Aufrufe
vor 6 Jahren

RISIKO MANAGER 14.2015

  • Text
  • Banken
  • Leverage
  • Ratio
  • Risikogewichte
  • Institute
  • Kredite
  • Zweiten
  • Kapitalregime
  • Risikogewicht
  • Ansatz

8 Ausgabe 14/2015

8 Ausgabe 14/2015 Kapitalallokation unter zwei verschiedenen Kapitalregimes Um die Problemstellung genauer zu untersuchen betrachten wir im Folgenden ein hypothetisches Portfolio aus i = 1,...,N Krediten, jeweils mit einer Engagementgröße (aufsichtsrechtlich wird der Begriff Risikoposition verwendet) von B i und einem Risikogewicht von w i . Im kommerziellen Kreditgeschäft ist die Engagementgröße identisch mit dem maßgeblichen Buchwert des Kredits. Zur Vereinfachung der Notation wird hier unter dem Begriff Risikogewicht stets der Quotient unter den im jeweiligen Kapitalregime anzurechnenden Betrag und der Engagementgröße verstanden. Im Gegensatz zur aufsichtsrechlichen Verwendung des Begriffs Risikogewicht wird also die etwaige positionsreduzierende Anrechnung von Sicherheiten implizit bei der Bestimmung des Risikogewichts berücksichtigt. Im Falle der Kapitalunterlegung unter der 1. Säule ist der anzurechnende Betrag mit den gewichteten Risikoaktiva (RWA) gleichzusetzen. Es wird angenommen, dass das Kreditportfolio hinreichend granular ist, was in diesem Kontext bedeutet, dass sich wesentliche Kennzahlen des Gesamtportfolios wie Gesamtvolumen und durchschnittliche (volumengewichtete) Risikogewichte durch Abschluss eines einzelnen Neukredits nicht materiell verändern. Unter einem Kapitalregime ermittelt sich das auf den Einzelkredit zu allokierende Kapital als K i = kw i B i , wobei k die vom Institut festgelegte Mindestkapitalquote bezeichnet. Hierdurch wird jedem Kredit genau derjenige Kapitalbetrag kalkulatorisch zugeordnet, der erforderlich ist, um die Mindestkapitalquote k zu erreichen. Analog ermittelt sich das für das gesamte Kreditportfolio erforderliche (gebundene) Kapital durch Aufsummierung als K = k w i B i , welches sich auch als K = kwB schreiben lässt, wobei die Bezeichnungen B =B i für das Gesamtvolumen des Portfolios und w = w i B i / B für den volumengewichteten Mittelwert der Risikogewichte des Portfolios verwendet wurden. Soweit nicht anders angegeben, erstrecken sich die verwendeten Summenzeichen jeweils über das gesamte Portfolio i = 1,...,N. Wir betrachten nun den Fall, dass neben dem durch die Risikogewichte w i und der Mindestkapitalquote k vorgegebenem Kapitalregime durch die Bank ein weiteres Kapitalregime mit Risikogewichten w’ i und einer Mindestkapitalquote von k‘ einzuhalten ist. Es wird also nicht gefordert, dass die Risikogewichte w’ i , wie im Fall der Leverage Ratio, identisch sind. Da die Bank beide Kapitalregimes jederzeit einhalten muss, ergibt sich das erforderliche Kapital K des Portfolios unter beiden Kapitalregimes als das Maximum der beiden Kapitalanforderungen, also K = max(kwB,k'w'B), wobei w‘ analog zu w als der volumengewichtete Mittelwert der Risikogewichte w’ i unter dem zweiten Kapitalregime bezeichnet wird. Wir bezeichnen mit q = k'/k das Verhältnis der beiden Kapitalanforderungsquoten und verwenden die Notation (x) + = max(x,0) für eine reelle Zahl. Mit diesen Festlegungen ergibt sich nach einigen Umformungen t Gleichung 01. t Gleichung 01 K = kB(w+v) mit v = (qw'– w) + . Man erkennt bereits, dass die Festlegung eines echt positiven Zusatzgewichts