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RISIKO MANAGER 10.2019

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68 RISIKO MANAGER 10|2019 Belastungsanalysen am Beispiel der Anforderungen an die Sanierungsplanung Im Rahmen der Sanierungsplanung von Banken ist die Tauglichkeit von Handlungsoptionen durch Belastungsanalysen nachzuweisen. Das Institut ist einem finanziellen Stress auszusetzen, der im Ergebnis zu einem Überschreiten der festgelegten Sanierungsschwellenwerte führt. Im Ergebnis muss eine Existenzbedrohung (Near-to-Default – NtD) erkennbar sein. Auf diese Weise soll auf Basis von exemplarischen Krisenverläufen die Wirksamkeit der identifizierten Maßnahmen in einer Krisensituation überprüft werden [vgl. Andrae/Hellmich/ Schmaltz 2018]. Damit wird zum einen deutlich, dass die Bankaufsicht eine inverse Belastungsanalyse ausgehend von einem konkreten Wert eines bestimmten Referenzzeitpunkts bis hin zu einem noch zu definierenden existenzbedrohenden Schwellenwerts erwartet. Zum anderen sind die von Institut identifizierten Handlungsoptionen in Bezug auf Höhe und Zeit quantitativ und qualitativ konsistent auszugestalten. Die EZB hat zwischenzeitlich ihre Erwartungshaltung in Bezug auf die existenzbedrohenden Schwellenwerte im Rahmen der methodischen Weiterentwicklung zur Gesamtsanierungskapazität von Banken konkretisiert. Im Mittelpunkt stehen die aufsichtlichen Kennzahlen „hartes Kernkapital“ (Common Equity Tier 1 capital – CET 1) und „kurzfristige Liquiditätsdeckungsanforderung“ (Liquidity Coverage Requirement – LCR) [vgl. EZB 2019]. Dies soll im Folgenden beispielhaft dargestellt werden. ( Abb. 01) Im Rahmen der Sanierungsplanung muss jede Handlungsoption eine Bewertung der Art und Weise enthalten, wie die Kontinuität der Geschäftstätigkeiten bei Umsetzung der Option gewährleistet wird [vgl. Delegierte Verordnung (EU) 2016]. In der obigen Abbildung wird der Zusammenhang zwischen Maßnahmen respektive Handlungsoptionen, die ab bestimmten Frühwarn-Schwellen greifen, und Belastungsanalysen visualisiert. In der Abbildung ist eine exemplarische Ampellogik für die Eskalationsstufen in Bezug auf die beiden Kennzahlen „CET 1“ und „LCR“ festgelegt. Die aktuellen Werte betragen exemplarisch 20,00 Prozent und 150,00 Prozent. Die (normativen) Schwellenwerte für die Existenzbedrohung könnten wie folgt festgelegt sein: CET 1: LCR: 7,50 Prozent (= 6,50 Prozent SREP-Gesamtkapitalquote zzgl. 1,00 Prozent Managementpuffer) 100,00 Prozent (aufsichtsrechtlich einzuhaltende Quote) In diesem Fall ist die Bank gemäß aufsichtlicher Sichtweise auf die Sanierungsplanung „gefordert“, adverse Belastungsszenarien zu entwickeln, die entweder die CET 1-Quote um 12,50%-Punkte und/oder die LCR um 50%-Punkte reduzieren können (und damit gleichzeitig mindestens invers sind). Die Rolle des Case Managers als aktive (nicht ad- oder inverse) Steuerungsaufgabe Diese Herangehensweise ist aus einer aufsichtlichen Perspektive nur allzu nachvollziehbar. Es wird die Robustheit des Unternehmens analysiert, quantifiziert und gestresst. Insbesondere werden die Fragen beantwortet, wie schlimm es kommen muss, damit das Unternehmen kurz vor der Insolvenz steht, und welche Handlungsoptionen dem Unternehmen in diesem Fall (noch) zur Verfügung stehen, um sich aus dieser bedrohlichen Lage zu befreien. Ein Unternehmen sollte ein Case Management für sich anders interpretieren – nicht invers respektive reaktiv, sondern unternehmensspezifisch, risikobewusst und vor allem aktiv. Handlungsoptionen stehen auch in weniger bedrohlichen Zeiten zur Verfügung, um Chancen zu nutzen, die Wettbewerbssituation zu verbessern, und sich an wandelnde Zeiten anzupassen. Auf diese Weise können durch eine aktive Steuerung Bedrohungsszenarien bereits im Vorfeld vermieden werden. Diese Impulse sollen von einem Case Manager ausgehen, der die eher statischen, verlässlichen Handlungsoptionen des eigenen Unternehmens und deren Interdependenzen kennt und relevante Zukunftsprognosen für das Unternehmen analysiert und bewertet. Die gesamtheitliche ökonomische Sicht steht dabei jeweils im Vordergrund, in Anlehnung an die pareto-orientierte Unternehmenssteuerung mit dem Fokus auf wesentliche Chancen, Bedrohungen und Entscheidungen. Exemplarische Aufgaben und Handlungsempfehlungen des Case Managers Als eine mögliche institutsindividuelle Ausgangssituation sei auf ein Kreditinstitut zurückgegriffen, das exemplarisch empfindlich auf einen raschen Inflationsund Zinsanstieg nach einer mehrjährigen Niedrigzinsphase reagiere. Dieses zur Veranschaulichung unterstellte fiktive Institut steht damit stellvertretend für eine Vielzahl deutscher Kreditinstitute. Konkret könnte das Bedrohungspotenzial dieses Cases beispielsweise durch ein nennenswertes Portfolio an Immobilienfinanzierungen sowie die gewählte (Zins-) Fristentransformationsstrategie begründet sein, in der kurz laufende Passiva zur Finanzierung lang laufender Aktiva eingesetzt werden. Sollte die Niedrigzinsphase noch einige Jahre andauern, könnte sich das Vermögen des Instituts aus diesem zinstragenden Geschäft als auch aus dem Immobilienportfolio zunächst „nach außen“ positiv entwickeln. Bei einem späteren Inflations- und Zinsanstieg würden diese Portfolien jedoch massiv an Wert verlieren. Analyse der insgesamt verfügbaren Handlungsoptionen Wie eingangs erwähnt, stellen die Handlungsoptionen als weitgehend verlässliche Komponente des Unternehmens die zentrale Ausgangssituation für den Case Manager dar. Diese werden in Banken üblicherweise im Rahmen der Sanierungsplanung erhoben. Dort ist auch ihre Wirkung auf die Schlüsselkennzahlen zu bewerten. Folgend stehen der Bank in Anlehnung an das Merkblatt zur Sanierungsplanung beispielhaft neun mögliche Handlungsoptionen zur Verfügung. Allesamt führen sie

