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RISIKO MANAGER 08.2015

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6 Ausgabe 08/2015 Wieder

6 Ausgabe 08/2015 Wieder Ärger wegen Fannie und Freddie Die während der Finanzkrise mit vielen Milliarden Steuergeldern vor der Pleite geretteten US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac könnten im Fall eines Wirtschaftsabschwungs offenbar erneut staatliche Hilfe benötigen. In einem Weißbuch für die Federal Housing Finance Agency (FHFA), der Aufsichtsbehörde der in der Finanzkrise verstaatlichten Hausbaufinanzierer, warnt der Generalinspekteur, dass Fannie Mae und Freddie Mac angesichts rückläufiger Gewinne und schmelzender Kapitaldecken nicht ausreichend für eine Krise gewappnet sein könnten. Fannie Mae und Freddie Mac schlüpften 2008 unter staatliche Obhut und mussten mit knapp 188 Milliarden US-$ gerettet werden. Seit 2012 sind die einstigen Sorgenkinder wieder rentabel und haben dem US-Finanzministerium etliche Milliarden Dollar zurückgezahlt. Allerdings wiesen die Hypothekenfinanzierer für das vierte Quartal schwache Ergebnisse aus. Bei Fannie Mae sank der Nettogewinn im Schlussquartal auf 1,3 Mrd. US-$ nach 6,5 Mrd. US-$ im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Bei Freddie Mac brach der Gewinn im besagten Zeitraum auf 227 Mio. US-$ ein nach 8,6 Mrd. im entsprechenden Vorjahresquartal. Die enttäuschenden Ergebnisse waren hauptsächlich der buchhalterischen Behandlung der Derivatepositionen der beiden Hausbaufinanzierer geschuldet sowie der Tatsache, dass weniger Einmalposten die Gewinne ankurbelten. In den vergangenen Jahren hätten Gelder aus milliardenschweren Vergleichen zugunsten der Hypothekenfinanzierer, die Neubewertung ihrer Steuervermögen und andere Einmaleffekte zu höheren Nettogewinnen bei Fannie und Freddie geführt, schreibt der Generalinspekteur. Da diese Einnahmen aber nicht nachhaltig seien und die Kapitaldecken bei beiden schwinden, steige die Wahrscheinlichkeit, dass sie weitere Steuergelder verschlingen könnten. Gemäß eines zwischen der FHFA und dem US-Finanzministerium 2012 geschlossenen Vertragszusatzes wird ein Gros der Gewinne von Fannie Mae und Freddie Mac an das Ministerium als Dividenden zurückgezahlt. Zudem müssen die Hausbaufinanzierer ihre Kapitalpuffer um 600 Mio. US-$ jährlich senken und bis 2018 ganz abgebaut haben. Zusätzlich verlangte die US-Regierung 2012 von Fannie und Freddie, dass sie den Umfang ihrer Investmentportfolios rascher reduzieren. Diese waren einst Haupteinnahmequellen der beiden. Auf ihr Kerngeschäft, gegen Gebühr die Rückzahlung von Hypotheken zu garantieren, reduziert, seien Fannie und Freddie anfälliger für Verluste, das Risiko steige insbesondere im Fall eines weiteren wirtschaftlichen Abschwungs, schreibt der Generalinspekteur. „Anteilseigner sollten nicht anhaltende Rentabilität (der Unternehmen) voraussetzen“, fährt er fort. Auch anderen Analysten und Entscheidungsträgern sind die rückläufigen Gewinne bei Fannie und Freddie ein Dorn im Auge. „Fannies und Freddies Finanzdaten 2013 schafften ein hohes Maß an unangebrachtem Vertrauen in ihre finanzielle Gesundheit, was wiederum viele von der Notwendigkeit einer Reform des Hausfinanzierungssystems ablenkte“, schreibt Jim Parrott, ein ehemaliger Berater von US-Präsident Barack Obama, in einem aktuellen Bericht des Urban Institute, wo er als Senior Fellow lehrt. „Ihre Finanzdaten von 2014 erinnern uns daran, dass das Bild ihrer wirtschaftlichen Gesundheit komplexer ist und uns sehr damit gedient wäre, unsere Aufmerksamkeit wieder auf ihre Reform zu lenken, bevor wir von einer vermeintlichen Krise dazu gezwungen werden“, schreibt er. Foto: istockphoto © Marlee90 Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Verordnung über die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen veröffentlicht. Diese legt die Regelungen und Verfahren für