Aufrufe
vor 6 Jahren

RISIKO MANAGER 02.2018

RISIKO MANAGER ist das führende Medium für alle Experten des Financial Risk Managements in Banken, Sparkassen und Versicherungen. Mit Themen aus den Bereichen Kreditrisiko, Marktrisiko, OpRisk, ERM und Regulierung vermittelt RISIKO MANAGER seinen Lesern hochkarätige Einschätzungen und umfassendes Wissen für fortschrittliches Risikomanagement.

30

30 RISIKO MANAGER 02|2018 gen weiterhin positiv blieben, seien die aktuellen Kursstände nicht problematisch. Bei den Teilnehmern der Konferenz fiel das Plädoyer für die Aktie größtenteils auf fruchtbaren Boden. 58,2 Prozent von ihnen äußerten die Erwartung, dass mit einer Korrektur an den Aktienmärkten frühestens ab 2019 zu rechnen sei. Das sah auch Wilhelm so, wies in diesem Zusammenhang jedoch auf eine bemerkenswerte Beobachtung hin. An den Börsen herrsche derzeit „der unbeliebteste Bullenmarkt der Geschichte“. Keiner möge ihn, aber trotzdem gehe er weiter. Das größte Risiko, so Wilhelm, bestehe darin, nicht anzuerkennen, dass es gegenwärtig keinen guten Grund dafür gebe, bearish zu sein. Dass Wilhelm hier insgesamt aber noch Überzeugungsarbeit leisten muss, zeigt ein Blick auf die Aktienquote institutioneller Investoren, die vor allem gegenüber der Rentenquote seit Jahren signifikant zurückliegt. Auch die jüngste Risikomanagementstudie von Union Investment ist ein Beleg dafür, wie sehr gerade deutsche Investoren noch immer eine vornehmlich auf Risikovermeidung ausgerichtete Anlagepolitik verfolgen. 72 Prozent der Befragten hatten danach angegeben, dass die Sicherheit bei der Kapitalanlage für sie höchste Priorität habe. Die Rendite stand dagegen für lediglich 21 Prozent im Vordergrund. Noch im Vorjahr hatten sich die Anlagepräferenzen mit 66 Prozent bzw. 23 Prozent erkennbar anders dargestellt. Risikokontrolliertes Chancenmanagement auch mit Derivatestrategien von der Universität Hamburg beauftragt, den Nutzen des Derivateeinsatzes in einer Studie genauer zu untersuchen. In Mainz präsentierte der Finanzwissenschaftler die Ergebnisse. Ziel der Untersuchung war es, die Auswirkungen des Derivateeinsatzes auf das Risiko-Rendite-Profil von Portfolios institutioneller Anleger zu überprüfen. Die Studie beleuchtete die Fragestellung sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene. Das Resultat: Der Einsatz von Derivaten kann tatsächlich zu einer Reduzierung des Risikos führen. Bei Investmentfonds konnte die risikoadjustierte Rendite um 0,42 Prozent gesteigert werden, bei gleichzeitiger Reduzierung des systematischen Risikos um 13 Prozent. „Grundsätzlich funktioniert die Risikominimierung mittels Derivaten in allen Marktphasen, selbst in Krisenzeiten“, stellte Szimayer fest. Einen weiteren Schwerpunkt der Studie bildete die Frage, inwieweit das Korrelationsmenskreditverbriefungen. „Ein unvoreingenommener Blick auf Verbriefungen lohnt sich“, warb Schindler. Ihm sei bewusst, dass die Verbriefung minderwertiger Immobilienkredite vielen Investoren als Ursache der Finanzkrise im Gedächtnis geblieben sei. Allerdings, so warnte das Vorstandsmitglied, dürfe man nicht alle Verbriefungsarten über einen Kamm scheren. „Vor allem in Europa haben sich die meisten Verbriefungen durchaus als werthaltige Investments bei überschaubarem Risiko erwiesen.“ Auch alternative Investmentstrategien seien für das Chancenmanagement gut geeignet. Im aktuellen Kapitalmarktumfeld könnten Investoren auf derartige Investmentkonzepte kaum verzichten. „Viele dieser Strategien benötigen zur Umsetzung allerdings Derivate wie etwa Optionen, Futures oder Swaps“, so Schindler. Vor diesem Hintergrund hatte Union Investment Professor Alexander Szimayer Vor diesem Hintergrund erinnerte Alexander Schindler, im Vorstand von Union Investment für das Geschäft mit institutionellen Kunden verantwortlich, die Gäste der Konferenz erneut an die Notwendigkeit, „traditionelle Anlagemuster aufzubrechen, um auch unter Inkaufnahme von Risiken die Chancen an den Märkten für den Erfolg zu nutzen“. Konzentrierte Aktienportfolios oder Schwellenländeranleihen sowohl in lokaler als auch in Hartwährung können dabei nach Auffassung von Union Investment ebenso eine Alternative sein wie Hochzinsanleihen und Unterneh- Der US-amerikanische Ökonom Thomas Sargent wurde 2011 mit dem Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank im Gedenken an Alfred Nobel ausgezeichnet.

