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RISIKO MANAGER 06.2018

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10 RISIKO MANAGER 06|2018 Gemäß Erläuterungen im Begleitdokument besitzen die beiden Leitfäden keine rechtlich bindende Wirkung, stellen jedoch die grundsätzliche Erwartungshaltung der EZB-Bankenaufsicht an die Ausgestaltung eines angemessenen und funktionsfähigen ICAAP bzw. ILAAP dar. Hierzu ist unter Frage Nr. 10 des FAQ-Dokuments folgende Aussage der EZB besonders von Bedeutung: „Es wird darauf hingewiesen, dass die Leitfäden für die Kreditinstitute nicht bindend sind. Da die ICAAPs und ILAAPs jedoch als wesentlich für die Widerstandsfähigkeit der Institute angesehen werden, stellt die EZB für die Beurteilung der ICAAPs und ILAAPs, z. B. im Rahmen des SREP, beträchtliche aufsichtliche Ressourcen bereit. Stellt ein JST Schwachstellen fest, bespricht es diese mit dem betreffenden Institut und erwägt aufsichtliche Maßnahmen zur Beseitigung der Schwachstellen.“ (vgl. EZB 2018c). Die Leitfäden sind für die unter direkter Aufsicht der EZB stehenden Institute relevant. Die EZB-Bankenaufsicht fordert diese Institute zudem explizit auf, neben den Leitfäden auch die relevanten Publikationen von EBA, Basler Ausschuss und Financial Stability Board zu Säule II zu berücksichtigen. Eine Aussage zur Relevanz der »Guides« für die weniger bedeutenden Institute (LSI), die unter direkter Beaufsichtigung der nationalen Behörden stehen, ist nicht enthalten. Eine zumindest mittelbare Auswirkung auf die Prüfungspraxis im gesamten SSM ist jedoch zu erwarten, da die Erwartungshaltung der EZB-Bankenaufsicht als Prinzipien formuliert sind und grundsätzlich im Sinne eines Proportionalitätsprinzips Verwendung finden können. Vor dem Hintergrund, dass die beiden »Guides« weder die Normen der EU-Verordnungen und -Richtlinien erweitern, reduzieren oder abändern dürfen, entsprechen sie weitestgehend dem Verhältnis von MaRisk und §25a sowie §25b KWG. Die EZB-Bankenaufsicht erläutert zudem, dass vor dem Hintergrund des gemäß CRD verfolgten Prinzips der Minimalharmonisierung die nationalen Praktiken zu Säule II in der EU weiterhin sehr heterogen ausgestaltet sind. Im SSM müssen jedoch alle Institute unter EZB-Bankenaufsicht gleich behandelt werden. Aus diesem Grund wurde zusammen mit den nationalen Aufsichtsbehörden seit 2016 eine Harmonisierung der SREP-Praktiken im SSM betrieben (vgl. hierzu die auch Aussagen zu Frage Nr. 9 im FAQ-Dokument, EZB 2018c). Folgerichtig stellt sich daher die Frage, welche Bedeutung die finalen ICAAP- und ILAAP-Guides für die weitere Harmonisierung der Aufsicht über die LSI haben werden. Nach dem derzeitigen Verständnis sind die Guides der EZB-Bankenaufsicht ausschließlich die für die signifikanten Institute relevante Erwartungshaltung für die Prüfungspraxis, während der deutsche Leitfaden zur Risikotragfähigkeit die Vorgaben für die nationalen LSI darstellen wird. Vor der finalen Veröffentlichung wird dieser idealerweise eng mit der EZB-Bankenaufsicht abgestimmt, um nachgelagerte Änderungen aus dem zentralen SSM-Motiv des „Level Playing Fields“ zu vermeiden. Unabhängig davon fügen sich beide Varianten bereits derzeit gut in das SREP-Rahmenwerk der EBA ein. Eine institutsinterne Anpassung an die formulierte Erwartungshaltung der EZB-Bankenaufsicht ist erst ab Anfang 2019 notwendig. Je nach Institut wird diese Umsetzung einen höheren Zeitbedarf erfordern, sodass die EZB-Bankenaufsicht die bedeutenden Institute anregt, sich frühzeitig mit den notwendigen Änderungen zu befassen und mögliche Lücken oder Schwächen bereits zeitnah mit dem zuständigen Joint Supervisory Team (JST) zu diskutieren. Gegenüber den Entwürfen vom Februar 2017 wurden in den Leitfäden jeweils in Grundsatz 3 die normativen und ökonomischen Perspektiven