die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen durch beaufsichtigte Unternehmen an die nationalen zuständigen Behörden und die EZB fest. Institute, die die internationalen Rechnungslegungsstandards (International Financial Reporting Standards – IFRS) auf konsolidierter Ebene anwenden, sind bereits heute zur Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen verpflichtet. Die neue Verordnung weitet die Meldepflicht aus, auf (1) bedeutende beaufsichtigte Gruppen, die nationale Rechnungslegungsvorschriften anwenden, (2) bedeutende beaufsichtigte Unternehmen, die bei der Meldung auf Einzelbasis IFRS oder nationale Rechnungslegungsvorschriften anwenden, sowie (3) weniger bedeutende Gruppen, die nationalen Rechnungslegungsvorschriften unterliegen, und weniger bedeutende beaufsichtigte Unternehmen. Dabei umfasst die Meldung auf Einzelbasis auch Zweigstellen von Kreditinstituten, die nicht unter die Aufsicht des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) fallen, aber in einem am SSM teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, sowie Tochterunternehmen von in einem nicht teilnehmenden Mitgliedstaat oder in einem Drittland niedergelassenen bedeutenden beaufsichtigten Gruppen. Die zu meldenden Informationen umfassen Bilanzpositionen wie finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen sowie andere relevante aufsichtliche Finanzdaten. Der Umfang der zu meldenden Daten als auch der Zeitpunkt der ersten einzureichenden Meldung variiert in Abhängigkeit der Einstufung eines Instituts in die vorstehenden Kategorien (1) bis (3). Die entsprechenden Meldeformulare orientieren sich an den bereits bekannten Vorlagen der FINREP-Meldung für IFRS-Institute, die insofern auf die nationalen Rechnungslegungsvorschriften zu mappen sind. Weitere Informationen sind auf der Website der Europäischen Zentralbank (www.bankingsupervision.europa.eu) in der Rubrik /Press Releases verfügbar.

7 Fortsetzung von Seite 1 der Aufsicht auf den Value at Risk als maßgebliche Kenngröße zurückzuführen. Mit der Veröffentlichung einer Reihe von Konsultationspapieren durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS 2012, 2013, 2014, 2015), die das erklärte Ziel einer grundlegenden Revision der regulatorischen Anforderungen an das Handelsbuch haben, zeichnet sich der Austausch des Value at Risk durch den Expected Shortfall als führendes Marktrisikomaß ab. Konsequenterweise sind sowohl die theoretischen als auch die praktischen Aspekte des Expected Shortfall zunehmend in den Fokus der Diskussion gerückt [bspw. auch in dieser Zeitschrift, Keese/ Quell 2012, Baule/Tallau 2012, Ziggel/Berens 2014]. Neben der eigentlichen Bestimmung des Marktrisikomaßes, auf der das Hauptaugenmerk der vorstehend zitierten Artikel lag, stellt dessen Validierung einen Schwerpunkt der Tätigkeit des Marktrisikocontrollings dar. Hierbei haben sich statistische Rückvergleiche des vorausgesagten Risikos mit der tatsächlich realisierten P&L [sog. Backtesting, vgl. Jorion 2003, S. 679 f.] als wesentlicher Baustein etabliert. Auch jenseits konkreter aufsichtsrechtlicher Anforderungen spielt das Backtesting eine wesentliche Rolle bei der Analyse der Risikokennzahlen, was sich beispielsweise auch an zum Teil umfangreichen Back testing- Prozes sen in Banken ohne regu latorisch zur Eigenmittelunterlegung zugelassenes Marktrisikomodell zeigt. Insbesondere die Betrachtung der Validierungsergebnisse auf untergeordneten Portfolioebenen kann nützliche Informationen zum Modell und den verwendeten Eingangsdaten liefern. Daher sind analoge, praxistaugliche Verfahren für ein Backtesting des Expected Shortfall von besonderem Interesse. Elicitability – das Backtesting-Axiom? Scoring-Funktion der Quantilsfunktion (x: Beobachtung; y: Voraussage) Regression mit Scoring-Funktion Der wissenschaftliche Diskurs über die Eignung oder Vorteilhaftigkeit bestimmter Risikomaße entwickelt sich häufig entlang von bestimmten als wünschenswert identifizierten Eigenschaften, die in Axiomen formalisiert werden [vgl. einführend McNeil/Frey/Embrechts 2005, S.238 ff.]