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RISIKO MANAGER 03.2015

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8 Ausgabe 03/2015

8 Ausgabe 03/2015 Fortsetzung von Seite 1 t Gleichung 01 jeder Lévy-Prozess, gegeben einer beliebigen positiven Zahl , in vier Komponenten aufteilen lässt: erstens, der deterministische Drift, zweitens, der Diffusionsteil, getrieben durch eine Brown’sche Bewegung, drittens, die großen Sprünge, und viertens, die kompensierten kleinen Sprünge, also die um einen Drift bereinigten kleinen Sprünge. Die Zahl dient hierbei lediglich als Entscheidungskriterium, ob ein Sprung als groß oder klein erachtet wird. Ein Sprung wird als „groß“ bezeichnet, wenn die absolute Sprunghöhe größer ist als , ansonsten gilt der Sprung als klein. Ein Lévy-Prozess X lässt sich also darstellen als t Gleichung 01, wobei das Lévy-Maß (siehe Teil 3 dieser Serie für eine Definition) von X ist und X die Sprünge von X beschreibt. Diese Aufteilung in die vier Komponenten ist für ein vorgegebenes eindeutig. Schaut man sich aus praktischer Sicht diese vier Teile im Einzelnen an (vgl. t Gleichung 01), so kann man sehr leicht mit dem Drift und der Diffusion umgehen. Bei einem Lévy-Prozess treten in einem endlichen Zeitraum nur endlich viele große Sprünge auf, und somit sind auch die großen Sprünge greifbar und können durch einen einfach zu simulierenden zusammengesetzten Poisson-Prozess modelliert werden. Lediglich die kleinen Sprünge machen Sorgen, wenn man bedenkt, dass es unendlich viele davon geben kann. Betrachtet man die Summe aller kleinen Sprünge in einem endlichen Zeitraum, dann ist es sogar möglich, dass diese nicht konvergiert, und somit ist nicht einmal die Summe der kleinen Sprünge handhabbar. Das ist auch der Grund, warum man immer die kompensierten kleinen Sprünge betrachtet, also die Summe der kleinen Sprünge bereinigt um einen Drift. Dieser Drift kann wiederum selbst unendlich groß werden, damit die Summe aus kleinen Sprüngen und kompensierendem Drift im Erwartungswert verschwindet. Man könnte die kompensierten kleinen Sprünge also als ein zusätzliches Rauschen ansehen und genau das ist die perfekte Motivation für den folgenden Abschnitt. Approximation der kleinen Sprünge Die simpelste Möglichkeit mit den kleinen Sprüngen umzugehen ist es, sie einfach zu ignorieren und sich nur um alle Sprünge größer zu kümmern. Offensichtlich macht man dabei zwar einen beachtlichen Fehler, allerdings konvergiert der neugeschaffene Prozess ohne kleine Sprünge, nennen wir ihn X , für 0 gegen den eigentlichen Lévy-Prozess mit unendlicher Aktivität und rechtfertigt somit diese sehr pragmatische Vorgehensweise. Das Problem hierbei ist allerdings, dass man, abhängig vom Anwendungsfall, ein sehr kleines wählen muss, um nahe genug an das Originalmodell heranzukommen. Ein kleines heißt dann aber auch, dass sehr viele Sprünge als groß kategorisiert werden, was zu einem enormen Simulationsaufwand führt. Eine hervorragende Alternative zu dieser rudimentären Methode basiert auf den Beobachtungen von Rydberg [vgl. Rydberg 1997]. Die kompensierten kleinen Sprünge lassen sich nämlich durch eine geeignet skalierte Brown’sche Bewegung approximieren. Diese Beobachtungen wurden dann von Asmussen und Rosinsky [vgl. Asmussen und Rosinsky 2001] präzisiert. Sie leiteten einen zentralen Grenzwertsatz für die kleinen Sprünge her, der besagt, dass sich die kompensierten Sprünge, skaliert mit ihrer Standardabweichung, stochastisch ähnlich verhalten wie eine Standardnormalverteilung. Folglich können wir uns einen neuen Lévy-Prozess zusammenbauen, indem wir den Drift, den Diffusionsteil und die großen Sprünge des ursprünglichen Lévy-Prozesses