinslichen Anlagen zu halten und auf diesem Weg die Rentabilität weiter zu belasten. In der Konsequenz haben zahlreiche Institutionen begonnen, sich aus bestimmten Geschäftsbereichen zurückzuziehen, die z. B. nicht zum Kerngeschäft zählen oder zu teuer geworden sind. Darüber hinaus reduzieren zahlreiche Institute ihre internationalen Aktivitäten und konzentrieren sich neben dem Heimatmarkt nur auf einige wenige, als strategisch erachtete Märkte. Um zusätzlich den Anforderungen des Basel-III-Regelwerks gerecht zu werden, müssen Banken beide Seiten ihrer Bilanz aktiv managen und dabei genügend Ertrag erwirtschaften, um die Kapitalkosten zu verdienen. Diese Anstrengung verursacht zusätzliche Kosten durch den Aufbau personeller Kapazitäten, komplexer Datenanalysen und neuer IT-Systeme (vgl. Moody’s Investor Service, 2015). So kommen auf die Banken durch neue regulatorische Anforderungen zur Datenverfügbarkeit (Stichworte: BCBS 239 oder AnaCredit) kurzfristig Kosten in bis zu dreistelliger Millionenhöhe zu (vgl. Hahn, 2014). Künftig werden die weltweiten Aufsichtsbehörden ein noch engeres Netz an Richtlinien spannen. Banken müssen dementsprechend ihre Geschäftsmodelle weiter anpassen und vor allem in die internen Prozesse und IT-Landschaften und das Datenmanagement weiter investieren, um zeitnah und zu vertretbaren Kosten auf Änderungen in der Regulierungslandschaft reagieren zu können. Niedrigzinsumfeld begrenzt die Profitabilität Weltweit haben die Zentralbanken ein Niedrigzinsumfeld geschaffen, mit dem Ziel das Wachstum zu beleben. Eine Strategie, die sich allerdings langfristig negativ auf die Geschäftsmodelle der Bankenwelt auswirken wird. Während zum einem das ungewöhnliche Umfeld die (Re-)Finanzierungsbedingungen für Kreditnehmer wie auch Banken positiv beeinflusst, belastet das niedrige Niveau das Zinsergebnis und die Profitabilität der Banken noch auf absehbare Zeit. In den vergangenen Jahren haben sich die Nettozinsmargen der Banken in den meisten Regionen deutlich verengt. Die Refinanzierungskonditionen haben dabei wenig Raum noch weiter zu sinken, um die niedrigen Erträge aus dem Kreditgeschäft auszugleichen. Darüber hinaus belasten die niedrige Nachfrage nach neuen

ERM 5 Krediten und die bereits hohe Verschuldung der privaten Haushalte die Ergebnisse der Banken. Zum Beispiel verdienten in Deutschland – laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company – nur sechs Prozent der Banken aufgrund des stark zinsabhängigen Geschäftsmodells zwischen 2011 und 2013 ihre Kapitalkosten (vgl. Sinn/Schmundt, 2014). Eine Umfrage der Deutschen Bundesbank und der BaFin zur Ertragslage und Widerstandskraft deutscher Kreditinstitute aus dem September 2015 ergab, dass die Gewinne der Banken angesichts eines anhaltenden Niedrigzinsumfelds deutlich zurückgehen werden. Dies ist vor allem auf den Rückgang der Margen im Einlagengeschäft zurückzuführen (vgl. Deutsche Bundesbank, 2015). Des Weiteren belasten gestiegene Kosten für Compliance sowie Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten das Betriebsergebnis. Als Konsequenz der geringen Ertragskraft bleibt die Fähigkeit, Kapital aus einbehaltenen Gewinnen zu bilden, hinter jener aus den Jahren vor der Finanzkrise zurück und erschwert die Einhaltung regulatorischer Mindeststandards, z. B. in Stress-Tests. Mit Blick auf die geringe Wachstumsdynamik, die