. Beispielsweise definieren die Axiome der Positivität, Homogenität, Translationsinvarianz und Subadditivität die bekannte Klasse der kohärenten Risikomaße [Artzner/ Delbaen/Eber/Heath 1999]. Ergänzt um die Axiome der komonotonen Additivität und Verteilungsinvarianz erhält man die Klasse der spektralen Risikomaße [Acerbi 2002], deren bekanntester Vertreter der Expected Shortfall ist [Acerbi 2002, Tasche 2002]. Dieser Axiomenkranz wurde unlängst um die Eigenschaft der Elizitierbarkeit (engl. elicitability) ergänzt. Formal ist ein Risikomaß (hier allgemein definiert als Funktional : auf einer Menge von P&L-Zufallsvariablen L auf fixiertem Wahrscheinlichkeitsraum) genau dann elizitierbar bezüglich der Menge der durch gegebenen Wahrscheinlichkeitsmaße P, wenn eine Scoring-Funktion s: × + existiert, für die für alle P und alle x gilt P s ( (L),L) P s (x,L), wobei L P-verteilt ist [vereinfacht übernommen aus Gneiting 2011]. Gleichheit impliziert x = (L). Eine solche Scoring-Funktion wird auch als streng konsistent zum Funktional bezüglich der Menge bezeichnet. Die Eigenschaft sichert, dass der erwartete Score des korrekten Werts des Funktionals bei Beobachtung der P&L- Variablen L kleiner ist als der erwartete Score jedes anderen Werts. Es kann nun gezeigt werden, dass der Expected Shortfall nicht elizitierbar ist [vgl. Gneiting 2011]. Allgemeiner gilt sogar, dass kein spektrales Risikomaß außer dem Trivialfall des Erwartungswerts elizitierbar ist [Ziegel 2013, Bellini/Bignozzi 2013]. Demgegenüber ist der Value at Risk elizitierbar. Ist dieses Ergebnis der tieferliegende Grund für die Schwierigkeit, Backtesting-Verfahren für den Expected Shortfall zu konstruieren? Ist, anders ausgedrückt, die Eigenschaft der Eilizitierbarkeit eine Art „Backtesting-Axiom“, dessen Verletzung die Suche nach Backtesting-Verfahren fruchtlos macht? t Gleichung 02 t Gleichung 03 Diese und ähnliche Fragestellungen wurden in den letzten Jahren kontrovers diskutiert und uneinheitlich beantwortet [vgl. z.B. Carver 2013, 2014, Hull/White 2014]. In diesem Artikel wird die Auffassung vertreten, dass kein Zusammenhang zwischen der fehlenden Elizitierbarkeit des Expected Shortfalls und der schwierigen Konstruktion von Backtesting-Verfahren existiert [vgl. für eine ähnliche Schlussfolgerung bspw. Acerbi/Székely 2014]. Betrachtet man zunächst den Value at Risk, so ist festzustellen, dass er zwar elizitierbar ist, jedoch wird diese Eigenschaft in den üblichen Backtesting-Verfahren nicht ausgenutzt. Vielmehr ist es die Existenz eines Bernoulli-verteilten Ausreißerprozesses, der sowohl dem aufsichtlichen Backtesting als auch den weitergehenden Methoden zugrunde liegt [vgl. z.B. Campbell 2005]. Die Scoring-Funktion für den Value at Risk (t Gleichung 02) oder ein Derivat hieraus werden nicht benötigt und bieten auch keine offensichtlichen Vor teile. Betrachtet man nun den Expected Shortfall, liegen sowohl fehlende Elizitierbarkeit auf der P&L-Verteilung als auch Schwierigkeiten im Backtesting gemeinsam vor. Jedoch kann hier kein systematischer Zusammenhang existieren, da für den Expected Shortfall lediglich die Flügelverteilung jenseits seines Konfidenzniveaus relevant ist, deren einfacher Mittelwert er ist. Der Mittelwert ist aber elizitierbar [vgl. Gneiting 2011] und mithin auch der Expected Shortfall auf der Flügelverteilung. Die Scoring-Funktion ist die quadratische Abweichung s(x t , y t ) = (x t – y t ) 2 zwischen Beobachtung x t und Voraussage y t , die in verallgemeinerter Regression (t Gleichung 03) auf den üblichen empirischen Expected-Shortfall-Schätzer führt, wobei Realisationen der auf den Flügel beschränkten P&L-Verteilung () sind.

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