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RISIKO MANAGER 10.2017

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RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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22 RISIKO MANAGER 10|2017 sen. Ferner bieten bestimmte Pakete Schnittstellen zu Standardprogrammen wie Microsoft Excel und Datenbanken, sodass eine Einbindung in bestehende Systeme einfach zu bewerkstelligen ist. Zudem liefert R Werkzeuge zur Automatisierung von Risikoberichten sowie verschiedene Grafik-Anwendungen zur interaktiven Darstellung der Ergebnisse. Zuletzt wird R in einigen namhaften Konzernen, Banken und der Assekuranz intensiv genutzt, sodass ein hoher Grad an Praxisrelevanz gegeben ist [vgl. Frings 2012]. Aus genannten Gründen erscheint es sinnvoll, gerade in Bezug auf die Eigenansprüche hinsichtlich Praxisnähe der vorgestellten Werke, dass eine intensive Auseinandersetzung mit diesem statistischen „Alleskönner“ in der Risikomanagementliteratur stattfindet. Lediglich Cottin/Döhler liefern einige Codebeispiele zur Programmierung in R, die auf der Website zum Buch heruntergeladen werden können (vgl. S. VI). Diese beschränken sich auf einige wenige, sehr spezifische Werkzeuge der Risikomodellierung und -bewertung, die zwar unter Zuhilfenahme der Onlinedokumentation von R Modifikationen erlauben, aber eigenständige Arbeit und sicheren Umgang mit der Software trotz weiterführender Übungsaufgaben nicht ermöglichen. Die Autoren liefern somit aber immerhin ein knappes Handbuch zum operationellen Arbeiten in besagtem eng gestecktem Modellrahmen Zusammenfassend ist zu sagen, dass zwar in der Literatur die Notwendigkeit geeigneter Software sowie deren Anforderungen erkannt und kommuniziert werden, die risikorelevanten Funktionen gerade bei weit verbreiteten Standardprogrammen jedoch nicht zufriedenstellend dokumentiert und gelehrt werden. Dies ist insoweit verwunderlich, da sehr viele Veröffentlichungen den eigenen praxisnahen Anspruch mehrfach betonen, und entsprechend gelten diese Aussagen auch mit Einschränkungen für das Praxishandbuch. Dieses hat wie erwähnt zwar ein eigenes Kapitel über IT-gestütztes Risikomanagement (S. 801 ff.), aber Verweise auf konkrete Softwarelösungen erfolgen eher passim in verschiedenen Beiträgen des gesamten Buchs. Fazit Die deutschsprachige Fachbuchliteratur zum Risikomanagement zeichnet sich durch ihre Heterogenität aus. Bereits bei der Analyse der Seitenzahlen lässt sich eine gewaltige Spannbreite ausmachen, ein gewissermaßen „idealer“ Umfang eines Buchs zum Thema Risikomanagement ist nicht zu rechtfertigen. Auch bei der Wahl der Zielgruppen und der disziplinären Ausrichtung herrscht keine Einigkeit unter den Autoren. Als wesentliche Zielgruppen werden Studierende und Praktiker angegeben, weniger ist die Literatur an forschende Leser gerichtet, was sich auch in der spärlichen wissenschaftlichen Theorieverwendung widerspiegelt. Eine Ausnahme bildet hierbei das Buch von Albrecht/Maurer, das auf den Grundlagen der Investitionstheorie ein komplexes Investment- und Risikomanagementsystem kohärent herleitet. Dieser Fokus auf theoretische Herleitungen geht allerdings zulasten der unternehmerischen Praxisrelevanz. Während andere Autoren zumindest als Standard etablierte Werkzeuge zur Risikoerkennung und Risikoüberwachung liefern, wird dieser Aspekt bei Albrecht/Maurer nicht adressiert. Für das „Corporate Risk Management“ nach heutiger Konvention mag dies ein Manko sein, doch im wissenschaftlichen Kontext und der akademischen Ausbildung eignet sich das Buch hervorragend als umfassende Referenzquelle. Cottin/Döhler wiederum tragen ein breites Spektrum an mathematischen Methoden und Instrumenten bei, die in der Regel einer sauberen Darstellung und Herleitung folgen. Auch hier wird vollständig auf Werkzeuge zur Identifikation und Überwachung von Risiken verzichtet. Das Buch zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dass eine verständliche und umfangreiche Softwareverwendung implementiert ist. Wie bereits oben angemerkt, handelt es sich hierbei zwar um äußerst spezielle Codebeispiele, allerdings ist eine derartige Integration der Programmiersprache R in der vorliegenden Literatur selbst auf diesem Niveau einzigartig. Ein ähnliches Verdienst in Bezug auf das Tabellenkalkulationsprogramm Excel und dessen risikorelevanten Erweiterung „@ Risk“ kann Sartor/Bouranel zugesprochen werden. Im Rahmen ihrer umfangreichen Fallstudie wird ein vollständiger Risikomanagementprozess adäquat in ein fiktives Unternehmen integriert. Mit ihren übrigen Ausführungen sind sie in methodologischer Nähe zu Ehrmann, Gleißner, Romeike/Hager sowie Wengert/Schittenhelm, die allesamt ein integriertes Risikomanagement mitsamt seiner Teilprozesse und wichtigen Methoden vorstellen. Broll/Wahl konzentrieren sich auf die Perspektive einer Bank und deren Hedgingentscheidungen. Verbunden mit dem Aufbau, der die einzelnen Kapitel als jeweils separate, in sich abgeschlossene Themenblöcke betrachtet, ergibt sich somit ein nur sehr eingeschränkter Blick auf den Komplex „Risikomanagement“. Allerdings ist hier anzumerken, dass Broll/Wahl als einzige ein ökonomisch sinnvolles Bankmodell liefern. Das Buch von Eller/Heinrich/Perrot bietet sich eher als erweitertes Glossar denn als sinnvolles, kohärentes Nachschlagewerk über den Risikomanagementprozess an. Die Ausführungen zum Risikomanagement im Kontext der Rechnungslegung der Treasuryinstrumente nach HGB und IFRS sind jedoch einmalig. Obwohl Möbius/Pallenberg ihren Fokus auf das Risikomanagement in Versicherungsunternehmen legen, lassen sich dennoch einige wichtige Instrumente für den nicht-branchenspezifischen Fall, gerade im Bereich finanzmathematischer Grundlagen, gewinnen. Ebenfalls, wenngleich nicht so stark, auf den Finanzsektor ausgerichtet, ist das Buch von Wolke, das sauber methodisch aufgebaut ist und trotz dieser leichten Fokussierung einen fundierten Überblick über das Risikomanagement liefert. Es wird nicht zuletzt denen zusprechen, die gegenüber dem Einsatz von Monte-Carlo-Simulationen eine ähnlich begründete Skepsis wie der Autor aufweisen (S. 284). Als völlig ungeeignet für die Verwendung sowohl als Lehrbuch als auch als Nachschlagetext hat sich die Veröffentlichung von Brauweiler herausgestellt, insbesondere wegen der unzureichenden Darstellung wichtiger Instrumente, trotz des Anspruchs, in knappem Rahmen „State-of-the-Art“-Methoden zu vermitteln. Insgesamt kritisch zu betrachten ist der mangelhafte Umgang mit geeigneten Softwarelösungen. Bis auf oben genannte Aus-

