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RISIKO MANAGER 01.2017

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22 RISIKO MANAGER 01|2017 Modellwahl für Faktormodelle Steigende Komplexität im Marktrisiko: Evidenz durch Faktormodelle Wir befinden uns längst im Big-Data-Zeitalter, in welchem unzählige Informationen in jeder Branche erfasst und gespeichert werden. Daher sind statistische Verfahren zur Bearbeitung hochdimensionaler Datensätze gefragt. In diesem Beitrag stellen wir approximative Faktormodelle und, insbesondere, Kriterien zu deren Modellwahl vor. Diese in der Ökonometrie weit verbreiteten Modelle gehen davon aus, dass eine kleine, unbekannte Anzahl von latenten Faktoren eine große Anzahl an Observationen steuert. Wir erläutern, wie diese Faktormodelle geschätzt werden können und wie sich daraus konsistente Informationskriterien für die Wahl der Anzahl an Faktoren konstruieren lassen. Am Beispiel des amerikanischen Aktienmarkts wird das vorgestellte Verfahren illustriert. Es stellt sich heraus, dass die geschätzte Anzahl der Faktoren im Marktrisiko in jüngster Zeit zunimmt, was auf steigende Komplexität der Aktienmärkte hindeutet. Es ist verlockend, einen einfachen Grund für etwas Unerklärliches zu vermuten. Im antiken Griechenland wähnte man die drei Moiren verantwortlich für das Schicksal eines jeden Menschen. Den Lebensfaden spinnend, bemessend und schließlich zerschneidend, bestimmten sie über das Leben, dessen Ursprung und Ende man sich schwer erklären konnte. Auch heute ist der gleiche Gedanke faszinierend und findet in der Ökonometrie Anwendung: Wenige Ursachen würden etwa die komplexe Welt einer Volkswirtschaft bestimmen. Sind solche Key Figures, seien es Arbeitslosenrate, BIP oder Geschäftsklimaindex, gefunden, können sie als Prädiktoren dienen. In diesem Fall wird die gesamte Variation nur durch diese Key Figures beschrieben, und andere Kennzahlen können nur über deren möglichen Einfluss auf die drei Berücksichtigten erfasst werden. Eine alternative Herangehensweise ist es, davon auszugehen, dass die gesamte Variation von wenigen ursächlichen Daten erklärt wird, diese jedoch nicht spezifiziert sind. Damit akzeptiert man, dass die treibenden Faktoren nicht beobachtbar („latent“) sind und so begründet man die Hypothese eines Faktormodells. Dieser Hypothese folgend soll nun erklärt werden, welcher Art ein solches Modell sein muss, sodass wenige Faktoren alle beobachtbaren Variablen wenigstens zu einem Teil bestimmen. Wir zeigen, wie die Faktoren geschätzt werden können, das wahre Modell ausgewählt wird und schließlich, im letzten Abschnitt, Anwendung im Marktrisiko findet. Faktormodelle Ein Modell, das die implizite Annahme enthält, dass wenige Faktoren für die Ausprägung einer großen Zahl an beobachtbaren Variablen verantwortlich sind, wird als Faktormodell bezeichnet, wenn die Vorschrift durch Gleichung 01. beschrieben wird [vgl. Bai/Ng, S. 194]. Es bestimmt, dass die beobachteten Daten für einen Zeitpunkt eine Realisation des N-dimensionalen Zufallsvektors X t sind. Die Einträge von X t können, müssen aber nicht, verwandt sein, zum Beispiel können dies die Renditen N verschiedener Aktien sein. Sie werden gesteuert durch den zeitabhängigen Zufallsvektor der Faktoren , welcher die Welt der Beobachtungen X t beschreibt. Spezifische Information für jeden Eintrag im Vektor X t wird durch die Zeilen der deterministischen und unbekannten Factor Loadings auf die zeitabhängige Information geladen. Die genuine Ausprägung jeder Realisation unterliegt zusätzlich einem N-dimensionalen Fehlerterm . Zusätzliche Restriktionen wie Verteilungsannahmen oder ähnliches müssen nicht getroffen werden, sondern ergeben sich aus den Methoden der Modellschätzung, wie weiter unten erläutert. Durch die Konstruktion des Faktormodells mit F t und wird präzise zwischen zeit- und einheitsspezifischer – im Fall der Aktienrenditen unternehmensspezifischer – Information unterschieden. Zum Beispiel lässt sich dies nutzen, um in der Welt der Beobachtungen liegende Indexrenditen zu modellieren. Eine Vorhersage von zum Zeitpunkt T kann unter Zuhilfenahme des geschätzten Faktors berechnet werden. Grundsätzlich birgt die Anpassung eines Faktormodells einige Schwierigkeiten. Erstens müssen allein für die Faktoren und Loadings immerhin Einträge geschätzt werden, für sehr viele Einheiten N und Zeitpunkte T. Zweitens ist die wahre Anzahl p der zugrunde liegenden Faktoren nicht bekannt und muss geschätzt werden. Nachfolgend werden wir beide angesprochene Punkte behandeln. Gleichung 01 Modellschätzung Zuerst setzen wir die Faktordimension als bekannt fest und nehmen p=k für ein bekanntes an. Dann können alle Mo-

