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RISIKO MANAGER 05.2018

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24 RISIKO MANAGER 05|2018 Länderrisiken in der EU Qualität der Regierungsarbeit und wirtschaftliche Lage der Staaten Im Koalitionsvertrag für eine neue Bundesregierung hat man sich unter anderem darauf geeinigt, dass man Europa finanziell stärken will und bereit sei, höhere Beiträge Deutschlands zum EU-Haushalt zu leisten. Das scheint auf einen ersten Blick auch nötig. Die Staatsschulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt lagen in den 19 Euroländern im Jahr 2016 zwischen 20,8 Prozent (Luxemburg) und 180,8 Prozent (Griechenland); die Arbeitslosigkeit – gemessen mit der standardisierten Arbeitslosenquote der Bundesbank – lagen im selben Jahr in einer Spanne von 4,1 Prozent (Deutschland) bis 23,6 Prozent (Griechenland), und die notleidenden Darlehen und Kredite – gemessen in Prozent des Gesamtbruttowerts der von den Banken gewährten Darlehen und Kredite des jeweiligen Lands – erreichten im 2. Quartal 2016 Werte zwischen 0,9 Prozent (Luxemburg ) und 47,2 Prozent (Griechenland). Alle Werte sind Tab. 01 zu entnehmen. Im folgenden Artikel wird analysiert, inwieweit ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Regierungsqualität für das Jahr 2016 – gemessen mit dem Durchschnittswert des Worldwide Governance Indicators – und den jeweiligen Staatsschulden, der Arbeitslosigkeit und den faulen Krediten der nationalen Banken für die 14 Euro-Staaten besteht. Die Euro-Staaten sind in Tab. 01 nach dem Wert des Worldwide Governace Indicator geordnet, den drei Wissenschaftler im Auftrag der Weltbank seit 1996 berechnen. Mit diesem Maßstab lässt sich die Regierungsqualität für über 200 Länder beurteilen. Die Wissenschaftler berechnen diesen komplexen Indikator für die folgenden sechs Bereiche. 1. Mitsprachemöglichkeit und Rechenschaftspflicht, bei der es um die Teilhabe der Bürger an der Regierungsbildung geht und um die Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Freiheit der Medien. 2. Politische Stabilität und Abwesenheit von Gewalt und Terrorismus. Dabei geht es um die Prüfung der Wahrscheinlichkeit, dass die Regierung nicht durch verfassungswidrige oder gewalttätige Maßnahmen destabilisiert oder gestürzt wird und schließt politisch motivierte Gewalt und Terrorismus ein. 3. Effektivität der Regierung. Dies erfasst die Qualität der öffentlichen Versorgung und des öffentlichen Diensts, die Unabhängigkeit des öffentlichen Diensts von politischem Druck, die Qualität der Formulierung von Politik und ihre Durchführung sowie die Glaubwürdigkeit der Regierung, diese Politik umzusetzen. 4. Regulatorische Qualität. Hier wird die Fähigkeit der Regierung geprüft, solide Politiken zu formulieren und durchzuführen, die eine positive Entwicklung des privaten Sektors erlauben und fördern. Rechtsstaatlichkeit. Vertrauen die Akteure in die gesellschaftlichen Regeln und inwieweit sie diese befolgen; insbesondere wird auf die Qualität der Durchsetzung von Verträgen, Eigentumsrechten sowie der Polizei und Gerichte geprüft; ebenso wie die Wahrscheinlichkeit von Verbrechen und Gewalt. 5. Korruptionskontrolle. Inwieweit wird öffentliche Macht zur Durchsetzung

