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RISIKO MANAGER 09.2019

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26 RISIKO MANAGER 09|2019 » Bei Nichthandelsbuchinstituten sind die Zahlungsströme aus unmittelbaren Pensionsverpflichtungen einbeziehen. » Die Zahlungsströme müssen alle wesentlichen impliziten Optionen berücksichtigen. » Im Zinsschockkontext darf der modellierte durchschnittliche Zinsanpassungstermin für Verbindlichkeiten ohne feste Zinsbindung fünf Jahre nicht überschreiten (Durchschnittsbildung volumengewichtet); vereinfachend formuliert sind also im variablen Einlagengeschäft, das in der Praxis üblicherweise mit dem Gleitzinsmodell gesteuert wird, Bewertungszinsen bis maximal gleitend zehn Jahre zulässig. » Bei negativen Zinsen war die von der EBA vorgegebene Zinssatzuntergrenze von null Prozent anhand von speziellen – nunmehr überholten Vorgaben – zu interpretieren. Das BaFin-Rundschreiben 06/2019 (BA) berücksichtigt insbesondere die mittlerweile geänderten internationalen Regelungen zum ZÄR-AB; vgl. EBA (2018): „Leitlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos bei Geschäften des Anlagebuchs“, anzuwenden seit dem 30. Juni 2019. Hervorzugeben ist der Frühwarnindikator, der Institute mit erhöhtem Zinsänderungsrisiko frühzeitig und zusätzlich zum aufsichtlichen Standardtest identifizieren soll. Dieses Etikett greift, wenn der Barwertverlust 15 Prozent-Punkte übersteigt, wobei sich dieser auf das Kernkapital und nicht wie im Standardzinsschock auf die gesamten regulatorischen Eigenmittel bezieht. Eine spezielle Regelung in Form eines abgestuften Verfahrens wurde zur Berücksichtigung negativer Zinsen fixiert. Es stellt sich wie folgt dar: 1. Schritt: Ermittlung einer laufzeitabhängigen Post-Schock-Zinsuntergrenze. Diese beträgt -100 Basispunkte für Positionen mit sofortiger Fälligkeit; für alle anderen Laufzeiten erfolgt eine Addition von fünf Basispunkten pro Jahr bis die Zinsuntergrenze bei Laufzeiten >= 20 Jahren konstant bei null Prozent bleibt. 2. Schritt: Unterschreiten die beobachteten Zinssätze („Ist-Zinsen“) die entsprechende laufzeitabhängige Zinsuntergrenze, so sind diese als Zinsuntergrenze zu verwenden. Beispiel: Ist-Zinsen -0,9 Prozent bei zehn Jahren; die „gestressten“ Ist-Zinsen betragen damit -2,9 Prozent beziehungsweise 1,1 Prozent. 1. Schritt: laufzeitabhängige Post-Schock- Zinsuntergrenze für die Laufzeit zehn Jahre = -100 Basispunkte + 10*5 Basispunkte = -0,5 Prozent. 2. Schritt: Der Ist-Zins -0,9 Prozent unterschreitet die Post-Schock-Zinsuntergrenze von -0,5 Prozent; das heißt die Zinsuntergrenze für die Laufzeit zehn Jahre besteht im Ist-Zins von -0,9 Prozent. Im Detail weicht diese Vorgabe damit ab von den angesprochenen EBA GL [Tz 115 (k)], denn dort wird bei gleicher Vorgabe für die laufzeitabhängige Post-Schock-Zinsuntergrenze zum 2. Schritt formuliert: „(…) Falls die beobachteten Zinssätze niedriger als der aktuelle untere Referenzzins von -100 Basispunkten sind, sollten Institute den niedrigeren beobachteten Satz verwenden.