übernehmen, und anstatt der kleinen Sprünge addieren wir eine neue unabhängige Brown’sche Bewegung, die mit der Standardabweichung der kleinen Sprünge skaliert wird. Dieser neue Lévy-Prozess, nennen wir ihn , besitzt nun keine Sprünge mehr, die kleiner sind als . Somit ist dieser Prozess endlich aktiv. Damit gibt es auch kein Problem mehr bei der Simulation dieses Prozesses, da es sich hier nun um einen Sprung-Diffusionsprozess handelt, welcher von zwei unabhängigen t Gleichung 02 Brown’schen Bewegungen und einem zusammengesetzten Poisson-Prozess getrieben wird, das heißt ist definiert durch t Gleichung 02, wobei W ~ die neue Brown’sche Bewegung bezeichnet, {} für die Indikatorfunktion steht und () den Skalierungsfaktor darstellt, welcher gegeben ist durch 2 () = 0 < | x | < x 2 (dx). Da für 0 gegen 0 konvergiert, konvergiert auch (t) gegen den ursprünglichen Lévy-Prozess, genauso wie die einfache Approximation X . Allerdings konvergiert in den meisten Fällen sehr viel schneller und ist deshalb oft der rudimentären Methode vorzuziehen. Welche Approximation tatsächlich die bessere ist, hängt von dem ursprünglich betrachteten Lévy-Prozess ab. Entscheidend hierbei ist das Verhalten der kleinen Sprünge, genauer, die Geschwindigkeit der Konvergenz von gegen 0. Später werden wir diese Aussage präzisieren und uns dies anhand einiger Beispiele anschauen. Für Simulationszwecke haben wir also zwei schöne Methoden gefunden, um mit den kleinen Sprüngen umzugehen. Die Frage ist nun allerdings, ob diese Approximation auch zur Optionspreisberechnung verwendet werden kann und sinnvolle Ergebnisse liefert. Wir fragen uns also, ob die Optionspreise im X -Modell, beziehungsweise im -Modell auch gegen die Optionspreise des ursprünglichen Lévy-Modells konvergieren und falls das der Fall ist, mit welcher Geschwindigkeit. Genau dies werden wir im nächsten Abschnitt beantworten, und vor allem klären wir die Frage, unter welchen Umständen die eine Methode der anderen vorzuziehen ist. Wie robust sind die Optionspreise? Mithilfe des folgenden Theorems können wir dies beantworten: Einen Beweis findet der interessierte Leser zum Beispiel in dem Buch von Cont und Tankov [vgl. Cont und Tankov 2004].

9 Theorem Sei f eine differenzierbare Funktion auf den reellen Zahlen mit beschränkter Ableitung, das heißt |f‘(x)| K für alle x und einer positiven Konstanten K. Dann gilt 1) 2) wobei und A eine weitere Konstante kleiner 16,5 ist. Dieses Theorem liefert zunächst eine Abschätzung über die Genauigkeit der beiden Approximationen, wenn man als Funktion f die Identität, also f : x x, verwendet. Die Konstante K wird dann zu eins. Auch für eine allgemeiner gewählte Funktion f, etwa eine Payout-Funktion einer Option, bekommen wir interessante Aussagen über die Konvergenz von Optionspreisen. Typischerweise sind solche Payout-Funktionen nicht differenzierbar, so ist beispielsweise die Ableitung der Payout-Funktion von Call- oder Put-Optionen am Strike nicht definiert. Dies macht das Theorem in der Form, wie es hier steht, nicht anwendbar für die allermeisten Optionen. Allerdings lässt sich auch eine allgemeinere Version des Theorems herleiten. Es ist zum Beispiel auch zulässig, dass die Funktion f in nur endlich vielen Punkten keine Ableitung besitzt. Und somit können wir damit auch das Konvergenzverhalten der Optionspreise bestimmen. Vergleicht man die Geschwindigkeit der Konvergenz beider Methoden, so fällt auf, dass die Genauigkeit der X -Approximation von der Zeit T abhängt, was bei der - Methode nicht der Fall ist. Das hängt damit zusammen, dass die Varianz der kleinen Sprünge linear in der Zeit wächst. Mithilfe des oben erwähnten zentralen Grenzwertsatzes, kann man