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RISIKO MANAGER 08.2016

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6 RISIKO MANAGER 08|2016 liche Anforderungen aufgrund der Nichteinhaltung der Verhaltens- und Organisationspflichten, bspw. gemäß § 34a WpHG (Wertpapierhandelsgesetz) oder § 6 DepotG (Depotgesetz), häufig mit Auflagen zur Behebung der festgestellten Mängel oder Bußgeldzahlungen belegt wird, erfüllt die unberechtigte Verfügung über Kundenbestände bereits den Tatbestand der Veruntreuung im Sinne des Strafgesetzbuchs. Darüber hinaus können Banken erhebliche Konsequenzen aus zutage getretenen Sachverhalten entstehen, sobald diese öffentlichkeitswirksam werden. Die Auswirkungen auf die eigene Marktreputation und die Folgen aus einem in Mitleidenschaft gezogenen Vertrauen von Kunden an die ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung und Verwahrung der anvertrauten Vermögen ist nur schwer im Voraus kalkulierbar. Weiterhin drohen direkte finanzielle Schäden aus einer fehlerhaften Abwicklung von Wertpapiertransaktionen (bspw. Gebühren für Buy-Ins, Late Settlement Fines) sowie Zusatzkosten aufgrund von Ausgleichszahlungen bei Kundenschäden oder gar der Ausschluss von bestimmten Märkten bei gravierenden Auffälligkeiten. Letztendlich ist bei eintretenden Risiken nicht der direkte monetäre Schaden in der Gesamtsumme entscheidend. Vielmehr können bereits Einzelfälle die Marktreputation und das für ein Finanzinstitut essenzielle Kundenvertrauen erheblich beeinträchtigen. Die Folgekosten aus einem beschädigten Image oder der Abwanderung von Kunden sind deutlich schwerwiegender. Settlement-Prozesse auf dem Prüfstand Abb. 02 Prozessübersicht der Wertpapierabwicklung (exemplarisch) Abwicklungsart Märkte Börsenhandel OTC Clearstream Banking Frankfurt Clearstream Banking Luxemburg Ausländische Lagerstellen .... Kunden Prozessübersicht Wertpapierabwicklung (Auszug) Retail Kunden Corporates Institutionals ... Produkte Kommissionshandel Eigenhandel Aktien Derivate Fonds ... Order Erfassung Trade Eingabe Order Prüfung Trade Data Check Order Trade Mgmt. Pre-Trade Analyse … … … Die zunehmende Vernetzung der Finanzmärkte und wachsender Kostendruck erfordern eine stetige Weiterentwicklung und Effizienzsteigerung in der Abwicklung von Wertpapiergeschäften. Harmonisierungsbestrebungen wie Target2-Securities bedingen eine Anpassung der bestehenden Verfahren im Clearing und Settlement von grenzüberschreitenden Wertpapiertransaktionen. Die Herausforderung besteht darin, die geforderten Optimierungen mit gleichzeitig immer stärker anwachsenden rechtlichen Anforderungen zum Schutz der Wertpapierbestände von Kunden („Client Asset Protection“) in Einklang zu bringen. Während sich insbesondere bei Geschäftsbanken die Abbildung interner Prozesse an einer funktionalen Darstellung nach Organisationsbereichen oder einer Kategorisierung nach Produkten bzw. Assetklassen orientiert, lassen sich dagegen Prozesse der Wertpapierabwicklung, speziell der Belieferungsdisposition, nur schwer in klassische Risikomanagementverfahren integrieren. Vielmehr ist die Ausgestaltung der Settlement-Prozesse abhängig von unterschiedliche Marktregularien im In- und Ausland (Clearstream Banking Frankfurt, Clearstream Banking Luxembourg, ausländische Custodians) sowie Abwicklungsusancen der Börsen und Clearing-Häuser. Darüber hinaus hat die Vielzahl an manuellen Eingriffsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Umlagerung von Wertpapieren zwischen einzelnen Lagerstellen oder der Durchführung von Kapitalmaßnahmen, ebenso Einfluss auf die Risiken in Settlement-Prozessen (siehe Abb. 02). Zudem fehlt es häufig an einer gesamthaften End-to-End-Betrachtung der Prozesse, die über die Institutsgrenzen hinausge- Pre- Settlement Prozesse Trade Validation Trade Enrichment ! Clearing & Settlement ! Events! Pre-Matching ! Clearing ! Asset Servicing Receice/ … Deliver Mgmt. … … Settlement Confirmation … Corporate Trade Life Cycle Event ! Kontrollen Reporting … Account Reconciliation Risk Management Transaction Reporting … Legende: ! Prozesse mit potenziellen Settlement-Risiken ...

