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RISIKO MANAGER 14.2015

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14 Ausgabe 14/2015

14 Ausgabe 14/2015 Regulierungsdilemma Der Wettlauf aus Regulierung und Umgehung mündet in ein Regulierungsdilemma cher „Teufelskreis“ in die Planwirtschaft und mündet in neue systemische Risiken durch die neue strukturelle Uniformität der Institute (t Abb. 03). Auch die sich abzeichnenden aufsichtsrechtlichen Regelungen im Rahmen des Operational Risk sind letztlich ein weiterer Schritt in diesem Teufelskreis und beinhalten keine intrinsische Anreizsystematik zu „anständigem Verhalten“. In einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung sollten sich jedoch der Staat und seine Aufsichtsorgane darauf konzentrieren, über wesentliche Leitplanken in Verbindung mit entsprechenden Anreizsystemen ihre ordnungspolitischen Ziele (in diesem Fall die Ziele gem. § 6 Abs. 2 KWG) zu erreichen. In diesem Zusammenhang würde kaum jemand ernsthaft bestreiten, dass eine Stärkung der Kapitalbasis und der Liquidität von Banken sowie die Fähigkeit zu ihrer (marktwirtschaftlichen) Abwicklung zu solchen Leitplanken gehören. Die eingeschränkten Möglichkeiten, unerwünschte Handlungen mit einem zunehmenden Detailinterventionismus auszuschließen in Verbindung mit einer überproportionalen Belastung von kleinen und mittleren Instituten bei der Umsetzung der neuen Vorschriften zeugen inzwischen von einer Fehlentwicklung, die immer häufiger kritisiert wird. Die Offensichtlichkeit dieser Fehlentwicklungen, u. a. in fortlaufenden Medienberichten, beinhaltet praktisch schon ein „Reputationsrisiko zweiten Grades“ für die gesamte Branche, welches in seiner Bedeutung kaum zu unterschätzen ist. Ein denkbarer Ausweg aus diesem Dilemma besteht darin, das unter 3. beschriebene Ethikrating einem aufsichtsrechtlichen Prüfungs- und Genehmigungsprozess zu unterziehen und zum Gegenstand des Offenlegungsberichts zu erklären. Eine entsprechende aufsichtsrechtliche Anreiz- und Sanktionsmechanik könnte ein solches Rating in der Art flankieren, dass damit auch das Regulierungsdilemma gelöst wird. Beispielsweise könnten in Abhängigkeit von einem guten Ethikrating aufsichtsrechtliche Detailanforderungen nachgelassen werden. Auch würde ein so „beglaubigtes“ Ethikrating vor Reputationsschäden schützen, die einer realen Grundlage entbehren. Stärkstes Argument für eine intrinsische Motivation zu „anständigem Verhalten“ wäre jedoch der noch wissenschaftlich zu unterlegende Zusammenhang zum nachhaltigen Unternehmenserfolg. Dieser bildet dann auch die Berechtigung, in Abhängigkeit von einem solchen Ethikrating Obergrenzen für die Auslastung der Risikotragfähigkeit zu definieren. Auf diese Weise kann die Anforderung der MaRisk an die Steuerung eines wesentlichen Reputationsrisikos und vor allem seine Berücksichtigung in der Risikotragfähigkeit erfüllt werden. q Fazit Bankenaufsicht Banken Regulierungs- und Überwachungsaufwand Erfüllungs- und Umgehungsaufwand Dieser Beitrag zeigt, dass die Anforderungen an die Identifikation und Steuerung des Reputationsrisikos nicht analog zu denen der klassischen operativen Erfolgsrisiken erfüllt werden können, weil die Betrachtungsebene eine ganz andere ist. Mit der Identifikation von unethischem Verhalten als wesentlichem Treiber des Reputationsrisikos wird deutlich, dass diese Ebene nicht über eine Integration in die klassische, operative Risiko-Rendite-Steuerung erfasst werden kann. Die Erklärung über Ethik als zweite Dimension eines nachhaltigen Erfolgs macht die Notwendigkeit eines Ausbruchs aus betriebswirtschaftlich eingeübten Denkschablonen deutlich. Mit dem vorgeschlagenen