zum ICAAP und ILAAP genauer spezifiziert. Darüber hinaus wurden mit dem Konzept der ICAAP- & ILAAP-Architektur die Vorstellungen der EZB zum Zusammenspiel zwischen ICAAP & ILAAP sowie dem gesamten Risikomanagement der jeweiligen Institute näher ausgeführt. Der »ICAAP-Guide« der EZB-Bankenaufsicht ist in sieben Prinzipien gegliedert. Der erste Grundsatz legt fest, dass das Leitungsorgan bestehend aus einer Überwachungsfunktion und einer Geschäftsführung für die angemessene Ausgestaltung des ICAAPs verantwortlich ist. Dies umfasst insbesondere die Anforderung, dass nach einer kritischen Würdigung alle wesentlichen Komponenten des ICAAPs durch das Leitungsorgan abgenommen werden. Zudem muss das Leitungsorgan die durchgeführte Angemessenheitsprüfung der Kapitalausstattung in einem sogenannten »Capital Adequacy Statement« (CAS) dokumentieren. Die Verantwortung des Leitungsorgans beinhaltet auch die Etablierung einer Aufbau- und Ablauforganisation mit klaren Verantwortlichkeiten für den ICAAP. Ebenso muss das Leitungsorgan einen Ansatz definieren, um regelmäßig den ICAAP auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen (auch: ICAAP-Validierung). Der zweite Grundsatz des »ICAAP- Guides« legt fest, dass der ICAAP einen integralen Bestandteil des gesamten unternehmerischen Handelns darstellen muss. Hierzu sind durch das Kreditinstitut Strategien und Prozesse zu etablieren, um zukunftsgerichtet die Kapitalausstattung und Risikolage fortlaufend bewerten zu können. Das dafür notwendige Rahmenwerk sollte sich aus quantitativen und qualitativen Elementen zusammensetzen (z. B. mittels Indikatoren zur Bewertung der Kapitalangemessenheit). Zudem ist der ICAAP konsistent mit der Geschäftsstrategie und dem damit verbundenen Risikoappetit auszugestalten. Als zentrale Zielfunktion des Instituts sind die aus dem unternehmerischen Entscheidungsprozess und dem Risikomanagement resultierenden Auswirkungen auf den ICAAP stets zu würdigen und in ein internes Berichtswesen zu integrieren. Das gesamte ICAAP-Konstrukt, einschließlich der damit einhergehenden Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Komponenten, ist nachvollzierbar zu dokumentieren. Die EZB-Bankenaufsicht führt mit dem dritten Grundsatz die neuen Perspektiven (normativ und ökonomisch) auf den ICAAP ein. Durch die Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung der Institute (in beiden Modellansätzen) trägt der ICAAP wesentlich dazu bei, die Fortführung der Institute sicherzustellen. Neben dem ICAAP wirken auch der ILAAP, die Geschäftsstrategie sowie die eigene Wettbewerbsposition auf dieses übergeordnete Ziel ein. Die normative Perspektive stellt gemäß »ICAAP-Guide« eine mehrjährige Bewertung der Fähigkeit des Kreditinstituts dar, die kapitalbezogenen Mindestanforderun-

Regulierung 11 gen der Bankenaufsicht auch unter erschwerten, adversen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Die enge Verzahnung zwischen beiden Perspektiven wird hierbei besonders transparent, da selbst die im ökonomischen Modellansatz gemessenen Risiken (z. B. Barwertverluste von Wertpapieren) in einer geeigneten Form auf die normative, periodenbezogene Perspektive zu übertragen sind. Im Rahmen der ökonomischen Perspektive müssen die Institute die erwarteten und unerwarteten Risiken mit internem Kapital abdecken. Hierbei wird von den Banken erwartet, dass sie eine „Point-in-Time“-Quantifizierung der Komponenten der derzeitigen Situation zum aktuellen Stichtag ermitteln (= Barwert). Zur Veranschaulichung der zwingend notwendigen Interaktion zwischen normativer und ökonomischer Perspektive fügt die EZB-Bankenaufsicht an dieser Stelle drei anschauliche Beispiele (u. a. zur Verwendung eines Managementpuffers sowie zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch) ein. Der Grundsatz