Fotonachlese 31 risiko dazu genutzt werden kann, eine systematische Risikoprämie zu vereinnahmen. Auch hier kam Szimayer zu einem positiven Ergebnis: „Durch das Schreiben von Multi-Asset-Optionen kann das Korrelationsrisiko tatsächlich eine signifikante Risikoprämie erwirtschaften.“ Mittelfristig dürften Schindler zufolge daher auch Cross-Assetklassen-Korrelationen ein potenzieller Faktor für alternative Risikoprämien sein. Hohe Zufriedenheit mit Derivaten Darüber hinaus beschäftigte sich Szimayer in seiner Studie mit dem Derivateeinsatz institutioneller Investoren in der Praxis. Die dazu durchgeführte Umfrage unter mehr als 100 Investoren förderte zutage, dass inzwischen 60 Prozent der Großanleger in Deutschland auf Derivate zurückgreifen. Am häufigsten kommen dabei Swaps (80 Prozent) zum Einsatz, gefolgt von Optionen (62 Prozent), Futures (48 Prozent) und Forwards (46 Prozent). Die Anwendung von Derivaten im Risikomanagement zielt dabei vor allem auf die Absicherung von Marktrisiken ab. Insbesondere Zinsänderungs- und Währungsrisiken werden von mehr als der Hälfte der Derivatenutzer abgesichert. Mit Blick auf die Renditeoptimierung setzen sie vor allem auf die Vereinnahmung von Optionsprämien durch das Schreiben von Optionen (44 Prozent). Darüber hinaus nutzen sie Futures zur Kostenreduktion (39 Prozent). Ein weiteres Ergebnis: Die Erfahrungen der Anleger, die Derivate im Rahmen ihrer Kapitalanlage nutzen, sind offenbar überwiegend positiv. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Risikoabsicherung als auch hinsichtlich der Renditeoptimierung. Auf einer absteigenden Bewertungsskala von 1 bis 5 lag der Mittelwert bei der Erfahrung mit der Absicherung verschiedener Risiken zwischen 1,9 und 2,0. Lediglich die Erfahrungen bei der Absicherung des Inflationsrisikos fielen mit einem Mittelwert von 2,8 etwas schlechter aus. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Bewertung der Renditeoptimierung mittels Derivaten. Bis auf den Bereich der Währungen (2,6) lag der Mittelwert hier durchgängig bei 2,1. Professor Alexander Szimayer von der Universität Hamburg: „Grundsätzlich funktioniert die Risikominimierung mittels Derivaten in allen Marktphasen, selbst in Krisenzeiten.“ Mancher Investor hat sich bereits neu orientiert Dass die Abkehr von alten Anlagemustern in der Praxis bereits Anwendung findet, zeigte die Podiumsdiskussion mit drei Praktikern aus der Investmentbranche. Bei BASF gehört die Generierung von alternativen Faktorprämien jedenfalls bereits zum Investmentalltag. Gerhard Ebinger, beim Chemieriesen verantwortlich für die Verwaltung des Altersvorsorgevermögens, berichtete auf der Konferenz, wie entsprechende Smart-Beta-Strategien die Diversifikation eines Aktienportfolios verbessern und zur Risikosenkung beitragen können. Apropos Aktien: Auch hier dürfte die BASF mit einer Aktienquote von 28 Prozent im Vergleich mit anderen Investoren eine besondere Stellung einnehmen. Der Rentenanteil beträgt 53 Prozent. Weitere 4 Prozent stecken in Immobilien und 15 Prozent in anderen Anlageklassen. Mit dieser Allokation erzielten die Vermögensverwalter der BASF im Zeitraum zwischen 1996 und 2016 eine durchschnittliche Jahresrendite von 8,5 Prozent. Eine Lanze für alternative Assets brach Alexander Mayer, Sprecher der Geschäftsführung der W&W Asset Management. Zu diesem Segment zählen für ihn Immobilien genauso wie Private Equity, erneuerbare Energien, Infrastruktur und Private Debt. Insgesamt über 10 Prozent des Vermögens sind hier investiert. Aus Sicht von Mayer liefern diese Assets einen klaren Mehrwert. Bei einer guten Mischung ließen sich mit ihnen stabile und gut kalkulierbare Cashflows erzielen. Zudem hätten sie eine geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen. Über den Vorteil nachhaltiger Investmentstrategien berichtete Günther Herndlhofer von der österreichischen VBV Versorgungskasse. „Einen integrierten Nachhaltigkeitsansatz zu fahren, bedeutet für uns das Einziehen einer zusätzlichen, qualitativ ausgerichteten Risikobewertungsebene“, erläuterte der Praktiker. Bereits vor zwei Jahren hat die VBV, die sich zu den Principles for Responsible Investment (PRI) und dem Montreal Carbon Pledge bekennt, mit dem Divestment aus der Kohlebranche begonnen. Darüber hi-

RISIKO MANAGER

 

Copyright Risiko Manager © 2004-2017. All Rights Reserved.