Weg eines aufsichtsrechtlich flankierten Ethikratings wird eine denkbare Möglichkeit aufgezeigt, nicht nur das Management von Reputationsrisiken, sondern auch das Regulierungsdilemma, mit Potenzial zu einem „Reputationsrisiko zweiten Grades“, zu lösen. Selbstverständlich ist in dieser Hinsicht noch viel Grundlagenarbeit zu leisten und die Gefahr einer weiteren Sackgasse nicht vollständig auszuschließen. Gleichwohl erscheint es nach den Erfahrungen der letzten Jahre lohnend, das Thema einer zweiten, ethischen Dimension eines nachhaltigen Erfolgs weiter zu verfolgen. Den Erfolg vorausgesetzt, ist die Begrenzung des Reputationsrisikos eine logische Konsequenz. Will man diesen Weg gehen, so wäre ein denkbarer Weg ein gemeinsames Entwicklungsprojekt von Bankenverbänden, Aufsicht und Bundesbank. Literaturhinweise: t Abb. 03 Ausblick Zunehmende Ressourcenvernichtung Nicht beherrschbare Komplexität Überforderung mittelst. Institute Umfang Basel I: 100 Seiten Basel II: 300 Seiten Basel III: 6.400 Seiten EBA (2014): Consultation Paper EBA/CP/2014/14 vom 07. Juli 2014, Textziffern 223 – 278. Eisenegger, M./Künstle, D. (2003): Reputation und Wirtschaft im Medienzeitalter, in: Die Volkswirtschaft, 11/2003, Seiten 58 bis 62. Füser, K. et al. (2008): Messung und Quantifizierung von Reputationsrisiken, Teil 2, in RISIKO MANAGER Nr. 19/2008, Seiten 10 – 17. IW Köln/Max-Planck Institut Bonn/Universität Köln (2009): Die Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise, Gutachten, Köln 2009. Leusmann, K. (2014): Der Kulturwandel bei den Banken – Wege zu Ethik und Verantwortung im Kreditgewerbe, Wiesbaden 2014. Pohl,M./Zaby, S. (2008) : Das bankbetriebliche Reputationsrisikomanagement und dessen Umsetzung, WWZ Forschungsbericht 01/08, Basel 2008. Schrierenbeck, H. et al. (2004) : Management von Reputationsrisiken in Banken, WWZ Forschungsbericht 03/04, Basel 2004. Smith, A. (2010) : Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. Autor: Klaus Leusmann, Head of Seminar, zeb/.

15 [ buchbesprechung ] Mathias Binswanger Geld aus dem Nichts – Wie Banken Wachstum ermöglichen und Krisen verursachen Wiley-VCH Verlag, 1. Auflage, Weinheim 2015, 347 Seiten, 24,99 Euro, ISBN 978-3-527-50817-4. r Die überwiegende Mehrheit der Menschen ist davon überzeugt, dass die Banken nur das Geld weiterverleihen, das bei ihnen angelegt, ihnen also als Darlehen anvertraut ist. Je mehr also in einer Wirtschaft gespart wird und die Menschen Geld auf ihren Bankkonten lassen, umso mehr können die Banken dann Kredite vergeben, um damit Investitionen in Realkapital oder in Häuser zu finanzieren, so die Logik dahinter. Banken sind demnach Finanzintermediäre, deren Tätigkeit in erster Linie darin besteht, Geld von Sparern (Einlegern) zu Investoren (Kreditnehmern) zu transferieren. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Banken besitzen das einzigartige Privileg, selbst Geld aus dem Nichts zu schöpfen und gegen Zinsen auszuleihen. Mit jedem Kredit durch eine Bank entsteht neues Geld: Buch- oder Giralgeld, das als Buchungsvorgang auf dem Girokonto erscheint und das Geldvolumen vermehrt. Heute macht das Bargeld lediglich 20 Prozent der umlaufenden Geldmenge aus, das Giralgeld 80 Prozent. Geld tritt im Normalfall physisch gar nie in Erscheinung. Es kommt aus dem Nichts und verschwindet wieder ins Nichts. Im Kern geht es im Buch um drei Themen: 1. Banken sind Geldproduzenten: Sie leihen nicht Geld aus, welches vorher jemand bei ihnen deponiert hat, sondern sie schaffen neues Geld, indem sie Geld an ihre Kunden vergeben. 