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RISIKO MANAGER 09.2017

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14 RISIKO MANAGER 09|2017 IDW RS HFA 48 veröffentlicht Konsequenzen für das Risikomanagement bei Reverse- Factoring-Transaktionen Der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer hat am 6. April 2017 seine Stellungnahme zu Einzelfragen der Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 (IDW RS HFA 48) endgültig verabschiedet. Diese enthält neben allgemeinen Grundsätzen für den Abgang von finanziellen Verbindlichkeiten u. a. auch Ausführungen zur Erfassung von Reverse-Factoring-Transaktionen in der IFRS-Bilanz des Schuldners (Abnehmers). Im Vergleich zum Entwurf, der bereits im Mai 2016 veröffentlicht und im Anschluss konsultiert wurde, ergeben sich keine nennenswerten Änderungen. Gleichwohl wird sich der neue Standard auf die Vertragsgestaltung und – ganz allgemein – das Risikomanagement bei Reverse-Factoring-Transaktionen auswirken. Dieser Beitrag beleuchtet einerseits schlaglichtartig die Anforderungen an die bilanzielle Erfassung des Geschäfts beim Schuldner und will andererseits Handlungsempfehlungen für Banken und Finanzdienstleister geben, die bei Reverse- Factoring-Transaktionen als Forderungskäufer (Factor) bzw. Finanzierer auftreten.

15 Reverse-Factoring-Transaktionen bieten Unternehmen der Realwirtschaft anerkanntermaßen greifbare Vorteile und erfreuen sich daher anhaltender Beliebtheit. „Reverse Factoring“- bzw. – allgemeiner – „Supply Chain Finance“-Produkte sind dementsprechend ein wichtiger Baustein im Produktportfolio von Banken und Finanzdienstleistern. Mit der zunehmenden Verbreitung und dem Erfolg des Produkts im Markt auf der einen Seite, der enormen Bandbreite an Anbietern und Gestaltungen auf der anderen steigt naturgemäß die Aufmerksamkeit bei Wirtschaftsprüfern und Aufsehern und der Wunsch der Marktteilnehmer nach Standardisierung. Dem hat das IDW nun hinreichend Rechnung getragen und in den Tz. 122 ff. detaillierte Ausführungen zur Bilanzierung von Reverse-Factoring-Transaktionen nach IFRS 9 beim Schuldner (Abnehmer) gemacht. Abb. 01 Reverse Factoring – Schaubild (vereinfacht) (3) kauft bestätigte Forderung gegen Abnehmer und zahlt Kaufpreis vor Fälligkeit an Lieferant Factor Lieferant (2) bestätigt Forderung und (4) zahlt vollen Rechnungsbetrag bei Fälligkeit an Factor (1) verkauft Ware oder erbringt Dienstleistungen und erlangt Forderung aus LuL gegen Abnehmer Abnehmer Grundstruktur des Reverse Factoring Reverse-Factoring-Geschäfte sind – durchaus vergleichbar mit klassischen Factoring- oder Forfaitierungsgeschäften – Rechtsgeschäfte, die den Verkauf und die Abtretung von Forderungen aus Lieferung und Leistung zum Gegenstand haben. Der Forderungskäufer (Factor) übernimmt infolge des Forderungsverkaufs („true sale“) das Bonitätsrisiko (d. h. das Risiko der Nichtzahlung bzw. der Insolvenz) des Schuldners vom Lieferanten als bisherigen Gläubiger der Forderung. Im Unterschied zu den klassischen Factoring- oder Forfaitierungsgeschäften wird der Forderungsverkauf an den Factor beim Reverse Factoring jedoch nicht vom Forderungsgläubiger (Lieferant), sondern umgekehrt – deshalb „reverse“ – vom Schuldner angestoßen: Der Schuldner entscheidet letztlich, welcher seiner Lieferanten in den Forderungsverkauf einbezogen wird und welche Forderungen des Lieferanten an den Factor verkauft und abgetreten werden. Infolgedessen übernimmt nicht der Factor, sondern im Verhältnis zu diesem der Schuldner das Veritätsrisiko (d. h. das Risiko des Bestehens der Forderung) und das Risiko der Verwässerung der Forderung (z. B. infolge der nachträglichen Geltendmachung von Einwendungen und Einreden durch den Schuldner). Abb. 01 verdeutlicht die grundlegenden vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten. Beim Reverse Factoring kommt dem Schuldner – wie dargestellt – eine tragende Rolle zu. Er ist der entscheidende Bonitätsträger der Transaktion. Auf ihn (und nicht den Lieferanten) stellt der Factor in seiner Risikoanalyse und -beurteilung ab. Um die gewünschte Risikoverteilung zu erreichen, ohne zugleich die Komplexität des Produkts unnötig zu erhöhen, verlangt der Factor geschäftstypisch – parallel zum Forderungskaufvertrag mit dem Lieferanten (mit dem das Bonitätsrisiko auf den Factor übertragen werden soll) – vom Schuldner eine vertragliche Erklärung, mit der der Schuldner den Factor im wirtschaftlichen Ergebnis von den Veritätsund Verwässerungsrisiken in Bezug auf die abgetretene Forderung freistellt. Vertraglich kann diese Risikozuweisung zum Schuldner durch ein eigenständiges (abstraktes) Zahlungsversprechen, den Rechnungsbetrag bei Fälligkeit in voller Höhe unabhängig von Bestand und Schicksal der abgetretenen Forderung zu zahlen, oder durch eine Zusicherung des Rechtsbestands der Rechnungsforderung nebst einem Verzicht auf die Geltendmachung von Einwendungen und Einreden sowie der Geltendmachung von Gegenrechten gegenüber einer abgetretenen Rechnungsforderung erreicht werden. Entsprechend ist die im Markt anzutreffende Bandbreite an vertraglichen Gestaltungen, wobei von Bankseite v. a. im internationalen Geschäft bislang eigenständige Zahlungsversprechen des Schuldners bevorzugt wurden. Prüfungsschritte für die bilanzielle Erfassung des Geschäfts beim Schuldner Nach dem IDW (Tz. 129) sind zunächst die vertraglichen Absprachen der Parteien rechtlich zu würdigen und auf ihren wirtschaftlichen Gehalt zu untersuchen. Es ist zu prüfen, ob die ursprüngliche Verbindlichkeit aus Lieferung und Leistung weiterhin bilanziert werden muss oder ob sie auszubuchen oder eine neue finanzielle Verbindlichkeit zu erfassen ist (Tz. 130). Hierzu schlägt das IDW in Anwendung der Regelungen in IFRS 9 auf Reverse-

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