“ Es wird somit immer auf die -100 Basispunkte und nicht auf die laufzeitabhängige Zinsuntergrenze referenziert. Im Beispiel ergibt sich also nach den EBA-GL im 2. Schritt ein Unterschied: Der Ist-Zins -0,9 Prozent unterschreitet nicht den aktuellen unteren Referenzzins von -100 Basispunkten; das heißt die laufzeitabhängige Zinsuntergrenze in Höhe von -0,5 Prozent stellt das Ergebnis dar. Die Kappungslogik der BaFin wird anhand der Zinssituation Mitte 2019 betrachtet (0 =„heute”, 1-20 für die einzelnen Jahre). ( Tab. 01) Grundsätzlich ergibt sich der Marktwert (Barwert) von Cashflows durch Diskontierung mit der ausgewählten Zinsstrukturkurve. Insofern ist es nur konsequent, mit negativen Renditen zu bewerten: positive Cashflows gewinnen damit bei der Barwertermittlung, während bei negativen Cashflows der negative Marktwert ansteigt. Eine Kappung der negativen Zinsen bei null Prozent oder analog zum BaFin-Rundschreiben scheidet damit aus Sicht der Banksteuerung aus, weil ansonsten der Marktwert falsch ausgewiesen würde. Auch die Performancemessung würde falsche Ergebnisse liefern. Wie den nachfolgenden Rechnungen zu entnehmen ist, würden negative Zinsen unter Umständen risikosenkend wirken. Dabei kommt es auch auf die Cashflowstruktur an, wie die beiden folgenden Fälle zeigen. Jeweils wird die Situation negativer Zinsen kommentiert. Dabei wird hier nur auf die prinzipiellen Zusammenhänge ein- Tab. 01 Kappungslogik der BaFin 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Post-Schock-Zinsuntergrenze (in %) - 1 - 0,95 - 0,90 - 0,85 - 0,80 - 0,75 - 0,70 - 0,65 - 0,60 - 0,55 - 0,50 - 0,45 - 0,40 - 0,35 - 0,30 - 0,25 - 0,20 - 0,15 - 0,10 - 0,05 0,00 Zinsschock -2% 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 (1) Ist-Zinsen (in %) - 0,60 - 0,64 - 0,69 - 0,69 - 0,64 - 0,59 - 0,52 - 0,44 - 0,36 - 0,28 - 0,20 - 0,13 - 0,06 0,00 0,06 0,11 0,16 0,20 0,24 0,28 0,31 (2) Ist-Zinsen nach Zinsschock (in %) - 2,60 - 2,64 - 2,69 - 2,69 - 2,65 - 2,59 - 2,52 - 2,44 - 2,36 - 2,28 - 2,20 - 2,13 - 2,06 - 2,00 - 1,94 - 1,89 - 1,84 - 1,80 - 1,76 - 1,72 - 1,69 (3) Post-Schock-Zinsuntergrenze (in %) - 1,00 - 0,95 - 0,90 - 0,85 - 0,80 - 0,75 - 0,70 - 0,65 - 0,60 - 0,55 - 0,50 - 0,45 - 0,40 - 0,35 - 0,30 - 0,25 - 0,20 - 0,15 - 0,10 - 0,05 0,00 vorläufig = Max ((2);(3)) (in %) - 1,00 - 0,95 - 0,90 - 0,85 - 0,80 - 0,75 - 0,70 - 0,65 - 0,60 - 0,55 - 0,50 - 0,45 - 0,40 - 0,35 - 0,30 - 0,25 - 0,20 - 0,15 - 0,10 - 0,05 0,00 (4) Ergebnis (in %) - 1,00 - 0,95 - 0,90 - 0,85 - 0,80 - 0,75 - 0,70 - 0,65 - 0,60 - 0,55 - 0,50 - 0,45 - 0,40 - 0,35 - 0,30 - 0,25 - 0,20 - 0,15 - 0,10 - 0,05 0,00

ERM 27 Abb. 02 Zinsschock und aufsichtsrechtliche Kappung bei negativen Zinsen Zinsschock -2% 1 2 3 4 (1) Ist-Zinsen - 1,10 % - 1,00 % - 0,80 % - 0,65 % (2) Ist-Zinsen nach Zinsschock - 3,10 % - 3,00 % - 2,80 % - 2,65 % (3) Post-Schock-Zinsuntergrenze - 0,95 % - 0,90 % - 0,85 % - 0,80 % vorläufig = Max ((2);(3)) (in %) - 0,95 % - 0,90 % - 0,85 % - 0,80 % (4) Ergebnis (in %) - 1,10 % - 1,00 % - 0,85 % - 0,80 % 0,00 % - 0,20 % - 0,40 % - 0,60 % - 0,80 % - 1,00 % - 1,20 % 1 2 3 4 (1) Ist-Zinsen (3) Post-Schock-Zinsuntergrenze (4) Ergebnis gegangen. Deshalb wird die Kappung der BaFin mit einem auf vier Jahre begrenzten, sehr einfach gehaltenen Beispiel betrachtet. ( Abb. 02) Fall 1 Es liegen nur positive Cashflows vor; die Barwerte (aktuell, Parallelverschiebung +200 bp; Parallelverschiebung -200 bp) sind Tab. 02 zu entnehmen. Der aufsichtsrechtlich induzierte