2. Banken ermöglichen Wachstum: Dank der Möglichkeit der Geldschöpfung können auf gesamtwirtschaftlicher Ebene Investitionen, zusätzliche Beschäftigung, aber auch andere Ausgaben – etwa des Staates – finanziert werden, ohne dass vorher entsprechend gespart wurde. 3. Banken ermöglichen spekulative Blasen: Ein Teil des von den Banken geschaffenen Geldes wird in einer modernen Wirtschaft nicht mehr für den Kauf von Gütern und Dienstleistungen verwendet, sondern für den Kauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten. So kann die Geldschöpfung durch Banken auch immer wieder zu spekulativen Blasen beispielsweise an der Börse oder auf dem Immobilienmarkt führen. Das Buch gliedert sich in fünf Teile. Im ersten Themenblock wird die „Geldschöpfung aus dem Nichts“ in einer modernen Volkswirtschaft im Detail beschrieben. Hierbei wird auch gezeigt, wie Zentralbanken diesen Prozess beeinflussen können. Binswanger zeigt auf, dass der Prozess der Geldschöpfung und auch seine Abbildung in den Bankbilanzen besser verstanden werden kann, wenn die historischen Hintergründe der Geldschöpfung bekannt sind. Die historischen Hintergründe sind daher im zweiten Themenblock beschrieben. Der Leser lernt, dass die Londoner Goldschmieden im 17. Jahrhundert die Geldschöpfung entdeckten. Der dritte und vierte Themenblock beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Geldschöpfung auf die Wirtschaft. So wird gezeigt, dass die produktive Verwendung von neu geschaffenem Geld die Finanzierung des realen Wachstums ermöglicht und gleichzeitig eine Voraussetzung für eine permanente Ausweitung der Produktionstätigkeit ist. Mathias Binswanger erläutert in diesem Kontext auch, warum die Mainstream-Theorie in der Ökonomie diesen Zusammenhang ignoriert und stattdessen die Doktrin der Neutralität des Geldes vertritt. Außerdem zeigt der Autor auf, wie durch eine unproduktive Verwendung von neu geschaffenem Geld spekulative Blasen und Finanzkrisen entstehen. Der letzte und fünfte Teil des Buchs gibt Antwort auf die Frage, inwieweit die Zentralbanken in jüngster Zeit noch eine Kontrolle über den Geldschöpfungsprozess besitzen. Außerdem wird die Frage diskutiert, ob Reformen erforderlich sind. Das Fazit des Autor ist klar und unmissverständlich: Da in der Folge der Finanzkrise 2007/2008 die Geschäftsbanken weitgehend ohne Kontrolle im Bereich der Geldschöpfung agieren, sind Reformen notwendig, da eine unkontrollierte Geldschöpfung volkswirtschaftlich mit zu hohen Risiken verbunden ist. Daher diskutiert der Autor abschließend verschiedene Reformideen. Diese bewegen sich von einer Rückkehr zum Goldstandard, dem 100%-Geld, dem Vollgeld bis zum Free Banking und Komplementärwährungen. In dem Buch „Geld aus dem Nichts“ zeigt Mathias Binswanger auf, dass viele ökonomische Standardkonzepte aus der Literatur und dem Studium die Realität nur unzureichend oder gar falsch widerspiegeln. Banken sind keine Finanzintermediäre, sondern eher Geldfabriken. Und die Schattenseite dieser Geldfabriken ist offensichtlich: spekulative Blasen und Finanzkrisen. Fazit: Eine unterhaltsame und gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Lektüre, die einen weiten Bogen spannt von den Londoner Goldschmieden im 17. Jahrhundert, über die exzessive Papiergeldschöpfung im System von John Law bis zum Kontrollverlust nach der jüngsten Finanzkrise. Basierend auf der Diagnose der Schattenseiten einer Geldschöpfung aus dem Nichts werden verschiedene grundlegende Reformideen präsentiert und diskutiert. Ein provokantes und aufrüttelndes Buch, das nicht nur Ökonomen und Risikomanagern als Lektüre wärmstens empfohlen werden kann. (Frank Romeike). RISIKO MANAGER Rating: Praxisbezug: rrrrr Inhalt: rrrrq Verständlichkeit: rrrrq Gesamtwertung: rrrrq

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