Regulierung 69 zu einer Verbesserung der bankspezifischen Schlüsselsteuerungskennzahlen „CET 1-Quote“ und „LCR“ respektive einer von beiden. » Kapitalerhaltungsmaßnahmen (Aussetzung von Dividendenzahlungen etc.) » Kapitalstärkung (z. B. externe Kapitalzufuhr) » Sicherstellung der Refinanzierung (Sicherung des Zugangs zu möglichen Refinanzierungsquellen einschließlich der Zentralbank etc.) » Liquiditätsmaßnahmen (z. B. Transfer von Liquidität innerhalb der Gruppe, Verbriefungstransaktionen, Begebung von Schuldverschreibungen) » Abbau von risikogewichteten Aktiva (z. B. Verkauf von Beteiligungen, Geschäftsbereichen oder sonstigen Vermögensgegenständen) » Neustrukturierung oder freiwillige Restrukturierung von Verbindlichkeiten » Kostensenkung » Hebung stiller Reserven » Verkauf des Immobilienportfolios Diese Handlungsoptionen sind als eine weitgehend statische Long-List anzusehen. Sie sind regelmäßig auf ihre Werthaltigkeit zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren, stellen aber grundsätzlich eher dauerhafte Optionen dar, die der Case Manager sehr genau einschätzen kann. Eine wichtige Aufgabe des Case Managers ist es zu untersuchen, inwieweit die Handlungsoptionen miteinander verflochten sind. Auswirkungen von einzelnen Handlungsoptionen auf die Werthaltigkeit der weiteren Handlungsoptionen liegen häufig vor und dürfen im Sinne einer validen gesamtheitlichen Unternehmenssteuerung nicht vernachlässigt werden. In dem bankspezifischen Fall erscheint es nachvollziehbar, dass beispielsweise bei einem tatsächlichen Verkauf von Immobilienfinanzierungen ein Abbau von risikogewichteten Aktiva nicht mehr die volle Wirkung der isolierten Betrachtung erreichen wird. Das gesamthafte Potenzial aus den Handlungsoptionen ist somit entsprechend niedriger, als die Summe der Einzelmaßnahmen suggeriert. Abb. 02 Rolle des Case Managers als dynamischer Unternehmenssteuerer Ökonomische Steuerung und Wandel Keine, indirekte und direkte Maßnahmen Steuerungsphilosophie Bedeutende Szenarien (Inhouse-Consulting) Transformationsprozess (pareto-orientiert) Case Manager Indikatoren Handlungsoptionen Dynamik Aktiver vs. reaktiver Ansatz

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