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RISIKO MANAGER 04.2017

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12 RISIKO MANAGER 04|2017 Besicherung für nicht geclearte OTC-Derivate Die Zeit wird knapp Aufgrund der Erfahrungen der Finanzmarktkrise 2008 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen im Rahmen des G20-Gipfels im Jahr 2009 in Pittsburgh, den außerbörslichen (OTC) Derivatehandel transparenter und sicherer zu machen. Die G20 vereinbarten insbesondere, dass künftig standardisierte OTC-Derivate über zentrale Gegenparteien (CCPs) abgewickelt und OTC-Derivate an Transaktionsregister gemeldet werden müssen. 2011 ergänzten die G20 ihre Beschlüsse von 2009 um Besicherungspflichten für nicht zentral geclearte OTC-Derivate. Diese Beschlüsse, aus denen sich diverse Pflichten für erfasste Parteien von Derivatetransaktionen ergeben, wurden auf Basis internationaler Vorgaben in Europa unter anderem mittels der European Market Infrastructure Regulation (EMIR), dem Dodd Frank Act (DFA) in den USA und vergleichbaren Regularien in anderen Regionen umgesetzt. Die grundsätzlichen Anforderungen an die Besicherung von nicht zentral geclearten OTC-Derivaten sind in Europa in Artikel 11 EMIR als eine von mehreren sog. „Risikominderungstechniken“ verankert. Silke Borgs arbeitet in der Abteilung Recht bei der VÖB-Service GmbH, Bonn. Gegenseitiger Austausch von Variation Margin Nach einer jahrelangen Phase der Vorbereitung, Konsultation und Erarbeitung von Vorschlägen sind die konkretisierenden Bestimmungen bezüglich der Pflicht zur Besicherung für nicht geclearte OTC-Derivate in die Umsetzung gegangen und über die Delegierte Verordnung (EU) 2016/2251 vom 4. Oktober 2016 in Ergänzung zu EMIR am 4. Januar 2017 in Kraft getreten. Stufenweise sind erfasste Gegenparteien nun grundsätzlich verpflichtet, nach konkreten Anforderungen in beide Richtungen „Variation Margin“ (Nachschusszahlungen) und „Initial Margin“ (Ersteinschüsse) in diesem Marktsegment auszutauschen. So ist beispielsweise der gegenseitige Austausch von Variation Margin für große erfasste Gegenparteien bereits seit dem 4. Februar 2017 verpflichtend, für alle übrigen erfassten Gegenparteien ist der 1. März 2017 vorgesehen.