niedrigen Zinsen und hohen Kosten werden vor allem Banken in der Eurozone weiterhin wenig profitabel bleiben. Sich wandelnde Kundenbedürfnisse und geändertes Verhalten Die fundamentalen Treiber, welche die Entscheidungen von Kunden beeinflussen, sind über verschiedene Branchen hinweg sehr ähnlich: Preis, Servicequalität und vor allem Vertrauen. In den vergangenen Jahren haben Banken hart daran gearbeitet, während der Finanzkrise verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und die Beziehungen zu ihren Kunden neu aufzubauen. Diese Bemühungen treffen indes auf eine Kundenbasis mit sich wandelnden Bedürfnissen und einem geänderten Verhalten. Ebenso wie Hersteller von Konsumgütern oder Händler sehen sich Banken heute Kunden gegenüber, die schnelleren und bequemeren Zugang zu den Services wünschen und dabei Wert auf Transparenz und zahlreiche Auswahlmöglichkeiten legen (vgl. Duranton / Russo / Salzer / Schürmann, 2014). Informationen über Finanzprodukte und Entwicklungen an den Finanzmärkten waren einst ein Bereich, zu dem Banken einen privilegierten Zugang hatten. Heute jedoch, sind diese Informationen über Vergleichsportale im Internet oder den Austausch mit Experten in den sozialen Netzwerken frei verfügbar. Als Ergebnis erwarten die Kunden heute von ihrer Bank Informationen, die stärker auf ihre Be- dürf nisse zugeschnitten sind und eine qualifiziertere Beratung (vgl. Dapp, 2015). Um weiterhin wettbewerbsfähig und profitabel zu bleiben, werden sich Banken diesen neuen Kundenbedürfnissen anpassen müssen. Eine kurzfristige Strategie für viele Banken ist dabei die Schließung von Filialen, um Kosten zu reduzieren. Große wie auch kleine Finanzinstitute in Ländern wie den USA oder Deutschland haben ihre Filialnetze ausgedünnt und in mobile Dienstleistungen wie Online Banking investiert, um dem geänderten Kundenverhalten Rechnung zu tragen (vgl. Chaudhuri / Glazer, 2015). Die Anpassung an solche geänderten Kundenbedürfnisse wird indes zunehmend schwieriger. Eine Drei-Jahres-Studie der Forschungsgruppe Scratch in den USA hat gezeigt, dass vor allem die Erwartungen von Kunden, die nach 1981 geboren wurden (the Millenials), sich grundlegend von jenen aller vorherigen Generationen unterscheiden (vgl. Viacom Media Networks, 2013): » Jeder Dritte ist bereit, die Bank innerhalb der nächsten 90 Tage zu wechseln. » 53 Prozent der Befragten glauben nicht, dass ihre Bank etwas anderes anbietet als andere Banken. » 33 Prozent der Befragten glauben, dass sie gar keine Bank benötigen. Abb. 01 Herausforderungen für das Geschäftsmodell „Bank“ Kosten der erweiterten Regulierung Die Regulierung zwingt Banken, in neue Daten, Instrumente und Prozesse zu investieren und verursacht Kosten, die einst attraktive Geschäfte unattraktiv machen. Niedrigzinsumfeld begrenzt die Profitabilität Niedrige Zinsmargen und geringes Einkommen aus Gebühren untergraben traditionelle Geschäftsmodelle. Sich wandelnde Kundenbedürfnisse und geändertes Verhalten Wachsender Bedarf für maßgeschneiderte, end-to-end und benutzerorientierte Dienstleistungen und Produkte. Neue digitale Dienstleistungen Internet-Start-ups (FinTechs) und große IT-Firmen nehmen den Wettbewerb mit Retail- und Geschäftsbanken auf. Trend zur Disintermediation Unregulierte Marktteilnehmer bieten Bankkunden neue Finanzierungsquellen.

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