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RISIKO MANAGER 01.2018

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8 RISIKO MANAGER 01|2018 Abb. 01 Umsetzung der LCR im Juni 2016 und im Dezember 2016 100 0 D, 1. Gruppe D, 2. Gruppe EU, 1. Gruppe EU, 2. Gruppe BCBS, 1. Gruppe BCBS, 2. Gruppe Durchschnittliche LCR in %, Juni 2016 Durchschnittliche LCR in %, Dezember 2016 Quelle: [BCBS 2017], [Deutsche Bundesbank 2017a, 2017b] sowie [Europäische Bankenaufsichtsbehörde 2017a, 2017b]. Die derzeit noch geltende Anforderung von LCR ≥ 80% wird dadurch auch jetzt schon überschritten. Die Entwicklung der Umsetzung der LCR wird in Abb. 01 veranschaulicht. Die linke Säulengruppe bezieht sich auf die soeben beschriebenen deutschen Banken. Unter den Banken in allen EU-Mitgliedstaaten haben sich 164 Institute auf freiwilliger Basis an der Studie der [Europäischen Bankenaufsichtsbehörde 2017b] beteiligt, davon 45 aus Gruppe 1 und 119 aus Gruppe 2. Die Gruppierung der Banken erfolgt auch hier wie oben beschrieben. Diese Banken erreichten Ende Dezember 2016 eine durchschnittliche LCR in Höhe von 134 Prozent in Gruppe 1 und 170 Prozent in Gruppe 2. Auf Einzelinstitutsebene erreichen 0,8 Prozent der teilnehmenden Banken noch keine 100 Prozent bei der LCR; jedoch erfüllt jedes Institut die im Jahr 2016 verbindliche LCR in Höhe von mindestens 70 Prozent. Die mittlere Säulengruppe in Abb. 01 stellt dies grafisch dar. Die 0,8 Prozent der Institute, die damals die LCR noch nicht zu 100 Prozent erfüllten, benötigten 0,1 Mrd. Euro liquide Aktiva für den Zähler der 100-Prozent-LCR-Kennziffer. Während die deutschen und die europäischen Banken im Durchschnitt bei der Erfüllung der LCR in etwa gleichauf liegen, erfüllen auf Einzelinstitutsebene noch nicht alle europäischen Banken Ende 2016 die LCR zu 100 Prozent, während dies in Deutschland bei den teilnehmenden Banken schon damals der Fall war. Sowohl in Deutschland als auch in Europa hat sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte 2016 wesentlich verbessert. ( Abb. 01) Für den kurzen Sechs-Monats-Zeitraum und in Anbetracht des schwierigen Marktumfelds ist dies eine beachtliche Leistung der Institute. Sie ist sowohl auf eine Erhöhung der Bestände liquider Aktiva als auch auf eine Reduktion der Nettomittelabflüsse zurückzuführen [Europäische Bankenaufsichtsbehörde 2017b]. An der Studie des [BCBS 2017] haben sich insgesamt 200 Banken beteiligt, darunter 105 aus Gruppe 1, die u. a. sämtliche 30 als systemrelevant eingestufte Banken beinhalten. Die verbleibenden 95 Banken sind der Gruppe 2 zuzuordnen. Die Gruppierung der Banken erfolgt ebenfalls wie oben beschrieben. Im Durchschnitt über die 105 Gruppe-1-Banken betrug die LCR Ende 2016 131 Prozent und für Gruppe 2 159 Prozent. Somit rangiert die internationale Gruppe 1 sehr ähnlich wie die Gruppe 1 in Deutschland und in der EU, während bei der Gruppe 2 die LCR im Durchschnitt rund 10 Prozentpunkte geringer ausfiel als in Deutschland und der EU (BCBS: 159 Prozent verglichen mit 172 Prozent in Deutschland oder 170 Prozent in der EU). Die rechte Säulengruppe in Abb. 01 verdeutlicht dies. Allerdings ist die Stichprobe des BCBS wesentlich heterogener als die untersuchten Banken in Deutschland und der EU, sodass der Durchschnittswert für die internationale Auswahl weniger aussagekräftig ist. Tatsächlich erfüllen unter den BCBS- Banken nur 91 Prozent der Gruppe 1 und 96 Prozent der Gruppe 2 im Dezember 2016 schon eine LCR von mindestens 100 Prozent. Die systemrelevanten Banken in Gruppe 1 erfüllen jedoch diese LCR-Anforderung schon im Dezember 2016 auch auf Einzelinstitutsebene. Jedes einzelne untersuchte Institut erfüllte aber die damals gültige Anforderung von mindestens 70 Prozent. Das BCBS umfasst 27 Staaten (ohne die EU, die als Institution auch im BCBS vertreten ist), darunter auch EU-Mitgliedstaa-

