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RISIKO MANAGER 04.2017

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RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

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32 RISIKO MANAGER 04|2017 ERM Kritische Analyse akademischer Literatur und empirischer Forschung Risikomanagement für kleine und mittelständische Finanzdienstleister Obwohl kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) eine zentrale Rolle für die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen und die Finanzbranche im Speziellen einnehmen, werden sie in der empirischen Forschung zum Thema Risikomanagement immer noch weitgehend vernachlässigt. Die folgende kritische Auswertung in Form eines kompakten „Literature Reviews“ des Status quo gibt einen Überblick der Forschung und zeigt mögliche Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsvorhaben auf. Der zentrale Treiber für das Thema Risikomanagement ist bei den meisten Finanzdienstleistern zweifelsfrei die Regulatorik, das heißt speziell die Vorgaben aus dem Kreditwesengesetz (KWG), Basel II und III sowie die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Insbesondere in den neueren Initiativen der Bankenaufsicht, etwa der (Konsultation zur) 5. MaRisk-Novelle sowie Vorgaben des Baseler Komitees für Bankenaufsicht wird immer stärker ein ganzheitlicher, unternehmensweiter Ansatz des Risikomanagements (sog. Enterprise Risk Management, ERM) propagiert. Der Begriff des ganzheitlichen, holistischen Risikomanagements wird allerdings uneinheitlich verwendet. Im Folgenden soll deshalb eine Klassifizierung dieses Ansatzes vorgenommen und das Thema aus verschiedenen Perspektiven strukturiert aufbereitet werden.

ERM 33 Besonderheiten und Bedeutung von KMUs Per 2013 waren mit mehr als 3,6 Millionen Firmen insgesamt 99,6 Prozent aller Unternehmen in Deutschland als KMU klassifiziert [IfM 2013]. Diese KMUs wiederum beschäftigten über 16,1 Millionen Menschen, was 59,2 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern entsprach. Weitgehend unabhängig von ihrer Branche zeichnen sich diese KMUs durch knappe Ressourcen bei Kapital, Zugang zu Technologien und der Personalausstattung aus [O’Regan et al. 2005; McCarthy 2003; Henschel 2007]. Dies wiederum schlägt sich ganz konkret in einer erhöhten Anfälligkeit für externe Faktoren wie beispielsweise finanzielle Schocks, Mangel an Spezialistenwissen, Abhängigkeit von wenigen Schlüsselkunden nieder. Ein ganzheitliches Risikomanagement in KMUs ist deshalb von existenzieller Bedeutung. Wenn man die Risikomanagement-Bestrebungen der meisten Gesellschaften nun anhand einer Lebenszyklusphase analog zu Abb. 01 einordnen müsste, kämen die meisten kleinen und mittelständischen Finanzdienstleister wohl auf die dargestellte dritte Stufe „Regulatorisches Risikomanagement“. In den meisten Unternehmen dürfte es wohl vorrangig um die regulatorische Compliance und weniger um das unternehmerische oder wertorientierte Risikomanagement bei der Ausübung der Risikofunktion gehen. Über die Gründe kann allerdings an dieser Stelle nur gemutmaßt werden. Sicherlich spielt die vergleichsweise junge Disziplin des Risikomanagements eine wichtige Rolle, zum anderen aber wohl auch der Mangel an Modellen und Methoden, die explizit auf KMUs und deren begrenzte Ressourcen zugeschnitten sind. Denn KMUs sind nicht lediglich die kleine Version von Großunternehmen und Instituten [Virdi 2005], die scheinbar mühelos hochkomplexe Modelle betreiben und interpretieren können. Holistischer Risikomanagement-Ansatz Abb. 02 unterteilt den Ansatz des holistischen Risikomanagements in drei zentrale Bestandteile: Managementverhalten (Management Behaviour), Strategische Planung (Strategic Planning) und Leistungsmesssysteme (Performance Measurement Systems) wie etwa die Balanced Scorecard. Wenngleich es noch keinen einheitlichen Standard in der Risikomanagementforschung gibt, wurde diese Einteilung auf Basis von zentralen Forschungsbeiträgen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene gewählt [vgl. beispielsweise Hardy 2010; Henschel 2007, S. 23; Smallman 1996b, S. 15; Spikin 2013, S. 101]. Wie Abb. 03 anhand des ebenfalls sehr populären Enterprise-Risk-Management- Ansatzes nach COSO (Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission) zeigt, lassen sich auch dessen Bestandteile den dargestellten Managementsubsystemen zuordnen. Risikomanagementprozess KMUs wenden weniger formale Methoden für die Risikoidentifikation und -bewertung an als größere Unternehmen. Speziell Führungskräfte verlassen sich deutlich stärker Abb. 01 Entwicklungsstufen des Risikomanagements 1) Kein Risikomanagement óó óó Kein ausgeprägtes Risikobewusstsein Kein formalisiertes Risikomanagementsystem 2) Schadensmanagement óó óó óó Kenntnis über bestehende und potenzielle Risikofaktoren Risikomanagementaktivitäten in separaten „Silos“ Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren (z. B. Versicherungen) 3) Regulatorisches Risikomanagement óó óó óó Compliance mit regulatorischen Anforderungen (z. B. KWG, MaRisk etc.) Schriftlich fixierte Ordnung des Risikomanagements Softwareunterstützung des Risikomanagements 4) Ökonomisches, entscheidungsunterstützendes Risikomanagement óó óó óó Risiko als Oberbegriff für Chancen und Gefahren Berechnung und Bewertung Gesamtrisikoumfang Entscheidungsunterstützung durch Abwägung von Ertrag und Risiken bei wichtigen Entscheidungen 5) Integriertes und wertorientiertes/holistisches Risikomanagement óó óó óó Jedes Management ist auch Risikomanagement Integration unternehmerischer Reaktionsmöglichkeiten in der Risikoanalyse Integration des Risikomanagements mit operativen Prozessen und Systemen Quelle: Gleißner/Mott 2008 und Gleißner 2016.

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