Cap reduziert den Barwert verglichen mit der Situation „kein Cap“; der Barwertgewinn würde damit ohne Cap höher ausfallen. Fall 2 Es liegen im laufzeitlängeren Bereich jetzt auch negative Cashflows vor: der aufsichtsrechtlich bedingte Cap erhöht jetzt den Barwert massiv verglichen mit der Situation „kein Cap“; mehr noch: Der erhebliche Barwertverlust gemessen am Ist-Barwert wird durch den Cap weitgehend kompensiert. ( Tab. 03) Zusammenfassend wirkt die aufsichtsrechtliche Kappung gemessen an der ökonomischen Realität mehr oder weniger stark verzerrend. Indessen ist die Konstruktion des Zinsschocks selbst schon vielfach zurecht kritisiert worden. So ist die angenommene Parallelverschiebung unrealistisch, und es werden unpassende Größen zueinander in Relation gesetzt (ökonomischer Verlust in Relation zum aufsichtsrechtlich gemessenen Eigenkapital). In der Gesamtbanksteuerung sollte der VaR grundsätzlich (auch) ungekappt berechnet werden; etwas anderes gilt beim aufsichtsrechtlichen Zinsschock, da dort die Kappung vorgegeben ist. Geschäftsmodellrisiken durch Niedrigzinsen Mit der Veröffentlichung der Leitlinien zum aufsichtlichen Überprüfungs- und Überwachungsprozess (SREP – Supervisory Review and Evaluation Process, EBA/ GL/2014/13, aktualisierte Fassung Stand 19. Juli 2018) hatte die European Banking Authority (EBA) einen aufsichtlichen Paradigmenwechsel eingeläutet. Ins Zentrum der aufsichtlichen Prüfungen rückt die künftige Ausrichtung der Institute, die in den jeweiligen Geschäftsmodellen und deren Profitabilität und Nachhaltigkeit zum Ausdruck kommt. Nicht zuletzt hatten die Niedrigzinsumfragen (NZU) von Bundesbank und BaFin den erwarteten Rückgang der Gesamtkapitalrentabilität und damit den erheblichen Druck aufgezeigt, unter dem die Banken im anhaltenden Niedrigzinsumfeld stehen. Die europäische Aufsicht hatte für das Jahr 2018 vier Prioritätsbereiche ausgerufen und dabei an erster Stelle „Geschäftsmodelle und Bestimmungsfaktoren der Ertragskraft“ adressiert (http://docs.dpaq.de/13063- ssm.supervisory_priorities_2018.de_1_. pdf). Die EZB hatte im September 2018 über die Ergebnisse der thematischen Überprüfung der Rentabilität und Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle der Institute berichtet. Demnach hat sich die wirtschaftliche Lage der Institute der Eurozone einerseits verbessert, aber die Rentabilitätsentwicklung und die Perspektive bei den Geschäftsmodellen werden von der EZB scharf kritisiert (EZB 09/2018: SSM thematic review on profitability and business models). Die EZB sieht die Fähigkeiten zur strategischen Steuerung (langfristige Ziele verfolgen) als wichtigen Bestimmungsfaktor der Rentabilität an – auch führte eine gemessen an Wettbewerbern ausgefeiltere Banksteuerung in den letzten drei Jahren zu höheren Erträgen. Defizite in der Gesamtbanksteuerung hatten also negativ auf die Profitabilität und Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle durchgeschlagen. In der Niedrigzinsphase sind die traditionelle Geschäftsmodelle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken naturgemäß besonders betroffen, da ihr Ertrag sehr stark von Zinsüberschuss abhängt. Angesprochen sind hiermit eigentlich zwei Effekte:

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