Kreditrisiko 9 ten wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg usw. Dadurch ist es möglich, dass einzelne Institute in allen drei Säulengruppen in Abb. 01 vertreten sind. Ebenso gab es zum Teil geringfügige Abweichungen bei den Banken, die im Juni 2016 bzw. im Dezember 2016 in die Auswahl gelangt sind. Die empirischen Ergebnisse basieren auf „konsistenten Stichproben“, sodass sie über die Zeit vergleichbar sind. Alle Durchschnitte sind gewichtet. Die Datenangabe war freiwillig und auf „best-efforts“-Basis [BCBS 2017], sodass hier u. U. etwas Vorsicht bei der Interpretation geboten sein könnte. Bei der Umsetzung der NSFR besteht sowohl in Deutschland als auch international noch Handlungsbedarf. Sie wird zwar im Durchschnitt über Gruppe 1 und Gruppe 2 jeweils erfüllt, jedoch auf Einzelinstitutsebene noch nicht in jedem Fall. Hier gibt es in jeder der beiden Gruppen national und international noch Bedarf an stabiler Refinanzierung. Insgesamt schneiden bei der Erfüllung der LCR Ende 2016 die deutschen Institute am besten ab, da sie nicht nur im Durchschnitt die LCR bereits damals deutlich „übererfüllten“, sondern auch auf Einze l- institutsebene mit einem Jahr Vorlauf die ab 2018 geltende Anforderung von mindestens 100 Prozent erfüllten. In der EU bestände auf Einzelinstitutsbasis statistisch bei einem bis zwei Instituten (0,8 Prozent von 164 Instituten) noch Handlungsbedarf, wenn bereits Ende 2016 eine LCR von mindestens 100 Prozent zugrunde gelegt werden. Somit stimmt die Lage auch hier sehr optimistisch. Allerdings besteht unter den BCBS-Banken mehr Handlungsbedarf, obwohl die Stichprobe wesentlich von EU-Banken beeinflusst sein dürfte. Dies legt nahe, dass Banken in außereuropäischen Regionen Ende 2016 deutlich weiter von einer 100-Prozent-LCR entfernt waren als innerhalb der EU. Tatsächlich liegt die durchschnittliche LCR in Nord- und Südamerika seit dem Jahr 2014 um etwa 10 Prozentpunkte unterhalb der in Europa, während die restlichen Regionen in diesem Zeitraum weitgehend zwischen EU und Nordund Südamerika rangierten. Gleichwohl erfüllten alle systemrelevanten BCBS-Banken aus der 1. Gruppe auf Einzelinstitutsebene ebenfalls mit einem Jahr Vorlauf die LCR von mindestens 100 Prozent. Die liquiden Aktiva bestehen bei den BCBS-Banken vor allem aus Bargeld und Zentralbankguthaben sowie aus Wertpapieren, die von weitgehend risikolosen Staaten, Zentralbanken oder anderen Einrichtungen des Öffentlichen Sektors emittiert wurden [BCBS 2017]. Die Erhöhung der LCR im Durchschnitt im Zeitablauf, die in Abb. 01 dargestellt ist, wird vor allem durch eine Erhöhung der liquiden Aktiva, insbesondere in Stufe 1, erzielt. Aus Ertragsgesichtspunkten ist dies sicher nicht empfehlenswert, jedoch setzen die Liquiditätsanforderungen die Anreize genau in diese Richtung. Staaten dürfte es durch diese Regelungen leichter fallen, sich günstig zu finanzieren, als dies ohne derartig ausgestaltete aufsichtsrechtliche Anforderungen der Fall sein sollte. Inwieweit Banken noch ihre volkswirtschaftliche Funktion erfüllen, wenn sie zu einem hohen