v nur dann erforderlich ist, wenn w < qw' gilt, wenn also das durchschnittliche Portfoliorisikogewicht w eine gewisse Schranke unterschreitet. Wir betrachten im Folgenden zwei Ansätze zur Berücksichtigung des zweiten Kapitalregimes bei der Zuordnung des gebundenen Kapitals für die Einzelkredite. Beide Ansätzen haben gemeinsam, dass der Kapitalbedarf unter dem ersten Kapitalregime, also derjenige mit den Risikogewichten w i und der Mindestkapitalquote von k, priorisiert betrachtet und der sich auf Portfolioebene gegebenenfalls zusätzlich ergebende Kapitalbedarf aus dem zweiten Kapitalregime durch geeignete Adjustierungen berücksichtigt werden. In der Praxis ist dasjenige Kapitalregime zu priorisieren, von welchem der effektivere Steuerungsimpuls zu erwarten ist, also beispielsweise ist die Kapitalunterlegung der 1. Säule gegenüber der aus der Leverage Ratio resultierenden zu bevorzugen. Im ersten Ansatz wird der für das zweite Kapitalregime zusätzlich erforderliche Kapitalbedarf auf alle Geschäfte proportional zu ihrem jeweiligen Volumen verteilt, d. h. die Risikogewichte werden um ein für alle Kredite identisches Add-On additiv erhöht. Aus t Gleichung 01 ergibt sich direkt, dass das dem jeweiligen Einzelkredit zuzuordnende Kapital als t Gleichung 02 festzulegen ist, damit sich die Kapitalallokationen K v,i zum erforderlichen Gesamtkapital K aufsummieren. K v,i = kB i (w i +v) t Gleichung 02 Ein Nachteil dieses Add-On-Ansatzes kann darin gesehen werden, dass das Add- On auf alle Kredite gleichermaßen wirkt und nicht speziell auf diejenigen Kredite, die zu der Zusatzbelastung unter dem zweiten Kapitalregime führen. Dieses Manko wird im Folgenden durch die Festlegung eines Floors im zweiten Ansatz vermieden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass eine analoge Rechnung mit einem multiplikativen Ansatz K ,i = kB i (w i ) den Wert = max(1,qw'/w) ergibt. Dieser Ansatz wird hier nicht weiter verfolgt, weil der auf das Risikogewicht w i wirkende Faktor dazu führt, dass gerade diejenigen Kredite überproportional belastet werden, die für die Zusatzbelastung aus dem zweiten Kapitalregime nicht ursächlich sind. Im zweiten betrachteten Ansatz wird für alle Kredite ein Minimalgewicht (Floor) u festgelegt, dessen Größe ebenfalls so zu bestimmen ist, dass der zusätzliche Kapitalbedarf insgesamt abgedeckt wird, das heißt, es wird K u,i = kB i max(w i ,u) gesetzt, wobei das Minimalgewicht u wiederum so festzulegen ist, dass sich auch die Kapitalallokationen K u,i zum erforderlichen Gesamtkapital K aufsummieren. Dieser Ansatz hat Ähnlichkeit mit der weiter oben beschriebenen Methode der Kapitalallokation nach Maximumprinzip, also der Festlegung B i max(kw i ,k'w' i ) für das gebundene Kapital des Einzelkredits. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass das Minimalgewicht u unter Berücksichtigung von Portfolioeffekten so festgelegt wird, dass sich in der Summe der Kapitalanforderungen nicht mehr als das erforderliche Gesamtkapital K ergibt. Wir werden weiter unten an Hand eines Beispiels erkennen, dass das so berechnete Minimalgewicht u deutlich kleiner ist als die Größe k'w' i , selbst dann, wenn die Risikogewichte wie im Fall der Leverage Ratio alle identisch sind. Die Festlegung des minimalen Risikogewichts u im zweiten betrachteten Ansatz erweist sich als komplizierter als die Be-