Marktrisiko 25 von privaten Zielen eingesetzt; dabei werden sowohl die geringfügigen als auch die umfassenden Formen der Korruption festgehalten sowie die Kaperung des Staats durch Eliten und private Interessen. Basierend auf hunderten von Variablen aus tausenden öffentlichen, privaten und nicht regierungsamtlichen Quellen, die in einem statistischen Modell aufgearbeitet werden, kommen die Verfasser zu Bewertungen, die sie dann jeweils zwischen 0 – schlechteste Wertung – und 100 – beste Wertung – einordnen. Die Ergebnisse für 2016, Anfang 2018 das aktuellste Jahr, gibt Tab. 02 wieder. Während die Weltbank keinen Gesamtwert für ein Land ausweist, wurden die sechs Ursprungswerte um einen Durchschnitt pro Land ergänzt, in den die Teilwerte gleichgewichtet eingegangen sind. In dem 90er Bereich liegen vier nordund mitteleuropäische Staaten einschließlich Deutschland; das 80er Feld mit sechs Staaten reicht von Irland bis Malta; beginnend mit Frankreich liegen sieben Länder im 70er Bereich, währen das 60er Feld nur Italien besetzt und Griechenland das einzige 50er Land ist. Von den fünf nach 1990 neu- oder wiedergebildeten Staaten erreichte Estland mit 84,3 die beste Bewertung. Vergleicht man diese Ergebnisse mit denen des Jahres 2007 – dem Jahr also, in dem die Weltfinanzkrise ausgelöst wurde – so haben sich fünf Staaten, nämlich die Niederlande, Portugal und alle drei baltischen Staaten verbessert, während sich die restlichen 14 Länder verschlechterten. Das damalige Schlusslicht Italien verlor 2,2 Punkte, aber da Griechenland um 14,1 Punkte absank, übernahm es für 2016 die rote Laterne. Regierungsqualität und Staatsverschuldung negativ korreliert Prüft man nun den Zusammenhang zwischen der Regierungsqualität für 2016 gemessen mit dem Durchschnittswert des Worldwide Governance Indicators und den jeweiligen Staatsschulden desselben Jahres, gemessen an der Staatsschuldenquote für Tab. 01 Instrument Regierungsqualität, Schuldenstand, Arbeitslosigkeit und notleidende Kredite in den Euro-Staaten in 2016 Staaten Regierungsqualität Staatsschulden Arbeitslosigkeit Faule Kredite Luxemburg 95,7 20,8 6,3 0,9 Finnland 95,5 63,1 8,8 1,4 Niederlande 94,0 61,8 6,0 2,6 Deutschland 90,2 68,1 4,1 2,8 Irland 89,5 72,8 8,4 14,6 Östereich 89,3 83,6 6,0 6,0 Belgien 85,5 105,7 7,8 3,5 * Estland 84,3 9,4 6,8 2,1 Portugal 83,7 130,1 11,2 17,6 Malta 83,0 57,6 4,7 4,6 Frankreich 79,7 96,5 10,1 3,9 * Slowenien 79,7 78,5 8,0 16,3 * Litauen 78,2 40,1 7,9 5,0 Zypern 77,2 107,1 13,0 37,6 Spanien 76,3 99,0 19,6 5,9 * Lettland 74,0 40,6 9,6 5,5 * Slowakei 72,5 51,8 9,7 5,1 Italien 67,5 132,0 11,7 16,2 Griechenland 58,2 180,8 23,6 47,2 die 14 Euro-Staaten – ohne die fünf zu Beginn der 90er Jahre neu- oder wiedergegründeten Staaten, deren Bürger und Politiker nach der Befreiung von der kommunistischen Diktatur noch mit der Umwandlung in eine rechtsstaatliche Demokratie beschäftigt waren – mithilfe einer Korrelationsrechnung, so ergibt sich, dass zwischen der Regierungsqualität und der Höhe der Staatsschuld ein enger Zusammenhang besteht. Drei Viertel der Unterschiede lassen sich auf die Regierungsqualität zurückführen (R 2 = 0,75). Dabei sind Regierungsqualität und Staatsverschuldung negativ korreliert: Gut regierte Euro-Staaten haben tendenziell niedrige Schulden und schlecht regierte in der Tendenz hohe. In den acht am schlechtesten regierten Staaten hat sich die durchschnittliche Staatsschuldenquote von 2014 auf 2016 um 0,7 Prozent oder um 0,8 Prozentpunkte vermindert, das heißt, in diesen Ländern ist die Krise noch lange nicht überwunden, während die Staatsschuldenquote im Durchschnitt der sechs besser regierten um 10,6 Prozent oder 7,3 Prozentpunkte abnahm. Daran zeigt sich zweierlei: Zum einen nahm die Politik des billigen Geldes der EZB den Reformdruck von diesen schwachen Staaten und zum anderen wird die nächste Krise wieder Finanzhilfen für sie erzwingen. Auch die Arbeitslosigkeit hat eine enge Verbindung mit der Regierungsqualität und wieder ergibt sich eine negative Korrelation: Je besser ein Euro-Land regiert wird, umso

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