ERM 23 nahmen beschäftigt sich keiner der Autoren mit adäquatem rechnergestützten Risikomanagement, wobei Gleißner immerhin eine ganzheitliche Lösung anbietet und mit der Begleit-CD die Basis für einen Einstieg in diese Thematik ermöglicht. Eine vollständige didaktische Analyse kann an dieser Stelle natürlich nicht gegeben werden. Allerdings kann man festhalten, dass vor allem Gleißner und Romeike/Hager mit ihrem Ansatz eines holistischen Risikomanagements einen wertvollen Beitrag zur Literatur geleistet haben, mit dem ein umfassendes praktisches und an geeigneten Stellen auch theoretisches Konzept zur Implementierung vorliegt. Bleibt am Ende, quasi als Gegenentwurf zu den Lehrbüchern, das Praxishandbuch von Gleißner/Romeike. Indessen sollte man es eher als komplementär zu den anderen Werken sehen, weil sein Einsatz regelmäßig eher anderen Anwendungen dient. Es bietet dem Praktiker einen schnellen Einstieg in Detailbereiche, die ebenso wie in den Lehrbüchern unter dem Leitbild eines integrierten Risikomanagements präsentiert werden, und gibt über die Literaturverweise die Möglichkeit, offen gebliebene Fragen an anderer Stelle weiter zu verfolgen. Dieses Fazit sollte indessen nicht ohne Berücksichtigung der noch relativ jungen Geschichte des institutionellen Risikomanagements moderner Prägung zu Ende gehen. Gemessen daran hat die Disziplin die Evolutionsphasen anderer Bereiche wie beispielsweise der Betriebswirtschaftslehre geradezu im Zeitraffer durchlaufen und bei aller beschriebenen Heterogenität bereits eine erstaunliche Kohärenz. Sollte diese Studie in zehn Jahren wiederholt werden, wird man vermutlich feststellen, dass diese Entwicklung – wenngleich mit reduzierter Geschwindigkeit – so weiter verlaufen ist. Sowohl diejenigen, die Risikomanagement ausüben, als auch diejenigen, die (teils in Personalunion) darüber forschen, lehren und schreiben, dürften noch lange gut zu tun haben. Quellenverzeichnis sowie weiterführende Literaturhinweise Brandtner, Mario (2012): Risikomessung mit kohärenten, spektralen und konvexen Risikomaßen - Konzeption, entscheidungstheoretische Implikationen und finanzwirtschaftliche Anwendungen, Wiesbaden. Copeland, Thomas, E./Weston, J. Fred/Shastri, Kuldeep (2008): Finanzierungstheorie und Unternehmenspolitik, 4. Aufl. München. Diedrichs, Marc (2012): Risikomanagement und Risikocontrolling, 3. Aufl. München. Fiege, Stefanie (2006): Risikomanagement- und Überwachungssystem nach KonTraG – Prozess, Instrumente, Träger, Wiesbaden. Frings, Heiko (2012): The R Project for Statistical Computing - Einsatz der Open Source Software R im Risikomanagement, https://www.risknet.de/themen/risknews/ einsatz-der-open-source-software-r-im-risikomanagement/6270b0fc8453465b5e506010729fda2d/ Gahin, Fikry S. (1967): A Theory of Pure Risk Management in the Business Firm, in: The Journal of Risk and Insurance, Vol. 34, No. 1, S. 121-129. Johanning, L./Rudolph, B. (Hrsg.) (2000): Handbuch Risikomanagement, Bad Soden/Ts., S. 181-218. Köhnlein, Dieter/Willert, Thomas/Rauschen, Thomas (2006): Aktuarielle Software für Risikomanagement und Unternehmenssteuerung, in: Versicherungswirtschaft, 20/2006, S. 1650-1654. Kremer, Jürgen (2011): Portfoliotheorie, Risikomanagement und die Bewertung von Derivaten, 2. Auflage Berlin/ Heidelberg. Laux, Helmut/Gillenkirch, Robert M./Schenk-Mathes, Heike Y. (2014): Entscheidungstheorie, 9. Auflage Berlin/ Heidelberg. Swales, John M. (1995): The Role of the Textbook in EAP Writing Research, in: English for Specific Purposes, Vol. 14, No. 1, S. 3-18. Autoren Jan Braunschmidt, M.Sc., Universität Würzburg. Christina Trageser, B.Sc., Universität Würzburg. Prof. Dr. Leonhard Knoll, Universität Würzburg.

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