sich dieser Zeitabhängigkeit bei der -Methode entledigen. Um entscheiden zu können, welche Methode die bessere ist, müssen wir den Ausdruck unter die Lupe nehmen. Es lässt sich leicht zeigen, dass < . Wenn also für 0 auch gegen 0 konvergiert, dann konvergiert die -Methode schneller. Es ist in diesem Fall also sinnvoll, die kleinen Sprünge nicht nur wegzulassen, sondern sie mit einer geeigneten Brown’schen Bewegung zu kompensieren. Somit ist das Konvergenzverhalten von ausschlaggebend dafür, welche Approximationsmethode wir benutzen sollten. Dies hängt nur vom gewählten unendlich aktiven Lévy-Prozess ab. Für die meisten gängigen Prozesse gilt jedoch, dass schneller verschwindet als , was für die -Methode spricht. Zu den bekanntesten unendlich aktiven Lévy-Prozessen gehören zum Beispiel der NIG (Normal Invers Gaussian)-Prozess, der -stabile Lévy-Prozess, der CGMY-Prozess und der Gamma-Prozess. Diese Prozesse sind uns in früheren Teilen dieser Serie über Sprungprozesse bereits begegnet. Der interessierte Leser findet Details über diese Modelle beispielsweise in den Artikeln von Barndorff- Nielsen [vgl. Barndorff-Nielsen 1998]), Eberlein [vgl. Eberlein 2001] und Carr et al. [Carr et al. 2002] oder in den Büchern von Cont und Tankov [vgl. Cont und Tankov 2004] und Sato [vgl. Sato 1999]. Im Folgenden schauen wir uns die Modelle hinsichtlich ihrer Konvergenzgeschwindigkeit genauer an. Die betrachteten Prozesse sind reine Sprungprozesse, besitzen also keine Brown’sche Komponente. Beispiel: NIG-Prozess Der NIG-Lévy-Prozess wird typischerweise durch die drei Parameter , , und beschrieben. Es muss gelten, dass > 0, > 0, und || . Das Lévy-Maß hat die Form gemäß t Gleichung 03, wobei K 1 die modifizierte Bessel-Funktion zweiten Grades mit Parameter 1 beschreibt. t Gleichung 03 Aus dem Lévy-Maß können wir dann () und () bestimmen, und es lässt sich zeigen, dass () ~ und () ~ gilt und somit konvergiert die X -Methode mit einer Rate von und die X ~ -Methode mit einer Rate von und damit deutlich schneller. Beispiel: Symmetrischer -stabiler Lévy-Prozess Der symmetrische -stabile Lévy-Prozess wird durch zwei Parameter und mit 0 < 2 und > 0 beschrieben. Das Lévy- Maß besitzt die Form gemäß t Gleichung 04, wobei die Gamma-Funktion beschreibt. Auch hier können wir das Konvergenzverhalten von () und () bestimmen und erhalten () ~ 1 – ⁄2 und () ~ ⁄2 . Schon wieder ist die X ~ -Methode die bessere Wahl und konvergiert mit einer Rate von . Allerdings konvergiert () für 0 gegen 0. Für sehr kleine Werte für ist es also durchaus sinnvoll, die einfachere X - Methode zu benutzen, da sich das Konvergenzverhalten dadurch kaum verschlechtert. Die Verbesserung, die das Modellieren einer zusätzlichen Brown’sche Bewegung liefert ist in diesem Fall dann marginal. Beispiel: CGMY-Prozess Der CGMY-Prozess wird, wie der Name schon sagt, durch die vier positiven Parameter C, G, M und Y bestimmt. Der Parameter Y muss zudem noch kleiner als 2 sein. Das Lévy-Maß nimmt dann die in t Gleichung 05 wiedergegebene Form an. Die Konvergenzgeschwindigkeit verhält sich ähnlich zum vorangegangenen Beispiel. Es gilt nämlich, dass () ~ 1 – Y⁄2 und () ~ Y⁄2 . Und damit gelten die gleichen Beobachtungen wie für den -stabilen Lévy-Prozess. Beispiel: Gamma-Prozess t Gleichung 05 Der Gamma-Prozess besitzt zwei positive Parameter c und und hat das Lévy-Maß Asymptotisch verhält sich () wie , also () ~ . Das asymptotische Verhalten von () gleicht allerdings einer Konstanten. Somit bringt die zusätzliche Einführung einer Brown’schen Bewegung keine Verbesserung und die einfache X - Approximation ist hier die Methode der Wahl. t Gleichung 04

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