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RISIKO MANAGER 01.2015

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28 Ausgabe 01/2015 Dr.

28 Ausgabe 01/2015 Dr. Thorsten Neumann, Managing Director Quant & Risk Management Union Investment, stellte Trendfolgestrategien als Alternative für die Kapitalanlage für institutionelle Investoren vor. Prof. Emanuel Derman warnte vor einem unkritischen Umgang mit finanzmathematischen Modellen. Er war Leiter „Quantitative Strategy“ bei Goldman Sachs und ist heute Professor für Financial Engineering an der Columbia University in New York. Prof. Dr. Arnd Wiedemann, Universität Siegen, präsentierte die aktuelle Risikomanagementstudie von Union Investment. Hierbei wurden die Möglichkeiten des Einsatzes alternativer Risikoprämien in der Kapitalanlage untersucht. Prof. Daron Acemoglu, Prof. Emanuel Derman und Alexander Schindler, Vorstand Union Investment. investieren. Niedrige Zinsen und negative Realrenditen bei Staatsanleihen dürften die globalen Aktienmärkte künftig unterstützen. Zudem ist die Dividendenrendite höher als das Zinsniveau bei Staatsanleihen. Da die Unternehmensgewinne zuletzt vor allem in den USA eher positiv überraschten, dürften die Ausschüttungen sogar noch steigen, was den Spread zum Zinsniveau bei Staatstiteln erhöhen würde. Die Bedeutung der Zinswende in den USA wurde zuletzt eher überschätzt, da die Fed tendenziell eine immer noch lockere Geldpolitik betreiben werde. Bei kleinen Zinsschritten ist die Gefahr, dass die US-Wirtschaft und der dortige Arbeitsmarkt nennenswert an Dynamik verlieren, recht gering. Neben der Internationalisierung der Kapitalanlage plädierte Wilhelm für eine stärkere Nutzung alternativer Risikoprämien sowie für eine breitere Diversifikation und mehr Flexibilität in der Kapitalanlage. Zwar seien die Investoren auf diesem Weg bereits ein gutes Stück vorangekommen, dennoch gebe es hier weiterhin einiges zu tun. Mit Trendfolgestrategien Verluste begrenzen Breit diversifizieren, richtig diversifizieren, aktiv steuern und Verluste rechtzeitig begrenzen – dies war die Botschaft von Dr. Thorsten Neumann, Managing Director Quant & Risk Management bei Union Investment. Dass Investoren bei der Diversifikation nicht ausschließlich auf alternative und neue Assetklassen setzen müssen, darauf wies Dr. Thorsten Neumann hin. „Aktien gehören als Renditetreiber in ein gut diversifiziertes Portfolio“, sagte der Managing Director Quant und Risk Management bei Union Investment. Der Herausforderung erhöhter Volatilität könne unter anderem mithilfe von Trendfolgestrategien begegnet werden. Entsprechende regelbasierte Ansätze, die sich der technischen Analyse bedienen und versuchen, Trendbrüche an den Märkten zu identifizieren, benötigen keine Prognosen, sondern bleiben solange investiert, bis der Trend dreht. „Die Empirie hat gezeigt, dass