Marktrisiko 7 hen. Die einzelnen Prozessschritte sind hinsichtlich der Risikotreiber (vgl. Abb. 01) – im Hinblick auf die Ausgestaltung interner und externer Sicherungsmechanismen – kritisch zu prüfen, um mögliche strukturelle Schwachstellen zu identifizieren. Spezifische Geschäftskonstellationen erfordern zudem Abweichungen vom Regelprozess im Settlement von Transaktionen und müssen in der Risikobewertung entsprechend berücksichtigt werden. Als Beispiel sei hier die gegenseitige Freigabe von Geschäften genannt, bei der sich Kontrahenten auf ein Netting von Liefergeschäften einigen, sofern keiner im Besitz der Stücke ist. Fehler im Bearbeitungsprozess können dabei direkt zu einer unberechtigten Verfügung über Kundenbestände führen. Aktives Risikomanagement schafft Wettbewerbsvorteile Anhand der gewonnenen Transparenz über Risiken im Settlement-Prozess und Einschätzung von deren Auswirkungen lassen sich konkrete Handlungsmaßnahmen ableiten, um strukturelle Schwachstellen zu schließen. Insofern können Anpassungen im Belieferungs- beziehungsweise Dispositionssystem des Finanzinstituts notwendig sein, um zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu implementieren. Bestehende Zugriffsrechte sowie Kontrollprozesse werden hinsichtlich Angemessenheit und Wirksamkeit bewertet und – sofern erforderlich – dahingehend optimiert, um die wirklichen Bedrohungen in der Geschäftsabwicklung möglichst frühzeitig zu erkennen. Ferner werden Ineffizienzen und manuelle Prozessaktivitäten sichtbar, deren Optimierung zu deutlichen Effizienzgewinnen führen kann. Somit lassen sich gleichermaßen intern knappe Ressourcen in den betroffenen Facheinheiten auf die wesentlichen Bankdienstleistungen allokieren oder gar externe Abwicklungskosten reduzieren. Interne Sicherungsmaßnahmen werden so auf die wirklichen Risiken der Wertpapierabwicklung ausgerichtet, ohne jedoch die bisherige Geschäftsabwicklung zu behindern, statt wie bislang pauschal über alle Prozesse hinweg verteilt. Das Institut kommt somit den geltenden Verhaltens- und Organisationspflichten nach und schützt proaktiv die anvertrauten Bestände von Kunden. Fazit Heute bestehen die Herausforderungen der Wertpapierabwicklung darin, die geforderte Optimierung und Standardisierung mit gleichzeitig immer stärker wachsenden Risiken und rechtlichen Anforderungen zum Schutz der Wertpapierbestände von Kunden in Einklang zu bringen. Die „Client Asset Protection“ ist kein neu geschaffenes Ziel der Aufsicht, gewinnt aber im Zuge steigender Komplexität von Geschäftsstrukturen und Marktzusammenhängen mehr denn je an Bedeutung. Aufgrund nachweislich erkannter Defizite in der Wertpapierabwicklung wurde der Schwerpunkt externer Prüfungshandlungen erweitert. Die Gewinnung von Transparenz über die bislang vernachlässigten Prozesse der Wertpapierabwicklung offenbart verborgene Risiken im Settlement und hilft dabei, strukturelle Mängel in der Belieferungsdisposition zu erkennen und mit wirkungsvollen Sicherungsmaßnahmen zu versehen. Neben der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zum Schutz von Kundenbeständen werden operative Effizienzpotenziale erreicht. Die möglichen Vorteile liegen auf der Hand: Reduzierung interner Prozess- und Kontrollkosten, aktive Vermeidung von externen Prüfungshandlungen und Auflagen, Stärkung der Kundenbindung durch sichere und effiziente Geschäftsabwicklung und Erreichung von Wettbewerbsvorteilen. Es wird daher wichtiger denn je, sich mit den bislang verborgenen Risiken und Schadenspotenzialen in der Wertpapierabwicklung auseinandersetzen, bevor externe Prüfungen den notwendigen Handlungsbedarf aufzeigen. Quellenverzeichnis sowie weiterführender Literaturhinweis: BaFin (1998): Rundschreiben der BaFin vom 21. Dezember 1998: Bekanntmachung über die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäfts und der Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen. Autor: Norman Nehls, Partner Severn Consultancy GmbH, Frankfurt am Main. TSI Kongress am 28. und 29. September 2016 Die Zukunft des Verbriefungs- und Structured Finance Marktes in Deutschland und Europa Unter anderem mit: Bestandsaufnahme Finanzmarktregulierung Dr. Michael Meister Staatssekretär Bundesministerium der Finanzen Europa, Deutschland und UK – was kommt nach dem Brexit? Lord Green of Hurstpierpoint vormals CEO der HSBC und britischer Handelsminister Was treibt die amerikanischen Wähler wirklich um? Stephan Richter Publisher and Editor-in-Chief The Globalist www.tsi-kongress.de

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