vier befasst sich mit den Kapitalrisiken eines Kreditinstituts, wobei alle wesentlichen Risiken zu identifizieren und anschließend im ICAAP zu berücksichtigen sind. Der „ICAAP-Guide“ fordert an dieser Stelle zunächst einen strukturierten Prozess, um die Kapitalrisiken zu identifizieren und hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit zu bewerten. Die Risiken können sowohl aus einem normativen als auch aus einem ökonomischen Modellansatz resultieren, wobei sich die Unsicherheiten auch erst aus zukünftigen Entwicklungen ergeben können. Dieser nach MaRisk als Risikoinventur bekannte Prozess muss das gesamte Institut bzw. die Institutsgruppe abdecken und regelmäßig durchgeführt werden. Die dabei als wesentlich klassifizierten Risikoarten sind in allen Elementen des ICAAPs (d. h. normative und ökonomische Perspektive sowie Stresstests) zu berücksichtigen. Als Ergebnis dieses Prozesses ergibt sich ein Risikoinventar, in dem die einzelnen Risiko(sub)arten eindeutig definiert und aggregiert werden. Grundsätzlich ist für alle wesentlichen Risikoarten entsprechendes Kapital im ICAAP zu allokieren. Im anschließenden Grundsatz fünf formuliert die EZB-Bankenaufsicht die Anforderungen an das interne Kapital. Diese Kapitalform kommt in der ökonomischen Perspektive zur Abdeckung der dort gemessenen Risiken zum Einsatz. Das interne Kapital muss eindeutig definiert und von hoher Qualität sein. Zur Veranschaulichung der Ableitungen fügt die Aufsichtsbehörde zwei Beispiele ein, wie eine Ableitung von a) den regulatorischen Eigenmitteln und b) dem »Net Present Value« (NPV) erfolgen kann. Nachdem im vierten Abschnitt die Risikoidentifikation behandelt wird, umfasst der Grundsatz sechs die Anforderungen an die Risikomessverfahren. Diese müssen gemäß EZB-Bankenaufsicht auch für Zwecke des ICAAPs angemessen und konsistent sein. Zudem fordert die Aufsichtsbehörde eine unabhängige Validierung der Verfahren. Neben den reinen Messverfahren müssen die Institute auch Verfahren entwickeln, um die möglichen Auswirkungen von adversen Szenarien auf die mehrjährigen Prognosen von Eigenmitteln und risikogewichteten Aktiva in der normativen Perspektive abzuschätzen. Eine konsistente Verzahnung mit den Annahmen und Modellansätzen des Stresstesting sind hier zwingend notwendig. Unter dem Abschnitt „Level of conservatism“ eröffnet die EZB-Bankenaufsicht eine zukunftsweisende Diskussion über die Abbildung des institutsspezifischen Risikoappetits in der ökonomischen Perspektive. Eine rein mechanische Orientierung an den Ratinganforderungen (vergleichbar zu den in Deutschland bis dato bekannten Liquidationsansätzen) hält die Aufsichtsbehörde als nicht mehr zielführend. Vielmehr merkt die EZB-Bankenaufsicht richtigerweise an, dass der Grad an Konservativität nicht nur vom Konfidenzniveau, sondern auch von den betrachteten Risikofaktoren, der Halteperiode, der unterstellten Verteilung, den Korrelationsannahmen sowie weiteren Parametern und Annahmen abhängt. Die Kombination aus diesen Stellschrauben soll zukünftig den notwendigen Grad an Konservativität terminieren. Findet sich dieser Passus auch in der finalen Veröffentlichung des „ICAAP-Guide“ wieder, dürfte dieser Paradigmenwechsel zu einer umfassenden methodischen und ökonomischen Diskussion in Wissenschaft und Bankenpraxis führen. Im abschließenden siebten Grundsatz formuliert die EZB-Bankenaufsicht ihre Anforderungen an ein internes, regelmäßig durchzuführendes Stresstesting, um die Kapitalangemessenheit der Institute auch unter adversen Rahmenbedingungen sicherzustellen. Explizit sind die Institute angehalten, ein Stresstestprogramm sowohl für die normative als auch die ökonomische Perspektive zu etablieren. Hierbei sind neue Bedrohungen, Schwachstellen und Verän-

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