9 stimmung des Add-Ons v im ersten Ansatz, weil dieses zusätzlich von der Verteilung der Risikogewichte im Portfolio abhängt, wie sich im Folgenden zeigen wird. Zur Berechnung von u betrachten wir zunächst für ein festes l ≤ j ≤ N die Größen K i,j = kB i max(w i ,u j ), wobei die Größen u j so festgelegt werden sollen, dass gerade K i,j = K für jedes j gilt. Im Weiteren nehmen wir an, dass die Kredite nach der Größe der w i aufsteigend sortiert sind, also für w i ≤ w j für i < j gilt. Nach einigen Umformungen ergibt sich mit den Bezeichnungen und . Die Größen x j bzw. w ˆ j stehen also für den relativen Anteil bzw. den volumengewichteten Mittelwert der Risikogewichte, wobei jeweils nur derjenige Teil des Portfolios einbezogen wird, dessen Risikogewichte kleiner oder gleich w j sind. Der Vergleich mit t Gleichung 01 ergibt, dass gerade u j = w ˆ j + vx –1 j gelten muss. Im nächsten Schritt ist der Index j dann so festzulegen, dass gerade w i ≤ u j für l ≤ i ≤ j und w i > u j für j < i ≤ N, das heißt es gilt t Gleichung 03. t Gleichung 03 Anschaulich gesprochen muss der Schnittpunkt zwischen dem Verlauf der Risikogewichte w j und der Größen u j gefunden werden, wobei u j maßgeblich von der Verteilung der volumengewichteten Mittelwerte im Portfolio bestimmt wird. Mit dem angegebenen Verfahren lässt sich das Minimalgewicht u prinzipiell berechnen, allerdings ist im allgemeinen Fall hierfür die Kenntnis der Verteilung der Risikogewichte innerhalb des Portfolios erforderlich. Unter vereinfachenden Annahmen kann im Rahmen eines analytischen Ansatzes für das Minimalgewicht u eine einfache Näherungsformel herleitet werden, vgl. t Gleichung 04 Zur Herleitung dieser Approximation betrachten wir ein unendlich granulares Beispielportfolio mit zehn Krediten Portfolio, mit einer stetigen, monoton wachsenden Risikogewichtsfunktion w(x) für x [0.1], wobei x den relativen Portfolioanteil bezeichnet. Außerdem bezeichnet w ˆ (x) = x –1 x 0 w(y)dy den Mittelwert der Risikogewichte unterhalb des Portfolioanteils x > 0. Wir machen nun den Ansatz w(x) = w max x a für einen noch festzulegenden Exponenten a > 0, wobei unterstellt wurde, dass das minimale Risikogewicht im Portfolio Null beträgt, d. h. w(0) = 0 gilt. Aus dem bekannten Mittelwert der Risikogewichte w ˆ (1) = w ergibt sich hieraus a = (w max /w)–1. Im unendlich granularen Portfolio schreibt sich t Gleichung 03 als v = x(w(x) – w ˆ (x)). Diese Gleichung wird nach dem Portfolioanteil x aufgelöst, woraus sich nach einigen Umformungen zunächst die Lösung x u mit x u = (v/ (w – max w))W/Wmax ergibt. Die t Gleichung 04 ergibt sich dann durch Einsetzen in die Definitionsgleichung u = w(x u ). Die angegebene Näherungslösung verwendet lediglich bereits bekannte Parameter, nämlich die durchschnittlichen Risikogewichte unter beiden Kapitalregimes, die beiden Mindestkapitalquoten, sowie zusätzlich das maximale Risikogewicht unter dem ersten Kapitalregime. Die Approximation ergibt gute Näherungswerte, wenn sich die Verteilung der Risikogewichte im Portfolio hinreichend genau durch die angegebene exponentielle Funktion annähern lässt. Gegebenenfalls kann die Approximationsgüte mit analogen Verfahren durch die Berücksichtigung weiterer Portfolioparameter, wie t Gleichung 04 beispielsweise des (volumengewichteten) Medians der Risikogewichte, verbessert werden. Beispielportfolio t Tab. 01 i B i w i x i ŵ i w v,i u j w u,i K i K' i K v,i K u,i 1 100 0 0,25 0,0 10,3 41,3 13,1 0,00 4,00 1,24 1,57 2 100 1 0,50 0,5 11,3 21,2 13,1 0,12 4,00 1,36 1,57 3 50 2 0,63 0,8 12,3 17,3 13,1 0,12 2,00 0,74 0,78 4 50 3 0,75 1,2 13,3 14,9 13,1 0,18 2,00 0,80 0,78 5 50 4 0,88 1,6 14,3 13,4 13,1 0,24 2,00 0,86 0,78 6 10 5 0,90 1,7 15,3 13,1 13,1 0,06 0,40 0,18 0,16 7 10 10 0,93 1,9 20,3 13,1 13,1 0,12 0,40 0,24 0,16 8 10 100 0,95 4,5 110,3 15,4 100,0 1,20 0,40 1,32 1,20 9 10 250 0,98 10,8 260,3 21,4 250,0 3,00 0,40 3,12 3,00 10 10 500 1,00 23,0 510,3 33,3 500,0 6,00 0,40 6,12 6,00 Σ 400 11,04 16,00 16,00 16,00 Die Implikationen dieser Berechnungen werden an einem einfachen Beispiel verdeutlicht. Hierbei wird als das erste Kapitalregime die aufsichtsrechtliche Kapitalunterlegung der 1. Säule gemäß CRR betrachtet. Als das zweite Kapitalregime wird die Leverage Ratio betrachtet, wobei vereinfachend angenommen wird, dass unter dieser Berechnung alle Gewichtungsfaktoren genau 100 Prozent sind. Es wird eine Bank mit einem Portfolio von zehn Krediten betrachtet, vgl. hierzu die nachstehende t Tab. 01. Alle Risikogewichte in dieser Tabelle sind in Prozent angegeben, die Betrags- und Kapitalwerte in Geldeinheiten (GE). Außerdem werden die Bezeichnungen w v,i = w i + v und w u,i = max(w i , u) verwendet. Für dieses Beispiel soll nun festgelegt werden, dass die Vorgaben für die Kernkapitalquote unter der 1. Säule k = 12 Prozent und die Vorgabe für die Leverage Ratio k‘ = 4 Prozent betragen. Beides sind Werte, die insbesondere für systemrelevante Banken, beziehungsweise für europäische Banken, die sich unter Beaufsichtigung der EZB befinden, aus heutiger Sicht realistisch sind. Aus diesen Festlegungen berechnet sich q = 33,3 Prozent. Damit ergibt sich aus der Formel für das Add-On-Zusatzgewicht v, dass sich für die Bank die Notwendigkeit, zusätzliches Kapital für die Einhaltung der Leverage Ratio zu allokieren, beziehungsweise in der Einzelgeschäftskalkulation bei der Bestimmung der Kapitalkosten zu berücksichtigen, nur dann stellt, wenn sie ein Kreditportfolio

RISIKO MANAGER

 

Copyright Risiko Manager © 2004-2017. All Rights Reserved.