Anteil Geschäfte eingehen, die mit dem klassischen Bankgeschäft wenig gemein haben, mag bezweifelt werden. Fazit Eine wesentliche Ursache der Finanzkrise 2007 bis 2009 bestand in Liquiditätsengpässen bei Finanzinstituten. Es liegt deshalb nahe, künftig einen Liquiditätspuffer zu erzwingen und die Fristentransformation auf ein tragfähiges Maß zu beschränken. Beides soll vor allem durch die Liquiditätskennzahlen in Basel III erreicht werden. Die erste Kennzahl (Liquidity Coverage Ratio, LCR) wird zum 01. Januar 2018 in vollem Umfang verbindlich. Die empirische Evidenz legt nahe, dass die Institute die LCR bereits weitestgehend erfüllen, in den weitaus meisten Fällen in Deutschland und der EU sogar übererfüllen. Dies ist insbesondere in dem derzeit schwierigen Marktumfeld für Finanzinstitute besonders zu würdigen. Bei der Umsetzung der NSFR besteht hingegen noch Handlungsbedarf. Obwohl die neuen Anforderungen in ihrer Konzeption primär die vergangene Finanzkrise verhindern, bleibt zu hoffen, dass auch die Prävention künftiger Krisen mit ihnen gelingen möge. Literatur BCBS 238 (2013), Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools [Hrsg.: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht] vom Januar 2013. BCBS (2017), Basel III Monitoring Report. https://www. bis.org/bcbs/publ/d416.htm, zuletzt geprüft am 31. Oktober 2017. Deutsche Bundesbank (2017a), Basel III-Monitoring: Ergebnisse der Basel III-Auswirkungsstudie für deutsche Institute zum Stichtag 30. Juni 2016. https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Bankenaufsicht/Basel3/Basel3_Monitoring/basel3_monitoring.html, zuletzt geprüft am 12. August 2017. Deutsche Bundesbank (2017b), Basel III-Monitoring: Ergebnisse der Basel III-Auswirkungsstudie für deutsche Institute zum Stichtag 31. Dezember 2016. https://www. bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Bankenaufsicht/Basel3/Basel3_Monitoring/basel3_monitoring.html, zuletzt geprüft am 30. Oktober 2017. Deutsche Bundesbank (2017c), Statistischer Anhang zum Basel III-Monitoring für deutsche Institute, Stichtag 31. Dezember 2016. https://www.bundesbank.de/Redaktion/ DE/Downloads/Aufgaben/Bankenaufsicht/Basel/2016_12_ basel3_monitoring_deutsche_institute.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 30. Oktober 2017. Deutsche Bundesbank (2017d), Geld und Geldpolitik: Stand: Frühjahr 2017. https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/ Downloads/Veroeffentlichungen/Schule_und_Bildung/ geld_und_geldpolitik.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 31. Oktober 2017. Europäische Bankenaufsichtsbehörde (2017a), CRD IV – CRR / Basel III-Monitoring Exercise – Results Based On Data As Of 30 June 2016. https://www.eba.europa.eu/-/eba-publishes-results-of-the-crdiv-crr-basel-iii-monitoring-exerciseas-of-end-june-2016, zuletzt geprüft am 12. August 2017. Europäische Bankenaufsichtsbehörde (2017b), CRD IV – CRR / Basel III Monitoring Exercise – Results Based On Data As Of 31 December 2016. http://www.eba.europa.eu/risk-analysis-and-data/quantitative-impact-study/basel-iii-monitoring-exercise, zuletzt geprüft am 30. Oktober 2017. Autorinnen Dr. Christiane Goodfellow ist Professorin an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven und vertritt dort die Statistik und die Kapitalmarkttheorie. Melanie Theilen studiert bei ihr im Online-Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre, M.A..

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