Immer im Bilde mit 29 Trendfolgestrategien in der Lage sind, die Markterträge zu stabilisieren“, erklärte Neumann in seinem Vortrag. Sie seien ein guter Weg, Verluste durch aktives Eingreifen nach festen Regeln zu begrenzen. Dies gelte im Übrigen nicht nur für die Aktienmärkte. Auch im Rentenbereich schaffen Trendfolgestrategien einem Mehrwert – vor allem mit Blick auf Unternehmensund Hochzinsanleihen, so Neumann Weltweit investieren Was tun Lenker großer Pensionsvermögen, um trotz Niedrigzinsen ausreichend Rendite zu erzielen? Sie stecken mehr Kapital in weniger liquide Anlagen, kontrollieren Aktienrisiken stärker und legen das Vermögen internationaler an. Stärker auf Schwellenländer setzt Dr. Wolfram Gerdes, Finanzvorstand der kirchlichen Versorgungskassen, Dortmund. 25 bis 30 Prozent des Pensionsvermögens für die evangelischen Kirchenangestellten legt er in Aktien und Anleihen aufstrebender Länder an – das entspreche in etwa deren Anteil an der Weltkapitalisierung, begründet der Pensionschef. Für zunehmend wichtig hält Gerdes Beteiligungen fernab der Börsen. Dort könne man eine zusätzliche Illiquiditätsprämie gegenüber Aktien vereinnahmen. Der Renditeaufschlag beträgt seiner Erfahrung nach etwa zwei Prozentpunkte. Ansonsten mischt er breit internationale Anlagen ins Pensionsportfolio. Bei Aktien etwa gefallen ihm kleinere Firmen, günstige und wenig schwankende Titel. Dagegen verzichtet er auf Hedgefonds, die ihm „zu teuer“ sind. Das Pensionsvermögen beim Reifenhersteller und Autozulieferer Continental in Höhe von mehr als 2,6 Milliarden Euro steuert Stefan Scholz, Leiter des Bereichs Finanzen, unterschiedlich in den einzelnen Ländern, in denen das Unternehmen Pensionszusagen macht. So liegt das Vermögen für deutsche Continental-Angestellte zu gut drei Vierteln in Anleihen, den Rest hat er in Immobilien und Mischfonds investiert. Für mehr als die Hälfte des Vermögens für die US-Kollegen hat Scholz dagegen Aktien gekauft. „Wir berücksichtigen lokale Anforderungen“, kommentiert Scholz. Zuletzt habe er stärker in Firmenund Wandelanleihen und Absolute-Return- Produkte investiert. Zu diversifizieren ist auch Stefan Beiner wichtig, jedenfalls heute. Während die Schweizer Pensionseinrichtung Publica, Prof. Daron Acemoglu gehört derzeit zu den zehn meistzitierten Wirtschaftswissenschaftlern weltweit. die unter anderem für den Bund ein Vermögen von rund 36 Milliarden Schweizer Franken managt, 1999 vorrangig in Schweizer Staatsanleihen anlegte, setzt der Vermögensverwaltungschef heute weltweit auf 15 verschiedene Anlageklassen aus dem Anleihe-, Aktien-, Rohstoff- und Immobilienbereich. Angesichts eines sich „abflachenden Konjunkturzyklus, aktiver Zentralbanken und einer hohen Verschuldung der Industriestaaten“ hat er das Aktienrisiko reduziert. Konkret fährt er die Aktienquote auf 29 Prozent des Vermögens zugunsten inflationsgeschützter Staatsanleihen etwas zurück. Zudem tauscht Beiner Schweizer Staatsanleihen zugunsten von europäischen und US-Staatspapieren und reduziert Rohstoffe zugunsten von Immobilien. Mit dieser Strategie will der Pensionschef in den nächsten Jahren rund 2,5 Prozent Rendite pro Jahr erzielen. Warum Modelle und Staaten scheitern Mit den US-Star-Ökonomen Prof. Daron Acemoglu und Prof. Emanuel Derman sprachen auf der neunten Risikomanagement-Konferenz erneut zwei renommierte Gastredner. Während Acemoglu der Frage nachging, warum Staaten nicht selten daran scheitern, Wachstum und Wohlstand für ihre Bevölkerung zu schaffen und zu mehren, warnte Derman vor einem übertriebenen Glauben an finanzmathematische Modelle. Um zu verdeutlichen, dass sich die Erkenntnisse der Physik und Mathematik nur sehr begrenzt auf die sich schnell verändernden Bedingungen der Ökonomie und der Kapitalmärkte übertragen lassen, entführte Derman seine Zuhörer in die Welt der Sterne und Planeten. Als schöpferische Quelle der Theorien und Modelle der großen Physiker und Astronomen, wie Johannes Kepler, Isaac Newton und Albert Einstein, machte Derman die menschliche Intuition aus, ohne die alle Daten und wissenschaftlichen Beobachtungen letztlich blutleer blieben. Derman warnte vor einem zu großen Zutrauen in die Fähigkeiten von finanzmathematischen Modellen. „Die Physik hat drei Gesetze, die 99 Prozent der Phänomene erklären, die Ökonomie hat 99 Gesetze, die allenfalls drei Prozent der Phänomene abdecken.“ Statt auf die Kraft der Intuition schwört Acemoglu vielmehr auf starke Institutionen. Denn die Qualität von Institutionen sei der Grund, warum Staaten erfolgreich oder zum Scheitern verurteilt sind. Dabei unterscheidet Acemoglu zwischen „inklusiven“ und „extraktiven“ Wirtschaftsinstitutionen. Um in einem Staat Wohlstand und Prosperität zu schaffen, bedarf es inklusiver Institutionen, die weite Teile der Bevölkerung aktiv am Wirtschaftsleben beteiligen, Eigentums- und Vertragsrechte garantieren sowie für freien Wettbewerb sorgen und Innovationen belohnen. Extraktive Gesellschaften sind hingegen dadurch gekennzeichnet, dass sich eine kleine Machtclique die wichtigsten Institutionen des Staates unter den Nagel reißt und die Mehrheit der Bevölkerung von der Teilhabe am Wirtschaftsleben weitgehend ausschließt. Eigentumsrechte und Verträge sind in solchen Gesellschaften allenfalls rudimentär geschützt. Die herrschende Elite lebt auf Kosten der übrigen Bevölkerung. Extraktive Staaten sind über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt. Beide Referenten wiesen eindringlich auf das Risiko der wachsenden Ungleichheit in den entwickelten Volkswirtschaften hin. Diese Entwicklung, so die Überzeugung der US-Ökonomen, berge die Gefahr der gesellschaftlichen Erosion sowie letztendlich auch der Destabilisierung der Anlagemärkte. Zwar partizipierten mehr Menschen als früher am Wohlstand, doch klaffe die Schere bei der Verteilung der Wohlstandsgewinne zunehmend zugunsten einiger weniger auseinander. Nach Ansicht von Acemoglu ist eine solche Entwicklung in der Geschichte stets der Anfang vom Ende erfolgreicher Nationen gewesen. Man könne dieser Gefahr jedoch entgegenwirken – mit einem funktionierendem Sozialstaat und der systematischen Qualifizierung von Arbeitslosen. q

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