Nachlese in Wort & Bild 4. RISK CENTRAL CLEARING & COLLATERAL CONGRESS 13 Vertragliche Grundlagen müssen angepasst werden Im EMIR-Kontext wurden bereits in den vergangenen Jahren u. a. Anpassungen bei der vertraglichen Gestaltung von OTC-Derivateverträgen erforderlich. Beispielsweise wurde schon mit der Delegierten-Verordnung (EU) 149/2013 ein erster Teil von Risikominderungstechniken für Marktteilnehmer vorgegeben. Die Umsetzung der neuen Anforderungen an die Besicherung für nicht geclearte OTC-Derivate stellt für etliche Marktteilnehmer nun eine nicht unerhebliche, weitere Anstrengung dar. Auch hier gilt es, neben diversen Änderungen der bisherigen Geschäftsabläufe die vertraglichen Grundlagen anzupassen. Enges Zeitfenster für Umsetzungsmaßnahmen Zwischen finaler Regelung und Inkrafttreten bzw. den Anwendungszeitpunkten der konkreten Besicherungspflichten liegt ein enges Zeitfenster. Damit ist die Zeitspanne für finale interne Abstimmungen und die nötigen Vertragsverhandlungen mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern stark verkürzt. Zudem sind rechtliche Überprüfungspflichten teilweise noch nicht etabliert und auch Ungenauigkeiten innerhalb der neuen Regelungen partiell noch ungeklärt. Es zeichnete sich bereits in den letzten Wochen ab, dass trotz enormer Bemühungen voraussichtlich nicht für alle erfassten Marktteilnehmer rechtzeitig der Vertragsabschluss nach den neuen Besicherungsregeln möglich werden würde. Regulatoren erwarten risikobasierten Ansatz Ein wenig Entspannung bringt nun in Europa ein am 23. Februar 2017 veröffentlichtes Papier der European Supervisory Authorities (ESAs), das sich inhaltlich in weiten Teilen mit einer am gleichen Tag veröffentlichten Stellungnahme der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) deckt. In beiden Dokumenten wird der aktuelle Stand beschrieben, nach dem die kurze Umsetzungsfrist nun besonders die kleineren Marktteilnehmer träfe, die teilweise bis zum Stichtag keine Dokumentation nach neuem Recht abschließen könnten. Diese können streng genommen ab dem 1. März (zunächst) keine bilateralen OTC-Derivategeschäfte mehr durchführen, was wiederum dem erklärten Ziel der Regelungen, den Derivatemarkt sicherer zu gestalten, zuwider läuft. Daher, so die ESAs, werde trotz der weiterhin geltenden Variation-Margin-Besicherungspflicht ab dem 1. März 2017 von den zuständigen Aufsichtsbehörden in den europäischen Ländern zumindest in der Einführungsphase eine risikobasierte, angemessene Ausübung ihrer aufsichtlichen Maßnahmen erwartet. Details hierzu werden nun die einzelnen Aufsichtsbehörden an die von ihnen regulierten Marktteilnehmer weitergeben. Gesetzliche Klarstellung zum (vertraglichen) Liquidationsnetting Rechtzeitig konnte der deutsche Gesetzgeber indes in einem weiteren Themenfeld der bilateralen OTC-Derivate Rechtssicherheit durch Klarstellung erzielen. Am 9. Juni 2016 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Einzelfall übliche Klauseln im Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (DRV ) teilweise für unwirksam erklärt, soweit sie aus seiner Sicht teilweise gegen Vorgaben des § 104 der Insolvenzordnung (InsO) verstießen. Stattdessen seien insoweit die gesetzlichen Vorgaben aus § 104 InsO einschlägig. Taggleich wurden eine Allgemeinverfügung der BaFin sowie eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums und des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz veröffentlicht, um dem Markt bis zum Jahresende 2016 Sicherheit zu geben – eine äußerst ungewöhnliche Konstellation. Denn durch das BGH-Urteil in einem Einzelfall war für die Finanzindustrie u. a. zusätzlich die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit die von ihr verwendeten Rahmenverträge weiterhin den bankaufsichtlichen Anforderungen genügen. So sieht die Capital Requirements Regulation (CRR) im Rahmen ihrer Anforderungen für Liquidationsnetting als Risikominderungstechnik u. a. vor, dass es sich um vertragliche Nettingvereinbarungen handeln muss. Am 28. Dezember 2016 veröffentlichte der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für „Netting-Klauseln“ in einem Änderungsgesetz neu. Mit der Neufassung des § 104 InsO soll, teilweise rückwirkend zum 10. Juni 2016, dauerhaft Rechtssicherheit im Hinblick auf die Insolvenzfestigkeit vertraglicher Liquidationsnettingklauseln geschaffen werden. Stufenweise Umsetzung der Initial-Margin-Regelungen In der Konsequenz werden aktuell weitere Anpassungen in den betroffenen Klauseln relevanter Rahmenverträge diskutiert und die entsprechenden Rechtsgutachten aktualisiert. Den Dokumentationsabteilungen in den Häusern wird also auf absehbare Zeit nicht langweilig werden, zumal auch die stufenweise Umsetzung der Initial Margin-Regelungen bei vielen Marktteilnehmern noch ansteht. Autorin: Dr. Sven Ludwig, Regional Director PRMIA und Managing Director bei FIS, Organisator des Kongresses. Silke Borgs arbeitet in der Abteilung Recht bei der VÖB-Service GmbH, Bonn.

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