Marktrisiko 23 dellbestandteile, die Loadings , die Faktoren F t selbst und der Parameter für die Fehler e t , geschätzt werden. Dazu formulieren wir Gleichung 01 für ein festes k um, indem wir das Modell auf k Faktoren beschränken. Sei , wobei und . Dabei verdeutlicht das „k“ die Anzahl der angenommenen Faktoren im Modell. Nun können die verbleibenden Modellparameter mit verschiedenen statistischen Ansätzen geschätzt werden. Ersterer bestimmt die Modellparameter unter der Annahme, dass die Faktoren und Fehler unabhängig multivariat normalverteilt sind, mit und , wobei I k die k-dimensionale Einheitsmatrix und eine Diagonalmatrix mit positiven Einträgen ist. Die Annahme der Diagonalität von bedeutet die Unabhängigkeit der Fehlerterme und definiert ein striktes Faktormodell. Nach den Verteilungsannahmen werden die Schätzer und mit der Maximum-Likelihood-Methode berechnet [vgl. Bartholomew/Knott/Moustaki 2011. S. 50-55]. Das Faktormodell in Gleichung 01 kann auch ohne Verteilungsannahmen mit der Methode der kleinsten Quadrate geschätzt werden. Es kann auch angewandt werden, wenn die Kovarianzmatrix der Fehlervektoren nicht diagonal ist. In diesem Fall spricht man von einem approximativen Faktormodell. Ferner können die Fehler auch Abhängigkeiten über die Zeit aufweisen. Unter der Restriktion werden mit der Hauptkomponentenanalyse diejenigen Faktoren und Loadings bestimmt, welche die Zielfunktion nach und minimieren [vgl. Bartholomew/Knott/Moustaki 2011. S. 59- 61; Stock/Watson 2002, S. 1169]. Die durch beide Verfahren gewonnenen Schätzer sind jedoch nicht eindeutig. Für jede orthogonale Matrix , also , gilt [vgl. Bartholomew/Knott/Moustaki 2011, S. 10]. Die Multiplikation mit einer orthogonalen Matrix lässt sich als Rotation interpretieren. Wird der Faktorvektor mit einer orthogonalen Matrix rotiert, so rotiert sich auch die Loadingsmatrix entsprechend. Obwohl die Schätzer somit nicht eindeutig sind, reichen sie zum Zweck der Modellwahl oder Vorhersage aus. Um die wahre Anzahl der Faktoren zu bestimmen, betrachten wir für das weitere Vorgehen nur die Schätzung des Faktormodells mit der Methode der kleinsten Qua drate. Unter Annahmen über die Momente der Faktoren und Fehler zeigen Bai und Ng, dass die Methode der kleinsten Quadrate zur konsistenten Schätzung der Faktoren führt. D. h. bis auf Multiplikation mit einer bestimmten Matrix konvergieren für die geschätzten Faktoren in Wahrscheinlichkeit gegen die unbekannten, wahren Faktoren [vgl. Bai/Ng 2002, S. 198]. Da die wahren Faktoren jedoch latent sind, können auch die geschätzten Faktoren nicht ohne weiteres interpretiert und einer beobachteten Zeitreihe zugeordnet werden. Abb. 01 Geschätzte Anzahl der Faktoren ab Januar 1996 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Jul 98 Dez 99 Apr 01 Sep 02 Jan 04 Mai 05 Okt 06 Feb 08 Jul 09 Nov 10 Apr 12 Aug 13 Dez 14 Mai 16 PC IC AIC BIC

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