Aufrufe
vor 6 Jahren

RISIKO MANAGER 03.2015

  • Text
  • Institute
  • Banken
  • Positionen
  • Kapitalanforderungen
  • Ausschuss
  • Engagements
  • Unternehmen
  • Verbriefungen
  • Baseler
  • Ermittlung
RISIKO MANAGER ist die führende Fachzeitschrift für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen.

18 Ausgabe 03/2015

18 Ausgabe 03/2015 ziellen Posten aufzutrennen, anschließend die Entwicklung jeder Transaktion einzeln unter Zugrundelegung des Szenarios mehrperiodig zu projizieren und in einer Serie von Berechnungen für jeden Szenarioschock neu zu bewerten. Die Ergebnisse wären schließlich zu einer neuen Sicht zu aggregieren. Notwendig wäre die größtmögliche granulare Applikation der Schocks unter Berücksichtigung sämtlicher Transaktionscharakteristika (einschließlich impliziter und vertraglicher Optionen) über alle Positionen. Eine derartige Granularität halten Praktiker mehrheitlich für nicht sinnvoll, insbesondere aufgrund von Kosten-Nutzen-Überlegungen. Funding- und Liquiditätsrisiken Umstritten ist auch, wie Funding- und Liquiditätsrisiken einzubeziehen sind. Aus Sicht einzelner Bankenvertreter sollten insbesondere Liquiditätsrisiken Gegenstand separater Stresstests bleiben. Für deren Berücksichtigung spricht, dass sie in bestimmten Krisen auftreten. In der Folge wären Annahmen zum Wechselspiel zwischen Liquidität und Kapital notwendig. Die Aussagekraft der SLR hinge dann wiederum maßgeblich von deren Gehalt ab, darunter diverse Verhaltensannahmen. Die Integration wäre über die Wahl eines (mehr oder minder komplexen) Overlays denkbar. Das Overlay könnte sich zwar an internen Liquiditätsstresstests orientieren. Szenariokonsistenz würde aber ein szenariospezifisches Overlay erfordern. Im Kern stellen sich folgende Fragen: • Reicht es aus, die Cash-Position anzupassen? • Inwieweit sind Fundingpläne an das jeweilige Szenario anzupassen? Inwieweit ist auslaufendes Funding zu ersetzen? Inwieweit sind Fundingkosten anzupassen? • Welche anderen (Folge-)Effekte sind zu welchen Zeitpunkten in den Projektionen zu berücksichtigen (Abrufverhalten von Kunden, Aktivierung von Downgrade Triggern, Erhöhung von Haircuts, zusätzliche Margin Calls etc.)? Vertreter nationaler Behörden kündigten an, dass sie als nächsten Schritt die Berechnung des Net Stable Funding Ratio unter Stress (Stressed NSFR) erwarten und es in der Folge sinnvoll wäre, diesen Aspekt in die Modellierung einzubeziehen. Eine skizzierte Verbindungslinie besteht darin, zunächst die bilanziellen und außerbilanziellen Positionen für die SLR zu projizieren. Anschließend könnten auf diese Positionen die Annahmen des NSFR abgebildet werden (prozentuale Annahmen zum Available Stable Funding (ASF) und Required Stable Funding (RSF)). Hierzu müssten allerdings beide Berechnungen auf eine Linie gestellt werden, wobei die Informationsanforderungen der zuletzt im Oktober 2014 überarbeiteten NSFR-Bestimmungen teilweise die der Finanz- und Kapitalplanung übersteigen. Zu klären wäre auch, ob für das ASF und RSF regulatorische oder ökonomische Annahmen verwendet werden. Im letzteren Fall stellt sich die Frage, ob das regulatorische als Untergrenze des ökonomischen RSF heranzuziehen ist. In jedem Fall wären ökonomische Annahmen zu dokumentieren, zu validieren und durch die interne Governance zu genehmigen. 5. Management Actions Als weitere Verhaltensdimension ist zu klären, inwieweit Maßnahmen des Managements zu berücksichtigen sind. Für deren Berücksichtigung spricht aus Sicht der Institute, dass die Applikation der Schocks Anpassungen erfordern wird. Insbesondere dort, wo die Verschuldungsquote in der Krise zur Engpassgröße wird, werde dass Management gezielt Maßnahmen ergreifen, etwa Anpassungen der Hedge Policy oder andere Bilanzanpassungen. Aus Sicht einzelner Behörden spricht dagegen, dass Institute ihre Situation durch diese (urteilsbasierten) Annahmen verzerren könnten. Insoweit sehen sie bisher keine Berücksichtigung von Management Actions vor. Naheliegend scheint die Arbeit mit zwei Sichten, also mit und ohne Management Actions (pre und post). Die Kombination gäbe eine Spanne statt einer einzelnen Ziffer, zumal oft nicht alle Maßnahmen in einer Krise tatsächlich realisiert werden. Die Differenz beider Sichten hälfe zugleich zu verstehen, welche Überlegungen Entscheidungen beeinflussen, Engagements zu schließen (oder nicht zu schließen). Der Dialog zwischen Behörden und Instituten könnte sich dann unter anderem auf folgende Fragen richten: • Welche Maßnahmen würde das Management im Szenario zusätzlich ergreifen? • Wie sinnvoll und erreichbar sind sie im konkreten Szenario (Durchführbarkeit)? • Wie detailliert sind die Maßnahmen? • Inwieweit sind die Maßnahmen bereits durch die Aufsichtsgremien (Board) genehmigt? • Inwieweit benötigen sie eine gesonderte Genehmigung? Derzeit scheinen Institute uneinheitlich vorzugehen. Einzelne Institute scheinen keine Anpassungen der Hedges zur Berechnung der SLR zu berücksichtigen. Andere nehmen (zumindest für bestimmte Engagements) Anpassungen vor, um abzubilden, was sie realistischerweise tun würden − teilweise zusätzlich zu dem, was hausinterne Regelungen als Folge der Applikation der Schocks ohnehin vorschreiben. 6. Operationelle Herausforderungen Abschließend ist die Berechnung der SLR auch operativ mehr als ein Re-Run der LR (mit anderen Annahmen). Rollen und Verantwortlichkeiten Das Melde- und Berichtswesen zur LR fällt meist in die Zuständigkeit der Finanzabteilung. Für die SLR zeichnet sich das Risikomanagement (speziell die Enterprise- Risk-Funktion) oft mit- oder hauptverantwortlich. Einige Institute führen die SLR mithilfe abteilungsübergreifender Projektgruppen ein (darunter Vertreter von Capital Management, Regulatory Reporting, IT, Risk und Treasury). Zu klären sind unter anderem die folgenden Fragen: • Wer verantwortet ultimativ die SLR (zum Beispiel CFO oder CRO)? • Wie ist das Maß in die Governance zu integrieren (beispielsweise Asset Liability Management Committee oder Risk Management Committee)? • Wie ist das laufende Berichtswesen auszugestalten (Zuständigkeiten, Frequenz etc.)? Verknüpfung mit Strategie, Geschäftsplänen und Risikoappetit Auf Gesamtbankebene integrieren Institute zunehmend die Verschuldungsquote − meist als Frühwarnindikator oberhalb der eingangs genannten Mindestanforderung von 3%. Für die SLR wurde zum Teil begonnen, Ergebnisse an Governance Committees, einschließlich des Boards, zu berichten. Damit die SLR tatsächlich Entscheidungen zu Strategien, Geschäftsplänen und Risikoappetit informiert, scheint deren Verlinkung notwendig.

19 Kaskadierung und Limitsysteme Nationale Behörden erwarten, dass Institute ihre bestehenden Limitsysteme im Rahmen der SLR-Einführung zumindest überprüfen. Bisher scheinen Institute die SLR vor allem auf Institutsebene und für größere Rechtseinheiten zu berechnen. Idealtypisch wird das Maß (mit Limiten) tief auf Untereinheiten heruntergebrochen, vergleichbar den (Stressed) RWAs. Andernfalls könnten Geschäfte von Untereinheiten (in einer Krise) zu unvorhergesehenen Schwankungen auf Institutsebene führen, zum Beispiel wenn „Top Down“ verdeckte Aufrechnungseffekte nicht länger bestehen. Nahe liegt, nur die Engagementmessgröße herunterzubrechen, etwa durch Volumenlimite. Um „Gaming“ (zum Beispiel Abbau zum Quartalsende) vorzubeugen, sollten Limite nicht rein stichtagsbezogen sein. Bottom-Up-Stresstests können die Ableitung der Limite informieren. Für Händlertische, die ein internes Modell nutzen, sei zusätzlich auf den Leverage-Test nach den Vorschriften des Fundamental Review of the Trading Book verwiesen. IT-Integration Die LR-Berechnung läuft vielfach durch die Systemlandschaft der Finanzabteilung. Die SLR benötigt zusätzlich Dateninputs von Systemen des Risk Management. Zur Aggregation und Limitkaskade sollten Institute dieselbe Node Hierarchy nutzen, die sie bereits für andere Maße verwenden (zum Beispiel VaR, RWAs). Zumindest mittelfristig scheinen einzelne Institute die Automatisierung und Standardisierung wesentlicher Prozessschritte anzustreben, etwa automatisierte Datenüberleitungen aus den verschiedenen Quellsystemen, die automatisierte Applikation der Schocks auf Positionen und die automatisierte Weiterleitung der Ergebnisse an das Berichtstool. Hiermit einher geht teilweise das Bestreben, eine gemeinsame IT-Lösung für LR und SLR zu schaffen. Konsistenzerfordernisse Neben der Abstimmung von Bestandsgrößen zwischen LR und SLR weisen Praktiker für die SLR auf die folgenden zusätzlichen Konsistenzerfordernisse hin: • Abstimmung sämtlicher Bewertungen auf das jeweilige Stressszenario (Szenariokonsistenz); • Konsistenz der Wertansätze zwischen Zähler und Nenner (in der Praxis werden Zähler und Nenner teilweise durch unterschiedliche Bereiche und in separaten Prozessen berechnet); • Abgleich des SLR mit Parallelrechnungen für ein gegebenes Szenario (zum Beispiel Annahmen, die Stressed RWAs zugrunde liegen); • Abgleich mit Berechnungen im Treasury, Risiko- und Kapitalmanagement (zum Beispiel Berücksichtigung im Funds Transfer Pricing); • Konsistenz der SLR-Berechnung zwischen Gesamtinstitut und Rechtseinheiten. Internes Kontrollsystem Die Prozesse zur Bestimmung der SLR sind entsprechend durch Kontrollen zu unterstützen. In der Praxis ergeben sich zusätzliche Abgleichs- und Dokumentationserfordernisse aus der IT-Infrastruktur (Datenüberleitungen etc.) und dem manuellen Charakter der Prozesse. q Fazit und Ausblick Die SLR stellt (wie die LR) eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen RWA-getriebenen Kapital- und Risikomanagement-Rahmenwerke dar. Damit die SLR aber auch erreicht, was beabsichtigt ist und nicht als Büchse der Pandora wahrgenommen wird, gilt es ihre Ermittlung weiter abzustimmen. Bereits der Blick auf die zuvor skizzierten, nicht annährend abschließenden Fragen illustriert, dass die Ermittlung erheblich über die LR und die einfache Applikation von Veränderungen der Risikofaktoren hinausgeht – zumal sich zumindest ein Teil der behandelten Fragen für jedes Szenario neu stellen kann und eine Vielzahl potenzieller Lösungen besteht. Nationale Behörden sollten möglichst zeitnah qualitative Mindestanforderungen ableiten. Dabei sollte der Grundsatz der Proportionalität zugrunde gelegt werden. Der Wortlaut von Artikel 87 (2) CRD IV lässt dies zu. Hochkomplexe Lösungen stoßen derzeit wahrscheinlich selbst in großen Banken an Machbarkeitsgrenzen, etwa dynamische Modellierungen auf Transaktionsebene für eine Vielzahl unterschiedlicher Szenarien. Überdies ist zu fragen, ab wann die Objektivität und Aussagekraft der SLR durch eine Vielzahl von Annahmen und Modellrechnungen beeinträchtigt werden. Möglicherweise konterkarieren einzelne Lösungen das eingangs zitierte Anliegen der LR, „zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen das Modellrisiko und Messfehler ... durch eine einfache, transparente und un- Anzeige Jetzt bestellen Weitere Fachmedien in unserem Webshop: www.bank-verlag-shop.de Stephan Paxmann | Stefan Roßbach Innovative Geschäftsmodelle im Banking Factbook 2015 ISBN 978-3-86556-441-2 Art.-Nr. 22.517-1500 208 Seiten, gebunden 49,00 Euro

RISIKO MANAGER

 

Copyright Risiko Manager © 2004-2017. All Rights Reserved.